Schmallenberg. Für zwei Tage ist Schmallenberg quasi NRW-Regierungssitz. Es geht um den Wald, ums Klima und „um Tempo“, wie Ministerpräsident Laschet betont.

So viele dunkle Luxuskarossen im Minutentakt, da staunen selbst Stammgäste des noblen Fünf-Sterne-Hotels in Schmallenberg-Winkhausen. „So ein Aufwand. Die dicken Autos und der ganze Tross von Wasserträgern“, schüttelt der Paderborner Senior den Kopf. Dabei geht es in diesen Tagen doch auch immer um das Klima. Die Landesregierung tagt am Dienstag und Mittwoch aus gutem Grund mitten im Grünen, im Hochsauerland. „Dem Ministerpräsidenten war es wichtig, genau hier eine Klausurtagung abzuhalten“, sagt der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski. Es geht um nicht weniger, als die Rettung des Waldes in Worten und Taten – und Bildern anzukündigen.

„Schmallenberger Erklärung“ wurde das Rettungspaket aus Maßnahmen und Förderansätzen getauft, dass das NRW-Kabinett am Dienstagnachmittag verabschiedete und das als starkes Signal im Vorfeld des nationalen Waldgipfels verstanden werden darf. Der findet am morgigen Mittwoch mit allen zuständigen Länderminister und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner in Berlin statt.

Kabinettssitzung in Schmallenberg

Sämtliche Ministerinnen und Minister aus NRW trafen sich im Vorfeld im Hochsauerland, um über Klima, Baum und angefressene Borke mitten im Grünen zu sprechen. Die Zukunft des durch Hitze und Käfer geplagten Waldes scheint ungewiss. „Die Borkenkäferkatastrophe hat noch nicht ihren Höhepunkt erreicht. Das Thema wird uns leider noch einige Jahre beschäftigen“, erklärte NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser.

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Das Berliner Gipfel-Eckpunktepapier, das am Mittwoch besprochen werden soll, bleibt hinter der Erklärung des NRW-Kabinetts in der Sache und bei den konkreten Hilfen deutlich zurück. Auch deshalb macht sich Ursula Heinen-Esser in die Hauptstadt auf, um weiter für die aus NRW vorgeschlagene „Baumprämie“ zu streiten. „Unsere Wälder sind CO2-Senken“, betont Ministerpräsident Armin Laschet und verspricht schon deshalb: „In Nordrhein-Westfalen machen wir Tempo.“

NRW fordert „Baumprämie“

Diese Prämie, über die der ökologische und gesellschaftliche Beitrag des Waldes honoriert werden soll, ist auch den Naturschutzverbänden wichtig und nicht zuletzt für Waldbesitzer existenzsichernd. „Es ist eigentlich nur fair, wenn wir auf der einen Seite den CO2-Ausstoß von Autos bepreisen, andererseits die Reduktion durch Wälder zu honorieren. Das ist aus unserer Sicht besser als auf Fördergelder angewiesen zu sein“, sagte Max Freiherr von Elverfeldt, Vorsitzender des Verbandes der Familienbetriebe Land und Forst der Westfalenpost.

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Im Schmallenberger Sauerland sind die Schäden durch Klimawandel und in der Folge Borkenkäferbefall heute noch nicht so extrem sichtbar wie in anderen, niedriger gelegenen Regionen des Landes. Aber auch hier sind die bräunlichen Verfärbungen an Nadel- und Laubholz nicht allein auf die Jahreszeit zurückzuführen. „Das Gesamtkunstwerk Wald ist geschädigt“, formuliert es Frank Rosenkranz, oberster Förster im oberen Sauerland.

Leise Hoffnung auf optimales Winter-Wetter

Hier, im Wald bei Schanze auf 720 Meter Höhe, erscheinen die Baumkronen noch weitgehend grün. Niedrigere Temperaturen durch die Höhenlage und etwas mehr Niederschlag als in anderen Regionen haben für dieses Bild gesorgt, das trügt: „Wir gehen davon aus, dass die Schäden im kommenden Jahr sichtbar werden“, sagt Rosenkranz.

Eine leise Hoffnung auf optimale Winter-Wetterbedingungen, die die massenhafte Population der Käfer eindämmen könnten, schwingt bei ihm ebenso mit wie beim Tourismus-Fachmann Thomas Weber (Sauerland Tourismus). Fällt der Wald, fällt auch die touristische Infrastruktur wie etwa die Wegebeschilderung: „Ich sorge mich um den Rothaarsteig als unverlaufbares Terrain“, erklärt Weber.

Keine Palmen im Sauerland

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5,8 Millionen Euro Landesmittel sind zur Beseitigung von Waldschäden innerhalb kurzer Zeit bereits bewilligt worden. Wie in naher Zukunft aufgeforstet werden soll, ist noch offen. Tenor von Experten und Landesregierung war eine Mischbewaldung, „möglichst mit heimischen Arten“, sagt Umweltministerin Heinen-Esser. Freiherr von Elverfeldt rät dazu, offen für alle Sorten zu sein, die klimaresistent sind: „Natürlich möchte ich hier keine Palmen“, sagt der Vorsitzende des Verbandes der Familienbetriebe Land und Forst am Rande des Gesprächs mit dem Ministerpräsidenten und seinen beiden Kabinettsmitgliedern Scharrenbach und Heinen-Esser.

Das fand in der urigen „Knollenhütte“ im Wald oberhalb von Winkhausen statt – vier Busse und vier Limousinen beförderten die Teilnehmer auf den Berg. Vereinzelt sieht man von hier in der Ferne ein paar kranke Nadelbäume – und recht nah im Tal das Hotel, das zwei Tage Regierungssitz des größten Bundeslandes ist. „Zur Hütte“, bemerkt der rüstige Gast aus Paderborn, „hätte man auch zu Fuß gehen können. Ein schöner Weg, ein paar hundert Meter.“ Dass die gesamte Landesregierung im Anschluss an die ergebnisreiche Kabinettssitzung, die eine Menge mehr als nur schöne Bilder brachte, noch eine zweieinhalb Stunden, knapp acht Kilometer lange Wanderung ab Schanze unternahm, konnte er ja nicht ahnen.