Hagen. . Im Sommer 2017 brachte das Start-up Sauerland Destiller’s den Woodland Gin auf den Markt. Wenige Wochen später war man trocken gekauft.

Am Image des Sauerlands wird ja seit Jahren mächtig gefeilt. Allein mit schönen Worten und Hochglanz-Broschüren ist das ein recht zähes Geschäft, das wissen verschiedene Initiativen nur zu genau. Dass nun ausgerechnet eine „Schnapsidee“, wie Till Brauckmann und Moritz Dimde das Projekt bezeichnen, der Region einen ungeahnten Siegeszug in die Köpfe beschert, hätten selbst die Gründer des Start-ups „Sauerland Destillers“ nicht für möglich gehalten.

Zehn Mal mehr verkauft als gedacht

Wie auch, sie hatten zwar eine gute Idee und reichlich Motivation, aber natürlich erst einmal wenig Ahnung vom Produkt. Im Sommer 2017 brachten die mittlerweile sieben Gesellschafter den „Woodland Gin“ in der Hoffnung auf den Markt, ein schmackhaftes Stück Sauerland in die Welt schicken zu können. Authentisch sollte es sein, gleichzeitig im Stil eine gewisse Weltoffenheit widerspiegeln – irgendwie schick und trendig. Eine coole Marke wollten sie kreieren, die für die Region wirbt. Mit Erfolg.

Jan Blumenthal ist Bartender im Steakhaus Hohoffs in Hagen. Im „Golden Cage“ mixt er mit Vorliebe den von ihm erfundenen Sauerland Mule, dessen Basis der Woodland Gin ist.
Jan Blumenthal ist Bartender im Steakhaus Hohoffs in Hagen. Im „Golden Cage“ mixt er mit Vorliebe den von ihm erfundenen Sauerland Mule, dessen Basis der Woodland Gin ist. © Lars Fröhlich

Guter Gin hat es nicht nur in die angesagtesten Bars zwischen Hongkong und Hamburg, sondern auch in viele Wohnzimmerschränke geschafft. Der Getränke-Trend begann mit Monkey 47 aus dem Schwarzwald vor rund zehn Jahren und verbreitete sich. Im Sommer vergangenen Jahres, zum Start des Imageträgers Woodland, war immer noch die Zeit, in der auf Partys schon vor Einbruch der Dämmerung das Pils gegen das Longdrinkglas getauscht wurde, wenn der Gastgeber etwas auf sich hielt. „Es gab einen Hype, aber darunter lag ein Trend, der bleibt“, ist Brauckmanns Überzeugung.

Und der Erfolg des Woodland Gins bestätigt seine Einschätzung. Als die Freunde ihr Produkt im Juli 2017 auf den Markt brachten, waren 2500 verkaufte Flaschen pro Jahr das erklärte Ziel. Vorausgegangen waren die akribische Suche nach einer passenden Brennerei, heimatlichen Zutaten wie Fichtenspitzen, Baumpilz und Löwenzahnwurzel und nicht zu vergessen frische Brennnesseln und handgepflückter Sauerampfer, die für einen unvergleichlichen Geschmack sorgen sollten – und die Organisation des Vertriebs.

Destillers Cut zu Weihnachten

„Mitte August 2017 waren wir plötzlich trocken gekauft“, erinnert sich Moritz Dimde. Rückblickend vermarkten die Destillers das Missgeschick als Start-up-Charme. „Allerdings darf uns das natürlich nicht noch einmal passieren“, weiß der Jurist. Mittlerweile ist der Sauerländer Gin in zahlreichen Supermarkt-Regalen gelistet, bei Edeka-Märkten an Rhein und Ruhr bis hin nach Schleswig.

Woodland Gin ein Dutzend Mal prämiert

Der „Woodland“ aus dem Sauerland ist mit 12 Auszeichnungen 2018 wohl der aktuell höchst dekorierte Gin der Welt.

In Deutschland gibt es laut Experten rund 400 Gin-Sorten, aber nur wenige sehr bekannte wie „Monkey 47“. Die Sauerland Destillers wollen im Manufakturbetrieb absehbar 100.000 Flaschen jährlich absetzen. Infos: www.woodland-gin.com

Noch ist das Geschäft mit dem Gin für alle ein Hobby, aber langsam nimmt das Wachstum Größenordnungen an, die nicht mehr nebenbei bewältigt werden können. Über 20.000 Flaschen sind mittlerweile verschickt worden. Rund ein Drittel in die Region, der Rest ist auf der ganzen Welt gelandet, in den Bars von Berlin ebenso wie in Singapur.

Das Ziel für das kommende Jahr lautet: 50.000 Flaschen Absatz, alle destilliert und abgefüllt in der Märkischen Spezialitätenbrennerei von Klaus Wurm in Hagen-Dahl. Ein Glücksfall, dass es vor der Haustür eine passende Lohnbrennerei gibt, die trotz vieler Eigenprodukte – von edlen Obstbränden über eigenen Gin bis zum Höhlen-Whisky – die Kapazitäten hat, um den Boom des Sauerländer Produktes zu ermöglichen. Pünktlich vor Weihnachten haben sich die Sauerland Destillers vor ein paar Tagen in der rustikalen Brennerei in getroffen, um ihr jüngstes, auf eintausend Flaschen limitiertes Produkt, von Hand zu verpacken. Ein „Destiller’s Cut“, der mit 57,15 Prozent Volumenalkohol eine Nummer stärker daher kommt, aber immer noch aus den gleichen Zutaten zusammengestellt und mit derselben Intention versehen ist: Das Sauerland als coole Region in möglichst viele Köpfe bringen.