Hagen. . Seit zwei Wochen sind die neuen Pesa-Züge der DB auf den Schienen und sorgen für Zugausfälle und Verspätungen. Jetzt müssen sie zurück ins Werk.
Zuverlässig und modern sollten sie werden, die neuen Züge vom polnischen Hersteller Pesa. Die Deutsche Bahn sprach von Klimaanlagen, größeren Toiletten, Steckdosen, WLAN und einem großzügigen Platzangebot für Radfahrer. Vor zwei Jahren sollten sie die alten Wagen auf den sechs Strecken durch Südwestfalen ersetzen, doch ihr Einsatz verschob sich immer weiter. Jetzt rollen sie zwar, sorgen aber für zahlreiche Zugausfälle und Verspätungen. Teilweise bleiben die Züge auf halber Strecke einfach liegen, so wie vergangenen Freitag ein Zug der RE 17, der den Bahnhof von Marsberg nicht mehr verlassen konnte.
Was hat den Einsatz der Züge verzögert?
Pesa-Züge bieten viel Platz und hohe Geschwindigkeit
50 Pesa-Züge sind bereits im Einsatz, 26 kleine und 24 große. Ein Wagen bietet Platz für rund 120 Fahrgäste und 12 Fahrräder.
Bis zur Lieferung der Pesa-Züge hatte die Bahn im Sauerland-Netz ausrangierte Züge aus dem Kölner Netz eingesetzt.
Die Höchstgeschwindigkeit der Züge liegt bei 140 km/h. Das soll helfen, An- und Abfahrten besser einhalten zu können.
Ende 2016 hätten die neuen Wagen bereits im Einsatz sein sollen, so Uli Beele, Sprecher des Verbandes Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL). Doch der Termin verschob sich. Die neuen Modelle kämpften mit technischen Defekten und Fehlkonstruktionen. Die Züge waren zu breit, Türen öffneten sich nicht, die Motorleistung war zu schwach. Erst im Herbst 2018 kamen die neuen Züge im Hönnetal erstmals zum Einsatz. Reibungslos verliefen die Fahrten zwischen Unna und Neuenrade jedoch nicht. Auch dort fielen immer wieder Fahrten aus.
Gegenüber dem NWL verpflichtete sich die Deutsche Bahn, die neuen Züge bis Ende März auf die Strecke zu bringen. Seit rund zwei Wochen laufen nun also auf allen sechs Strecken durch Südwestfalen die neuen Pesa-Züge.
Was ist das Hauptproblem?
Hauptgrund bleibt die softwaregesteuerte Kupplung der neuen Zugeinheiten. Zu den Stoßzeiten werden die einzelnen Einheiten verbunden, um den Zug zu verlängern. Beim Zusammen- und Entkoppeln tauchen aber immer wieder Probleme auf. Laut NWL-Sprecher Beele sei es aus diesen technischen Gründen in den vergangenen 14 Tagen zu einer erhöhten Anzahl an Zugausfällen und Verspätungen gekommen.
Das gelte insbesondere für die Linien RE 17 und RE 57, aber auch für die restlichen Linien (siehe Grafik). Im Hönnetal sind vorrangig Züge im Einsatz, die aus zwei Einheiten bestehen. Beim RE 17 oder RE 57 hingegen fahren oftmals dreiteilige Züge. „Die Probleme im Hönnetal“, so Beele, „stehen in keinem Vergleich zu den massiven Problemen der Dreiteiler.“
Warum sind dreiteilige Züge anfälliger für Probleme?
Das Hauptproblem entsteht durch das Zusammenkoppeln und während es bei den zweiteiligen Zügen nur eine Verbindung gibt, haben die dreiteiligen Züge zwei Verbindungsstellen. Dadurch ist die Chance auf Störungen bei den Dreiteilern doppelt so hoch.
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Außerdem: Durch die lange Verzögerung und die Terminpflicht blieb keine Zeit mehr, die neuen Züge ausreichend zu testen, wie NWL-Sprecher Beele zugibt. Die Züge seien sozusagen von der Teststrecke in Polen ins Hönnetal gewandert.
Welche Folgen hat das?
„Die Pesa-Fahrzeuge bleiben auf allen sechs Linien des Sauerland-Netzes im Einsatz“, so ein Sprecher der Bahn. „Um Einschränkungen zu vermeiden, werden einzelne Fahrten bis auf Weiteres mit Altfahrzeugen erbracht.“ Bis Ende August will die DB Regio die alten Gebrauchtzüge wieder einsetzen.
Die neuen Wagen werden in der Zwischenzeit nach und nach aus dem Verkehr genommen und im Werk von Pesa optimiert, nachgebessert und aufgerüstet, bevor sie wieder auf die Gleise dürfen.
Müssen Fahrgäste weitere Ausfälle fürchten?
Fahrgäste müssen sich laut Pressesprecher der Deutschen Bahn jedoch nicht vor weiteren Verzögerungen fürchten. Die DB Regio erfülle „den geltenden Fahrplan mit den vorgegebenen Kapazitäten bis die aktuell auftretenden Störungen vollständig behoben sind.“
Ist der von der DB angegebene Zeitraum, die Züge bis Ende August nachzubessern, denn realistisch? NWL-Sprecher Uli Beele bleibt optimistisch: „Dahinter steht ein exakter Detailplan, wie wir die Fahrpläne stabil halten können. Das ist sehr realistisch.“ Ob es durch den vermehrten Einsatz der alten Wagen nun zu weniger Ausfällen kommen wird, dazu konnte Beele keine Prognosen geben. „Ich hoffe es“, sagt er schlicht.