Düseldorf/Hagen/Ennepetal. Vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht hat der Prozess gegen zwei mutmaßliche IS-Terroristen aus Ennepetal und Hagen begonnen.

  • Verfassungsschutz stufte Ennepetaler als Gefährder ein
  • Die beiden Beschuldigten standen in Hagen in Kontakt
  • Angeklagte wurden von Schleusern nach Syrien gelotst

In Syrien soll er den Kampfnamen „Ismail al-Almani“ (Ismail, der Deutsche) erhalten haben. Der Verfassungsschutz hat ihn nach seiner Rückkehr aus dem Nahen Osten als Gefährder eingestuft, traut ihm einen terroristischen Anschlag in Deutschland zu. Seit gestern muss sich der 21 Jahre alte Ennepetaler Muhammed H. - zusammen mit Burak H. aus Hagen (26) - vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf verantworten. Vorwurf: Die deutschen Staatsangehörigen mit türkischen Wurzeln sollen sich als Kämpfer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) angeschlossen haben.

Wie ein Hund an der Leine

Muhammed H., der sich nach Aussage von Staatsanwalt Stefan Hofmann (Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf) als „talentierter Kickboxer“ bezeichnet, schweigt zum Prozessauftakt. Im Hochsicherheitstrakt des Gerichts sitzt der Mann mit den am Hinterkopf zusammengebundenen Haaren und dem dunklen Bart hinter Panzerglas und verfolgt das Geschehen regungslos. Auf einer an die Sicherheitsbehörden aus IS-Kreisen durchgestochenen Personalliste findet sich sein Name und die Bezeichnung „Kämpfer“. Ankläger Hofmann zufolge gilt er als „sehr radikal“. Muhammed H. habe einem Zeugen gesagt, dass er „bereit sei, im Namen Allahs zu sterben“. 2014 sorgte der Mann für Schlagzeilen, weil er seine vollverschleierte Ehefrau an einer Kette durch die Wuppertaler Innenstadt zog. Wie ein Hund an der Leine.

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Nach Erkenntnissen der Anklagebehörde soll Muhammed H. bereits seit jungen Jahren in der Salafisten-Szene aktiv sein. Offenbar geprägt von seinem Vater. Dieser, ein Islamisten-Prediger, soll, so Hofmann, in dessen Ennepetaler Schrebergarten Glaubens-Seminare für junge Muslime abgehalten haben. In der Gartenlaube, so erzählt der mitangeklagte Hagener Burak H. vor Gericht, sei man auch mit dem Ennepetaler Ahmet C. zusammengekommen. Der junge Westfale soll nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden im Juli 2014 sich als Selbstmordattentäter in der irakischen Hauptstadt Bagdad in die Luft gesprengt haben. Mehr als 50 Menschen starben.

Moscheen in Hagen aufgesucht

Ahmet C. war der erste des Schrebergarten-Trios, der nach Syrien zog. „Als er ging, war das für mich ein Impuls, es ihm nachzumachen“, sagt Burak H.. Allerdings habe er nichts von C.’s tödlichem Vorhaben gewusst und auch nicht für den IS in den Dschihad ziehen wollen. „Ich wollte doch nur den Menschen in den Krankenhäusern helfen“, sagt der Hagener, der im Alter von 22 Jahren „mehr über den Islam erfahren“ wollte. „Zunächst habe ich mich in You-Tube-Videos informiert.“ Die Filme zeigten u.a. die bekannten Prediger Pierre Vogel und Sven Lau.

Irgendwann suchte Burak H. Moscheen in Hagen-Haspe und Altenhagen auf, traf Muhammed H und dessen Vater. Man redete und redete, sagt er. „Irgendwann begann ich mir Gedanken zu machen, auszureisen“. Der IS sollte für Muhammed H. und Burak H. die Brücke zur Hilfe in Kliniken sein. „Nur helfen?“ fragt der Vorsitzende Richter Lars Bachler. „Ja, wir wollten helfen, nicht für den IS kämpfen“, beteuert der stämmige Mann. Der Jurist kann seine Skepsis nicht verhehlen. „Waren Sie wirklich so ahnungslos, als Sie nach Syrien gingen?“

Von Schleusern nach Syrien gelotst

Im Juni 2014 sollen die Angeklagten mit Hilfe eines Mittelsmannes in einer Solinger Moschee in die Türkei geflogen und von Schleusern nach Syrien gelotst worden sein. Nach wenigen Wochen in IS-Lagern sind die beiden, so Burak H., unter dem „Vorwand“, man wolle heiraten, zurück in die Türkei geschleust worden. „Wir waren verzweifelt, weil wir schlecht behandelt wurden und uns ein Einsatz als Helfer in einem Krankenhaus verwehrt wurde.“ Ein Jahr später versuchte Muhammed H. erneut, in den Nahen Osten auszureisen. Am Flughafen Köln/Bonn wurde er verhaftet. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der junge Mann seine Ausbildung beim IS beenden und an Kampfhandlungen teilnehmen wollte.