Es ist immer schön, mit den Kindern etwas gemeinsam zu machen. Außer vielleicht beim Gärtnern. Da führt die “Hilfe“ schnell zu Ernteausfällen.

Mein Vater konnte besorgniserregend lange auf einem Hocker neben seinen Beeten kauern und der Kapuzinerkresse beim Wachsen zuschauen. Dann stand er plötzlich auf, zupfte ein Kraut und saß sodann wieder stundenlang auf dem Hocker. An manchen Gartentagen also hatte mein alter Herr auf seiner Scholle überspitzt formuliert den Bewegungsdrang einer Möhre.

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Ich bin im Garten das Gegenteil, ein Springinsfeld, wie man so sagt, sitze nicht still und höre Hip-Hop-Musik beim Umgraben, Gießen, Säen, Beikrautjäten. (Unkraut sagen nur „Proleten“, erklärte mir mal ein erzürnter Bio-Bauer – hat schließlich jede Pflanze ihre Daseinsberechtigung. Mit diesem immerschlauen Einwurf ernte ich in Biogärtner-Kreisen bisweilen mächtig Respekt.)

„Tante-Uschi-Regenwurm“

Da ich jede Form von Naturnähe seitens meiner dreijährigen Tochter unterstütze, habe ich mich damit abgefunden, dass sie während meiner Gartenpflege mittels aufgespürter Regenwürmer gerne unseren Stammbaum dekliniert. „Und wer ist das?“, fragt sie dann und reckt mir einen Wurm ins Gesicht. „Mami Regenwurm!“, behaupte ich. „Und das?“ „Oma Regenwurm.“ „Das?“ „Onkel-Jörg-Regenwurm.“ Immer wieder erstaunlich, welche Regenwurm-Kohorten unter uns wohnen. Nach zehn Minuten sind wir in der zweiten Generation angekommen. „Tante-Uschi-Regenwurm.“ Das ist ein Ritual und keiner, Wurm eingeschlossen, nimmt Schaden.

Anders ist das, wenn meine Tochter im Garten „hilft“. Das Helfen erledigt sie nämlich so, wie das kleine Mädchen können. Also gar nicht mal so gut.

Vertrauen in allen Lebenslagen

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Über Wochen hatte ich eine Paprika im Gewächshaus vorgezogen. Sie maß mittlerweile stabile fünf Zentimeter, und meine Überzeugung reifte, die Paprika nun in die Wildbahn aussetzen zu können. Da ich mir vornehme, meiner Tochter in entscheidenden Lebenslagen vertrauen zu wollen, übertrug ich ihr den Transport der Pflanze über die langen zwei Meter bis zum Beet – wohl wissend, dass dieses Unterfangen waghalsig war.

Was soll ich sagen?! Es funktionierte! Donnerknispel! Beide, die Paprika wie meine Tochter, kamen unversehrt am Zielort an. Sie stellte das Gewächs sogar noch zielsicher im vorbereiteten Loch ab. Das konnte nun wirklich keiner ahnen.

Paprikaroter Kopf, Augen wie Scheinwerfer

Zur Belohnung holte ich Wassermelone aus der Küche. Als ich wieder draußen war, lag die Pflanze auf dem Boden. Abgeknickt. Mit paprikarotem Kopf stand meine Tochter daneben und schaute mich aus Augen groß wie Autoscheinwerfer an.

„Warst du das?“, wollte ich wissen. Das war natürlich die überflüssigste Frage in der Geschichte des Fragenstellens. „Nööö“, sagte sie. Und ergänzte logisch beschlagen: „Aber das glaub’ ich mir jetzt nicht wirklich.“