Sundern. . Post-Diebstahl im großen Stil sollen sechs Männer in Sundern begangen haben. Die Polizei fand in ihrer Wohnung Bargeld und Wertgegenstände.

Die Polizei im Hochsauerland ermittelt gegen sechs Männer, die im großen Stil Bargeld und Wertgegenstände aus Briefen und Päckchen entwendet haben sollen. In einer von den mutmaßlichen Postdieben angemieteten Wohnung im Sunderner Stadtteil Langscheid sowie in einem Restmüll-Container wurden nach Angaben von Polizeisprecher Sebastian Held 17 Mülltüten mit tausenden geplünderten Postsendungen gefunden.

Auch interessant

Der Polizei zufolge wurden mehrere tausend Postkunden im ganzen Bundesgebiet geschädigt. Der Diebstahl hat sich bereits Anfang Dezember ereignet. „Wir gehen davon aus, dass die sechs Männer zwischen 18 und 32 Jahren, die sich in der Wohnung aufhielten, als Subunternehmer für Lieferungen zwischen Verteilzentren der Post im Einsatz waren“, so Held. Bei den mutmaßlichen Tätern handele es sich um drei bosnische Staatsbürger und drei Deutsche. Fünf von ihnen seien in Berlin gemeldet, einer in Oldenburg. Die Männer waren im Dezember vorläufig festgenommen worden, derzeit sind sie wieder auf freiem Fuß.

In diesem Container in Langscheid wurden Müllsäcke mit Postsendungen gefunden.
In diesem Container in Langscheid wurden Müllsäcke mit Postsendungen gefunden. © Polizei

Nach Polizeiangaben wurde gegen einen 30 Jahre alten Berliner vom Amtsgericht Arnsberg Haftbefehl erlassen – dieser wurde unter Auflagen ausgesetzt. Gegen einen 23-Jährigen, ebenfalls aus Berlin, bestehe weiterhin dringender Tatverdacht. Gegen die vier restlichen Männer habe sich der Tatverdacht zwar nicht erhärtet, die Ermittlungen gegen sie gingen aber weiter, so Oberstaatsanwalt Thomas Poggel von der Staatsanwaltschaft Arnsberg. „Wir haben eine Aussage, dass die Postsendungen nur von zwei der sechs Männer geöffnet wurden.“ Poggel zufolge gebe es derzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem Sunderner Fall um einen organisierten Banden-Diebstahl handelt.

Ermittler wollen alle Geschädigten anschreiben

Ob es sich um organisierten Banden-Diebstahl handele, müssten die aufgrund der „großen Zahl an Beweismitteln und bundesweit Geschädigten sehr umfangreichen Ermittlungen“ klären, so Held weiter. Auch die Staatsanwaltschaft Arnsberg ist in den Fall involviert. Die Ermittler wollen alle Geschädigten anschreiben.

Auch interessant

Polizeisprecher Sebastian Held spricht angesichts der „großen Zahl an Beweismitteln und Geschädigten“ von einer sehr umfangreichen Ermittlungsarbeit, die einige Zeit dauern wird. Die Polizei will jetzt alle bislang bekannten Geschädigten anschreiben und bittet potenzielle Opfer des Postdiebstahls darum, „möglichst auf Nachfrage bei der Kreispolizeibehörde Hochsauerlandkreis zu verzichten“.

Bei der Durchsuchung der Wohnung des Sextetts in Sundern wurden nach Polizeiangaben Bargeld in Höhe von 20.000 Euro und zahlreiche Wertgegenstände (Smartphones, Eintrittskarten, elektronische Geräte, Gutscheine, Schmuck) sichergestellt.

Hausmeisterin Sabrina Schluh-Arndt
Hausmeisterin Sabrina Schluh-Arndt © rd

Die Ermittler waren den Männern auf die Spur gekommen, nachdem die Hausmeisterin der Freien Schule am See in Langscheid, Sabrina Schluh-Arndt, in einem Restmüll-Container mehrere Müllsäcke mit aufgerissenen und entleerten Postsendungen – darunter Briefe, Trauerkarten und Einschreiben – entdeckt und die Polizei verständigt hatte. Sebastian Held: „Weil dies in der Vorweihnachtszeit war, müssen wir davon ausgehen, dass sich größere Mengen an Bargeld in den Umschlägen befanden.“

Die Hausmeisterin hatte am Morgen des 8. Dezember 2018 – ein Freitag – einen routinemäßigen Blick in den Container geworfen und die Müllsäcke entdeckt. „Weil der Restmüll bei uns immer freitags geleert wird, haben die Täter wohl gehofft, die Säcke ein für allemal loswerden zu können.“

Gegenstand der Ermittlungen ist auch die Frage, so Held weiter, ob es einen Zusammenhang zu Post-Diebstählen in Siegen gibt. Dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Siegen, Patrick Baron von Grotthuss zufolge, wurde im Dezember gegen zwei Personen wegen Diebstahls bzw. versuchten Diebstahls ermittelt, die als Fahrer für ein Subunternehmen tätig waren. Beide Verfahren seien eingestellt worden. Ein Zusammenhang mit den „aktuell in Sundern gefundenen Postsendungen“, so der Sprecher weiter, könne derzeit nicht hergestellt werden.

Auch interessant

Unterdessen kritisiert der Deutsche Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation (DVPT) die Praxis der Deutschen Post AG, für Briefkasten-Leerungen sowie Transporte zu Verteilzentren, Post-Filialen und Agenturen auf Strecken bis zu 50 Kilometern „fast ausschließlich“ Subunternehmer einzusetzen: „Damit die Aktionäre Gewinne davontragen, drückt die Post auf diese Weise Personalkosten und sieht zu, wie Subunternehmer wiederum Subunternehmer beauftragen, die ihren Fahrern niedrigste Löhne bei ausufernden Arbeitszeiten zahlen“, kritisiert Serkan Antmen von der Interessenvertretung der gewerblichen und privaten Postnutzer. „Wenn man in den Niedriglohnsektor geht, muss man sich nicht wundern, wenn man weniger qualifizierte Arbeitnehmer oder Menschen am Existenzminimum bekommt, die sich zu kriminellen Machenschaften hinreißen lassen.“

Dass der Einsatz von Subunternehmern das Ergebnis eines leergefegten Arbeitsmarktes sei, will Antmen nicht gelten lassen. „Wenn die Post nach ihren Tarifsätzen bezahlt, findet sie genug Personal.“ Der Vertreter der Post-Kunden fordert, dass sich die Politik endlich mit der Subunternehmer-Praxis der Post beschäftigt.

Für Post-Sprecher Rainer Ernzer ereigneten sich Fälle wie in Sundern – konkret dazu will er sich „wegen der laufenden Ermittlungen“ nicht äußern – nicht, weil ein Fahrer „bei uns festangestellt oder für einen Servicepartner“ im Einsatz ist. „Es hat mit krimineller Energie zu tun. Und vor der sind wir nicht gefeit.“

Für Ernzer ist jeder der „ein paar Tausend Fälle“ in Sundern für betroffene Kunden „extrem ärgerlich“: „Aber in unserem Massengeschäft mit 59 Millionen Briefsendungen am Tag handelt es sich nach wie vor um Einzelfälle, die sich auch nicht häufen.“

Im übrigen, so der Post-Sprecher weiter, müssten Servicepartner ein „einwandfreies Führungszeugnis“ vorlegen und verpflichteten sich vertraglich, bestehende Gesetze (Mindestlohn, Arbeitszeit) zu befolgen. „Der allerallergrößte Teil hält sich daran. Die dies nicht tun, von denen trennen wir uns.“