Hagen. . Das Münchner Volksfest gehört auch in Südwestfalen zur Feierkultur. Welche Musik für Stimmung sorgt und warum der Trend zum Dritt-Dirndl geht.
Ob im Festzelt auf dem Fußballplatz oder in der Schützenhalle – das Oktoberfest hat sich von seinen bayrischen Wurzeln gelöst und wird immer häufiger auch in der Region gefeiert. Wie Südwestfalen für zünftige Wirtshaus-Stimmung sorgt und welcher Dresscode diese Saison besonders beliebt ist.
Das Umfeld
Stadt München macht „Wiesn“ zur Marke
Seit dem 13. September ist der Begriff „Wiesn“ eine europaweit geschützte Wortmarke.
Abmahnungen sind aber unwahrscheinlich. So bezieht sich der Markenschutz nur auf sechs Produktklassen, darunter etwa Reinigungsmittel, Kopfhörer, Kameras und Schneider-Arbeiten.
Auch für den Begriff „Oktoberfest“ läuft ein Schutz-Antrag der Stadt München.
„Bei uns ist die Party gar nicht so wichtig, sonder eher das Gesellige“, meint Doreen Winkler. Sie schenkt Obstler und Williams-Birne aus, wenn die Schützenbruderschaft St. Johannes Vosswinkel zum Oktoberfest lädt. Zwei Tage wird in der Schützenhalle bei Arnsberg gefeiert, mit Weißbier, blau-weißen Fähnchen und Live-Musik. Auch in Meschede, Medebach und Bad Berleburg zum Beispiel laden Schützenvereine zur bayrischen Bierzelt-Gaudi. Zwei Traditionen, die sich ergänzen, findet Winkler: „Es gibt eine Zeit für Schützenfeste, und es gibt eine Zeit für Oktoberfeste.“ Seit 2005 feiert die Schützenbruderschaft Vosswinkel jedes Jahr Oktoberfest, wichtig sei dabei die Authentizität. „Viele Oktoberfeste haben diese Ballermann-Atmosphäre, das wollen wir eher nicht.“
Die Musik
Ohne Musik, keine Schunkelei: Für Oktoberfest-Stimmung sorgt in Vosswinkel seit drei Jahren das „Bodensee-Quintett“. Die fünf Musiker aus Süddeutschland spielen in „Oberkrainer Formation“ – einem typischen Instrumenten-Mix für das Bierzelt, wie Klaus Heine erklärt. „Die Formation besteht aus Bariton-Horn, Trompete, Gitarre, Akkordeon und Klarinette.“ Dieser Mix sei ursprünglich in den Bergen Sloweniens entstanden, das Ziel ist völkerübergreifend: „Stimmung und gute Laune für das Publikum“, so Heine, der im Quintett unter anderem das Bariton bläst. Neben Volksmusik spiele die Gruppe mittlerweile auch rockige Stücke wie „Highway to Hell“ von AC/DC sowie Schlager von Helene Fischer und Mickie Krause.
Dass die Gäste auf Oktoberfesten nicht nur klassische Volksmusik, sondern auch Partyhymnen hören wollen, davon profitieren Menschen wie Kevin Muschinski. Seit drei Jahren tourt der Dresdner durch Deutschland als Double von Volksmusik-Rocker Andreas Gabalier.
„Die Woche über bin ich meistens zuhause, die Auftritte sind am Wochenende. Ich vergleiche das gerne mit Schichtdienst“, sagt er und lacht. Vergangenes Jahr war Muschinski unter anderem im Wittgensteiner Land zu Gast, dieses Jahr kommt er zum Oktoberfest ins sauerländische Bestwig. „September und Oktober sind für mich Hauptsaison“, merkt auch der 24-Jährige die hohe Nachfrage nach Hits für das Oktoberfest-Zelt.
Rund 150 Auftritte hat er im Jahr, seit Kurzem ist er selbstständig und singt in Vollzeit die Lieder seines österreichischen Idols – von „Hulapalu“ bis „Ich sing a Liad für di“.
Die Mode
Eng anliegend müssen Oktoberfest-Hemden dieses Jahr bei Herren sein, weiß Annika Wallmann. Sie studiert an der Akademie für Mode und Design und arbeitet bei einem Trachtenhersteller in Halver. Das typisch-bayrische Karo-Muster sei dieses Jahr weniger gefragt. „Stattdessen eher weiße Stehkragen-Hemden mit Biesen, also schmalen Falten“, erklärt Wallmann. „Darüber dann eine Weste mit auffälligem Muster, aufgedrucktem Wappen etwa oder aufwendigen Stickereien.“
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Dass diese Saison mehr auf Wertigkeit geachtet wird, merkt auch Christiana Flemming. Sie arbeitet seit drei Jahren in einem Modegeschäft in Winterberg, verkauft von August bis Oktober viele Trachten. „Bei Frauen hat es sich in den Jahren gesteigert: Angefangen mit einem günstigen Dirndl geht der Trend inzwischen schon zum schicken Zweit- und Dritt-Dirndl.“ Besonders Naturfarben, etwa Beige oder Beeren-Töne, liegen im Trend. Dazu gehören Tatoo-Spitze und ein Ausschnitt, der dezent daherkommt. Zeigt sich die Auswahl der Dirndl inzwischen sehr vielfältig, ändere sich bei Lederhosen dagegen wenig. Das liege auch an der Kundschaft: „Einmal eine gute Lederhose gekauft, reicht die Männern meist fürs ganze Leben“, sagt Christiana Flemming und lacht. Hochwertige Herrenhemden sind dieses Jahr aber gefragt, „besonders Leinenhemden in weiß, mit Ornamenten“.
Das Essen
Auf den Teller im Bierzelt gehört viel Fleisch, findet Sebastian Göbel. Er kocht in einem bayrischen Restaurant in Willingen. Hier gibt es für die Oktoberfest-Saison sogar eine gesonderte Speisekarte. „Zum Angebot gehören Schweinebauch, Rinderbraten oder Ente“, erklärt Göbel. Auch Würstchenplatten und „Fleischpflanzerl“ sind auf der Karte, dazu Sauerkraut oder Bayrisch Kraut, sprich: geschmortes Weißkraut, als Beilage.
Für den süßen Zahn empfiehlt er als Nachtisch etwa Apfelringe und Topfenknödel – also süße Quarkbällchen, gefüllt mit Marille, Erdbeere oder Nuss-Nougat-Creme.