Sundern/Lüdenscheid. . Ein Gin mit regionalen Geschmacksträgern will der Welt zeigen: Sauerland ist cooler als sein Ruf. TV-Koch Olaf Baumeister aus Sundern liefert Rezept.
- Ein Gin mit regionalen Geschmacksträgern
- Botschaft: Region ist cooler als ihr Ruf
- TV-Koch Olaf Baumeister aus Sundern liefert Rezeptur
Es heißt, Du bist, was Du isst. Gilt das auch, ohne Reim, fürs Trinken? Wenn ja, dann steht Gin sicherlich für Genuss, Gelassenheit – fürs Gutgehen (lassen). Mit diesen Assoziationen wollen die Sauerland-Distillers, ein Start-up-Unternehmen aus Lüdenscheid, dem Landstrich entlang der Lenne, Volme, Hönne und Ruhr ein neues Image verpassen. Mit „Woodland“, dem Dry Gin aus dem Sauerland. Die erste Charge ist destilliert – und soll den Anfang eines Siegeszugs in die Bars möglichst rund um den Globus sein und der Welt den Geschmack des Sauerlands unter die Gaumen spülen. Ein gastrosophischer Ansatz.
Der Anstoß
Es ist keine Schnapsidee, die hinter dem Produkt steht. Es ist vielmehr eine Geschichte. Eine Geschichte zum Getränk, das somit zum Getränk mit Geschichte wird. „Das Sauerland ist kein Sillicon Valley, aber es gibt so viele Unternehmen hier, die Weltmarktführer sind. Das wird häufig aber nicht wahrgenommen. Das Sauerland ist viel cooler, als sein Image“, beschreibt Matthias Czech, einer der Gründer der Sauerland-Distillers, den Anstoß zu „Woodland“. In seinen Augen „ein cooles Produkt, das aus dem Sauerland kommt“. Der Gin knüpft dabei an die Wacholderschnaps-Tradition der Region an. Und will ihr mit einer eigenen Rezeptur ein neues Kapitel schreiben.
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Die Gründer
Matthias Czech, Till Brauckmann und Gregor Biedrzycki verbindet einiges: alle – zumindest einigermaßen ungefähr – im gleichen Alter, alle mit Bezug zu Lüdenscheid, alle im Umfeld der Werbe- und Beraterbranche tätig – und alle haben sich dem Gin verschrieben. Daraus ist jetzt die Sauerland-Distillers GmbH entstanden. Der Vierte im Bunde: Olaf Baumeister, Chef des Hotels Seegarten am Sorpesee in Sundern, als Koch bekannt aus Fernsehsendungen („Südwestfalen-Lecker“) und Genussbotschafter des Landes NRW. Er teilt die Ansichten seiner drei Freunde über Gin und auf ihn geht letztlich die Rezeptur für den „Woodland“ zurück.
Das Rezept
Wenn „Sauerland Dry Gin“ auf dem Etikett steht, soll der Inhalt die Ankündigung auch erfüllen. „Wir haben hier exzellentes Trinkwasser“, verweist Till Brauckmann auf ein wichtiges Ausgangsprodukt. Den Körper bilden der Wacholder und Weizenalkohol. „Das ist die reinste Alkoholform.“ Fürs Aroma sorgen Botanicals. Zugaben aus der Natur. Die Leitlinie, nach der Küchenchef Olaf Baumeister ausgewählt hat: „Was gibt die Natur her, was ist sinnvoll, und was passt zusammen“. Herausgekommen sind: Fichtenknospen, Löwenzahnwurzeln, Sauerampfer, Brennnesseln und der rotrandige Fichtenporling, ein Baumpilz. Alles frisch und von Hand gepflückt.
Das sagt Johann Lafer zum Gin
Anschließend destilliert. „Einzeln destilliert“, wie Olaf Baumeister beschreibt. Und dann komponiert. Die Sauerland-Distillers sprechen von einem „langen Weg“, von vielem Probieren, Experimentieren und auch Verwerfen. Sorgfalt und Perfektionismus – zwei Eigenschaften, die den Sauerländer auszeichnen. „Die Kunst war, die Mengenverhältnisse genau abzustimmen“, sagt Olaf Baumeister – um einen „authentischen Geschmack“ hinzubekommen. Denn: „Destilliert entwickeln die Botanicals einen ganz anderen Geschmack und ein ganz anderes Aroma.“
Die Enttäuschungen
Dazu gehört zweifellos die Löwenzahnblüte. Die Blüte, die so sonnengelb und vielversprechend auf vielen Wiesen strahlt, hat es am Ende nicht in die Reihe der Aromageber geschafft. Olaf Baumeister spricht von einer „herben Enttäuschung“. So herb, dass sie destilliert als Zugabe nicht in Frage kam. Aber auch bei der Verwirklichung ihrer Idee hat das Quartett Enttäuschungen erlebt. „Wir haben anfangs nach einem Investor gesucht“, blickt Till Brauckmann zurück.
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Die Gesprächspartner begannen aber nach dem Geschmack des Quartetts zu viel in ihr Produkt hineinzureden. „Am Ende war immer irgendwie klar: Es ging denen nur um die Rendite oder sie standen nicht zu 100 Prozent hinter unserer Idee“, urteilt Matthias Czech. Und sagt weiter: „Wir wollten die Authentizität nicht verlieren“. Also gründeten die Vier ihr eigenes Unternehmen und stemmten die Investition selbst.
Die Produktion
Destilliert und abgefüllt und damit hergestellt wird in der Märkischen Spezialitätenbrauerei im Hagener Ortsteil Dahl. Also im Volmetal, ganz im Süden von Hagen – das ja hinlänglich als Tor zum Sauerland gilt und damit noch so gerade zur Philosophie des Produkts passt.
Die Aufmachung
„Woodland“ wird in klare, schnörkellose Halbliter-Flaschen im Stile von Apothekerflaschen abgefüllt. Das Design für die Etiketten hat Gregor Biedrzycki entworfen. Auch sie wirken bodenständig, weil reduziert. Fast minimalistisch.
Nur auf der Innenseite des Rücketiketts befindet sich eine detailreiche Darstellung der Schlacht von Worringen: Die Fehde anno 1288 verlor der Erzbischof von Köln gegen die vereinten Truppen der Grafen von der Mark und Berg und ihre Verbündeten – es war die endgültige Teilung des Territoriums ins (später katholische) Hoch- und ins (später protestantische) Märkische Sauerland. Heute soll indes auf ein „vereintes Sauerland“ angestoßen werden.
Das Ergebnis
Der Sauerland Dry Gin hat einen ersten, frischen Moment, bekommt dann einen leichten, nicht zu starken, angenehm erdigen Abgang. Die Botanicals sorgen für diesen Charakter, der ein Statement sein soll und das Narrativ zum Getränk ist: So schmeckt das Sauerland.