Ense. . 450 Beschäftigte demonstrieren für den Erhalt des Traditionsunternehmens. Die Kettler-Stiftung soll helfen, die Fortführung zu sichern.

Der Schlachtruf: kämpferisch. „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut!“ Der Adressat: abwesend. An die Geschäftsführung und das Kuratorium der Heinz-Kettler-Stiftung war die Aufforderung gerichtet, endlich Geld für die Rettung des schwer angeschlagenen Sportgeräte- und Gartenmöbelherstellers in Ense zur Verfügung zu stellen. Die Aussichten: düster. Die rund 450 Mitarbeiter der Heinz Kettler GmbH, die gestern ihren Protest auf die Straße trugen, befürchten, dass am Montag in der Traditionsfirma die Lichter ausgehen. Endgültig.

Vom Kettler-Hauptwerk und -Verwaltungssitz in Ense-Parsit zogen die Demonstranten am Freitagvormittag die fast zwei Kilometer zu Fuß zum Sitz der Stiftung im Ortsteil Höingen. An Firmen und einzelnen Wohngebäuden vorbei, an Feldern und Wiesen entlang. Als der Wind von einem nahen landwirtschaftlichen Betrieb den Gestank von tierischen Exkrementen herüberweht, nimmt Betriebsrat Michael Heierhoff die Witterung als Vorlage auf: „Ich kann die Stiftung schon riechen!“, ätzt er durchs Megaphon. Und gibt die Einschätzung der Belegschaft wieder: Das Verhalten der Stiftung ist Mist.

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Beschäftigten glauben nicht mehr an die Rettung durch die Kettler-Stiftung

Die Beschäftigten wollen nicht glauben, dass die Stiftung, die doch den Namen Kettler trägt, sich nicht an der Rettung des Unternehmens beteiligt; sie können und wollen noch nicht ans Aus der Traditionsfirma und den Verlust ihrer Arbeitsplätze glauben.

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„Die Stiftung wird ihrer Verantwortung nicht gerecht“, urteilt Michael Heierhoff am Sitz der Stiftung und gibt sich kämpferisch: Mit dem Geld aus dem Stiftungsvermögen lasse sich die Produktion und das Überleben des Unternehmens sicherstellen. „Die haben sich aus dem Staub gemacht – seit einem Jahr!“, ruft er den Stiftungsverantwortlichen entgegen. Nur: Sie hören den Vorwurf nicht; von den Stiftungsverantwortlichen lässt sich niemand blicken.

Überhaupt: Das Bürogebäude, ein dreigeschossiger Zweckbau mit trister, grauer Blechfassade und dunkelroten Fenstern, wirkt wie ausgestorben. Wäre da nicht der Gebäudeinhaber, der sich um sein weißes Luxusauto auf dem Parkplatz sorgt, und wohl auch ein bisschen befürchtet, die Demonstranten könnten das Gebäude stürmen.

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Dennoch öffnet er die Türen; bietet an, dass die Demonstranten „die Toiletten benutzen dürfen“, will damit offenbar Druck aus der Situation nehmen. Derweil flackert und raucht Pyrotechnik vor dem Stiftungssitz. Betriebsrat Michael Heierhoff beruhigt die Situation: „Gewalt gegen Sachen, das bringt doch nichts“, ruft er zur Vernunft.

Am Montag soll es eine Mitarbeiterversammlung geben

„Es laufen noch Gespräche. Noch kann keiner sagen, wie sie ausgehen“, sieht Geschäftsführer Olaf Bierhoff, der die Belegschaft beim Protestmarsch begleitet hat, einen Hoffnungsschimmer. Am Montag soll es eine Mitarbeiterversammlung geben. Uhrzeit und Ort sind am Freitag noch unbekannt.

In Grüppchen marschieren die Demonstranten schließlich zurück zum Werk und ins Wochenende. Wie ein Treck zieht sich der Fußmarsch am Straßenrand dahin: 450 Menschen auf dem Weg ins Ungewisse.