Winterberg. . Rolf Dickel brachte das Snowboardfahren ins Sauerland. Der 71-Jährige ist Wettkampfleiter beim Weltcup in Winterberg an diesem Wochenende
Die Bretter, die ihm die Welt bedeuten, finden sich nicht in Theatern, sondern auf Skipisten. Rolf Dickel (71) hat vor fast 30 Jahren das Snowboardfahren ins Sauerland geholt. In der Szene wird er respektvoll „der Snowboard-Guru“ genannt. „Der Name ist o.k.“, sagt der 71-Jährige, der beim Weltcup an diesem Wochenende in Winterberg wieder als Wettkampfleiter („heute heißt es: Event-Chef“) aktiv ist. „Guru hört sich besser an als Legende. Die sind ja meist schon tot.“
Der Neuastenberger Tischlermeister ist in der Snowboard-Szene bekannt wie ein bunter Hund. Ob er Rolf Dickel gesehen habe, fragt der Reporter den Helfer am Auslauf des Skigebiets am Poppenberg. „Heute noch nicht“, sagt der freundliche Herr und muss lachen. „Aber den werden Sie sofort erkennen, den weißen Riesen.“ Es ist liebevoll gemeint.
Eine weiße, rauschende Haarpracht
Dickel hat eine athletische Figur und trägt „seit ewigen Zeiten“ eine weiße, rauschende Haarpracht. Die er bis heute tapfer verteidigt: „Mit 18, 19 war ich bei einem alpinen Trainingslager in Italien, als mir die strengen Skilehrer bedeuteten, dass ich erst wieder mit kurzen Haaren auf die Piste darf.“ Rolf Dickel blieb sauerländisch stur – und die ganze Wolle auf dem Kopf. Nach eineinhalb Tagen wurde er begnadigt. „Das habe ich mir für immer gemerkt“, sagt der 71-Jährige. Für die Vielzahl an Schülern, die er das A und O des Snowboardens nahe brachte, blieb er als Lehrer immer ein lockerer Typ.
Der lockere Typ bekam vor fast 30 Jahren beim Besuch eines befreundeten Skilehrers in Kitzbühel erstmals ein Snowboard zu Gesicht. Die Aufforderung, es auszutesten, begegnete Dickel zunächst mit Widerwillen: „Ich habe ihn gefragt, ob er sie noch alle hat.“ Er hat es dann doch probiert - und ständig im Schnee gelegen. Der Ehrgeiz des Sauerländers war dennoch gepackt. „Ich habe es mir dann selbst beigebracht.“
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Zurück in der Heimat kaufte er sich in Möhnesee ein Snowboard. „Der Besitzer einer Surfschule hatte es mir besorgt.“ Stolz führte der Schreiner seine neueste Errungenschaft am heimischen Skihang an der Postwiese vor. „Ich fiel auf die Nase und hatte die Lacher auf meiner Seite.“ Und doch: Alle, die glaubten, dass Dickel sozusagen ein Brett vor dem Kopf hatte und auf einer kurzlebigen Modeerscheinung über die Hänge glitt, sahen sich getäuscht. Nach und nach ließen sich Kinder und Jugendliche aus Neuastenberg von Dickel in die Geheimnisse des Snowboardens einweisen - und kamen wiederholt zu Meisterschaftsehren. Noch im Alter von 49 Jahren wurde Dickel selbst Westdeutscher Meister im Snowboard-Riesenslalom („in der normalen Klasse, nicht in der Altersklasse!“).
„Ich hatte das Glück, eine In-Sportart gefunden zu haben“, sagt Dickel, der über Jahrzehnte Snowboard-Sportwart des Westdeutschen Skiverbandes war – und auch viel für die Verständigung zwischen Skifahrern und Snowboardern getan hat. „Wenn ich daran denke, wie das anfangs war...“ Als die Bretter in Winterberg gleiten lernten, verfolgten nicht nur Liftbetreiber das bunte Treiben argwöhnisch. „Es wurde darüber nachgedacht, die Postwiese für uns zu sperren, weil sich Skifahrer beschwert hatten. Wir hätten für Löcher im Schnee gesorgt.“
Erste Adresse für Snowboarder
Das ist längst Schnee von gestern. Heute ist das Sauerland eine erste Adresse für Snowboarder. „Selbst Österreicher sagen mir, dass es bei ihnen keine besseren Trainings-Hänge gibt.“ In den kommenden Tagen wird Dickel wieder mit vielen Stars der internationalen Szene ins Gespräch kommen. Er ist Mädchen für alles beim Weltcup, stellt wie jedes Jahr die 16 Siegerpokale aus Holz in seiner Werkstatt her.
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Auch mit 71 Jahren steht der leidenschaftliche Surfer Rolf Dickel noch „ab und an“ auf dem Snowboard. „Auch wenn meine Knie kaputt sind.“ Der Szene will der Ehrenamtler „so lange es geht“ treu bleiben. „Ich hatte und habe eine schöne Zeit. Das Snowboardfahren hat mich jung gehalten.“