Frankfurt. . Die Elektromobilität könnte zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten vor allem bei Zulieferern der Automobilindustrie führen, fürchtet die IG Metall.

Allein in der Fertigung von Antriebssträngen könnten am Standort Deutschland bis 2030 etwa 75 000 von rund 210 000 Jobs verloren gehen.

Zu diesem Schluss kommt die von der Industriegewerkschaft Metall in Auftrag gegebene Studie „Wirkungen der Fahrzeugelektrifizierung auf die Beschäftigung am Standort Deutschland (ELAB)“ des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO).

Zulieferer aus der zweiten oder dritten Reihe droht durch Elektromobilität Gefahr

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der Industriegewerkschaft Metall macht keinen Hehl daraus, dass er hoch spezialisierte Zulieferer aus der zweiten und dritten Reihe, die heute allein Produkte für Antriebsstränge für Verbrennermotoren herstellen, für hochgradig gefährdet hält. „Sie haben häufig weder ausreichend Finanz- noch die Innovationskraft, um diesen Umbruch zu überstehen.“

Es werde gerade im Bereich der kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) Zulieferer geben, die ihre Geschäftsmodelle nicht mehr verändern können, prognostizierte der Gewerkschaftschef am Montagabend in Frankfurt.

BMW, Volkswagen und Bosch beteiligen sich an Studie

BMW, Volkswagen, Daimler, aber auch große Zulieferer wie Bosch, ZF Friedrichshafen, Schaeffler und Mahle sowie der Verband der Automobilindustrie haben sich an der Studie beteiligt, die Ende des Monats veröffentlicht wird und in Auszügen dieser Zeitung vorliegt.

Nach IAO-Angaben repräsentieren die beteiligten Unternehmen mehr als die Hälfte der Wertschöpfungskette in der Antriebstechnik in Deutschland. Im Gegensatz zu ersten ELAB-Studie aus dem Jahr 2012, an der vor allem Daimler beteiligt war, hat Fraunhofer nun sehr detailliert auch auf die Auswirkungen für das zweite und dritte Glied in der Kette geschaut – die Zulieferer. „Diese Studie gibt jetzt konkrete Hinweise auf personelle Konsequenzen, weil die Ergebnisse skalierbar sind“, erklärte IG-Metallchef Hofmann.

Bundesregierung soll Strukturwandel in der Automobilbranche begleiten

Als wahrscheinlich angenommen haben das Fraunhofer IAO und die IG Metall ein Szenario, nachdem bis 2030 ein Viertel der Fahrzeuge in Deutschland rein elektrisch angetrieben wird, 15 Prozent Plug-in-Hybride sind und 60 Prozent nach wie mit einem Otto- oder Dieselmotor fahren. Außerdem setzten die Wissenschaftler voraus, dass die Antriebskomponenten auch für Elektro- und Hybridfahrzeuge weitgehend in Deutschland hergestellt werden.

Hofmann und Riedel halten es für notwendig, dass die Bundesregierung den Strukturwandel mit geeigneten Maßnahmen zur Qualifizierung, Innovationsförderung und mit Arbeitsmarkt-Förderinstrumenten begleitet. Allerdings müssten diese dann tatsächlich zügig entwickelt werden, um wenigstens dem Gros der Branche zu helfen. Der Gewerkschafter leitet diese Forderung aus dem direkten Zusammenhang zur Einhaltung von Klimaschutzzielen, also der Reduktion des CO2-Ausstoßes ab. Die Gewerkschaft halte die Ziele für machbar und trage sie auch mit, „aber wir müssen nicht nur über Klimaschutz nachdenken, sondern auch über Perspektiven für Beschäftigte“.

Motor beim Elektroauto besteht aus weniger Einzelteilen

Der VW-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh sieht den weltgrößten Autobauer gut aufgestellt. VW werde zwar in den nächsten fünf Jahren rund 30 Milliarden Euro in Elektrifizierung investieren, „aber vielleicht kommt ja auch die Brennstoffzelle, am Ende entscheidet der Kunde“. Elektrofahrzeuge seien in jedem Fall schneller gebaut als Verbrenner. Für einen konventionellen Golf brauche VW beim Zusammenbau heute rund 20 Stunden, „für den E-Golf vielleicht 14 oder 15 Stunden“, sagt Osterloh.

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Der Fertigungsaufwand für einen Elektro- im Gegensatz zum Dieselmotor mit einem Vielfachen an Teilen liege bei „eins zu zehn“, erklärt der Bosch-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Hartwig Geisel: „Das sind dramatische Einschnitte.“ Aussagen, die die Ergebnisse der ELAB2-Studie durchaus realistisch erscheinen lassen.