Herscheid/Münster. Das Fahrverbot für die „Applauskurve“ & Co. halten die Münsteraner Richter für unverhältnismäßig.
Das Fahrverbot für Motorradfahrer auf der Landstraße 707 (Nordhelle) bei Herscheid, das der Märkische Kreis verhängt hatte, ist rechtswidrig. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster entschieden. Damit hat das Gericht die Beschwerde des Märkischen Kreises gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Arnsberg aus erster Instanz zurückgewiesen, das die aufschiebende Wirkung einer Klage eines Motorradfahrers gegen das Fahrverbot angeordnet hatte.
Die Begründung der Münsteraner Richter: Das grundsätzliche Streckenfahrverbot für Kradfahrer an der Nordhelle zwischen 1. April und 30. September verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Soll heißen: Der Märkische Kreis ist mit der Maßnahme über das Ziel hinausgeschossen. Andere Möglichkeiten, wie ein zeitlich begrenztes Verbot, etwa an Wochenenden und an Feiertagen, oder bauliche Maßnahmen, die Zweiradfahrer zwingen, langsamer und vorsichtiger zu fahren, seien nicht genutzt worden. Es sei „nicht erkennbar, warum die Anbringung von Mittelschwellen im gesamten Kurvenbereich zur Gefahrenminderung als milderes Mittel ausscheide“, heißt es in der Begründung. Der 8. Senat stellet aber auch fest, dass der Märkische Kreis „zu Recht wegen der Unfallhäufung das Bestehen einer das allgemeine Verkehrsrisiko erheblich überschreitende Gefahrenlage“ angenommen habe.
„Großer Schritt nach vorne“
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Der Märkische Kreis wollte den Beschluss zunächst noch nicht weiter bewerten. „Wir schauen uns ins Ruhe die Begründung an“, sagte der Sprecher des Märkischen Kreises, Hendrik Klein, auf unsere Nachfrage. Danach werde über ein weiteres Vorgehen entschieden.
Als „großen Schritt nach vorne“ wertete Michael Wilczynski (Schwerte) vom Bundesverband der Motorradfahrer (BDM) die Nachricht aus Münster. „Wir sind offen für Gespräche mit dem Märkischen Kreis über sinnvolle Maßnahmen“, sagte Wilczynski. Wilczynski hatte für den BDM gegen das Verkehrsverbot für Motorradfahrer geklagt.
Applauskurve und Knieschleifen
Der Märkische Kreis hatte nach Anwohnerbeschwerden über Motorradlärm und wegen der Häufung von Unfällen im Jahr 2018 das Verkehrsverbot auf einem 1,8 Kilometer langen Abschnitt der L 707, die im Naturpark Sauerland-Rothaargebirge von Herscheid nach Meinerzhagen führt, erlassen. Der Streckenabschnitt ist durch eine Kombination von drei dicht aufeinander folgenden Kurven bei Motorradfahrern beliebt; zwei Kurven, darunter die so genannte „Applauskurve“, weisen einen Winkel von etwa 180 Grad und einen engen Radius auf. Zweiradfahrer versuchen sie gerne mit möglichst hoher Geschwindigkeit und in extremer Schräglage zu durchfahren - bis hin zum Kontakt des Knies mit dem Straßenasphalt („Knieschleifen“). „Die betreffenden Motorradfahrer reisen seit Jahren - zum Teil aus großer Entfernung, etwa aus den Niederlanden, an der Nordhelle an, um die Kurvenkombination mehrfach bergauf und -ab mit entsprechenden Manövern zu befahren“, heißt es selbst seitens des OVG Münster.
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