Hagen. . Die Diskussionen um ein Rauchverbot in Pkw, in denen Kinder sitzen, gehen weiter. Für Lungenfacharzt Dieter Köhler macht ein Verbot Sinn.

Wer wird denn gleich in die Luft gehen? Wir fragten unsere Facebook-Nutzer, ob die NRW-Initiative für ein Rauchverbot in Autos, in denen Kinder oder Schwangere sitzen, zu weit geht. Ein hoch emotionales Thema, bei dem man offenbar aufgebracht wie ein HB-Männchen sein kann – das jedenfalls belegen Reaktionen in dem sozialen Netzwerk.

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Werner Berkenkopf aus Hagen spricht ganz ruhig und sachlich, als diese Zeitung ihn anruft. Er hat – wie so oft – am Morgen seine Enkeltochter zur Schule gebracht. Ohne dicke Luft auf der Rückbank. „Ich habe bewusst ein Fahrzeug ohne Aschenbecher gekauft“, sagt der 63-Jährige. Als Kind habe er es als „ganz schlimm“ empfunden, wenn ihm Zigarettenqualm um die Nase wehte. „Mir wurde so manches Mal im Auto schlecht.“

Eine Frage der Kontrolle

Eines Tages war er selbst Raucher. „Aber noch vor der Geburt meiner Tochter war das Thema durch“, sagt Berkenkopf. Ein Rauchverbot in Autos mit Kindern und Schwangeren würde der Hagener begrüßen, fragt sich allerdings, wie dies kontrolliert werden könnte. Dennoch: „Auch wenn sich nicht alle wie beim Handyverbot am Steuer daran halten, kann es positive (gesundheitliche) Folgen haben: dass Menschen mit dem Rauchen aufhören oder sich zumindest einschränken.“

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Professor Dieter Köhler ist in jüngster Zeit zum gefragten Gesprächspartner der Medien aufgestiegen, weil er die NO2-Gefährdung durch Diesel-Fahrzeuge als ungleich geringer als die durch das Rauchen bezeichnete. Der Lungenfacharzt aus Schmallenberg hat auch zum Thema Rauchverbot in Pkw mit Kindern eine klare Meinung: „Angesichts der Zahl von jährlich 150.000 Toten in Deutschland durch Nikotin-Konsum erübrigt sich fast die Frage, warum Kinder auch mit Blick auf das Rauchen besonders schützenswert sind.“ Er ist für ein Rauchverbot: „Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass bei Kindern, die regelmäßig dem Passivrauchen in einem kleinen Raum wie einem Auto ausgesetzt sind, das Risiko einer Lungenerkrankung um deutlich über 50 Prozent höher ist als bei anderen Kindern.“ Die Betroffenen litten z.B. an einer chronischen Bronchitis, was eigentlich sehr selten bei Heranwachsenden sei.

Rauchverhalten hat sich verändert

Für den langjährigen ärztlichen Direktor des Fachkrankenhauses Kloster Grafschaft käme ein Rauchverbot in Pkw allerdings zu spät. „Während es früher gang und gäbe war, im Auto zu rauchen, auch wenn Kinder an Bord waren, sieht man dies heute nur noch sehr selten. Es ist im Laufe der Jahre zu einem ungleich kleineren Problem geworden.“ Dennoch, so Köhler weiter: Wer die Gesundheit von Kindern aufs Spiel setzt, müsse Druck spüren, müsse befürchten, mit einem Bußgeld für eine Ordnungswidrigkeit belegt zu werden.

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Unser Facebook-Nutzer Michael Krüger hält von einem Rauchverbot im Auto nichts. „Lasst uns endlich in Ruhe“, schreibt er, „immer diese Bevormundung.“ In die gleiche Kerbe schlägt Andrea Gille: Sie findet es zwar grundsätzlich nicht gut, im Auto zu rauchen, „aber das geht zu weit, man hat auch Persönlichkeitsrechte, und meist ist das Auto Eigentum.“

Eva Gerdes sieht das anders. „Wer im Auto raucht, obwohl Kinder mitfahren, begeht eine Kindswohlgefährdung“, sagt die Mutter aus Hagen. Die Gesundheit der Mitfahrer steht aus ihrer Sicht über der persönlichen Freiheit, oder wie es offiziell heißt, dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit.

„Das muss nicht sein“

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Nicolai Mandt ist im Gegensatz zu Eva Gerdes Raucher. Er fühlt sich nicht „von oben“ eingeschränkt, wenn ihm das Rauchen in einem Auto mit Kindern verboten würde. „Angesichts der Gefahren durch das Passivrauchen muss es in solchen Fällen wirklich nicht sein, sich während der Fahrt eine Zigarette anzustecken“, sagt er.

Balsam auf die Seele von Lungenfacharzt Köhler, der am Ende Rauchern noch ein wenig entgegen kommt. Wird der Gesetzgeber womöglich irgendwann das Rauchen in der eigenen Wohnung verbieten? Bloß nicht, findet Köhler: „Jeder Mensch muss seine Privatsphäre haben, die Politik darf ihm nicht seine Individualität rauben.“