Hagen. . Der regionale Energieversorger Enervie aus Hagen beendet das Jahr 2016 mit gut 30 Millionen Euro Gewinn vor Steuern und gewinnt an Liquidität.

Der in 2014 in massive Liquiditätsprobleme geratene Energieversorger Enervie mit Sitz in Hagen meldet Erfolge auf dem Weg hin zu Stabilisierung. Das Geschäftsjahr 2016 endete mit über 30 Millionen Euro Gewinn vor Steuern und dem Abbau von rund einhundert Millionen Euro Schuldenlast, erklärten Vorstandssprecher Erik Höhne und sein Kollege Wolfgang Struwe.

Durch Energiewende früh aus der Bahn geschleudert

Erik Höhne (links / Vorstandsvorsitzender der Enervie) und Wolfgang Struwe (rechts / Vorstand)
Erik Höhne (links / Vorstandsvorsitzender der Enervie) und Wolfgang Struwe (rechts / Vorstand) © privat

Das Unternehmen, dessen Hauptanteilseigner die Städte Hagen und Lüdenscheid sowie das Entsorgungsunternehmen Remondis aus Lünen sind, war im Zuge der Energiewende schwer aus der Bahn und an den Rand einer Insolvenz geschleudert worden, nachdem die Erlöse aus eigener Erzeugung im Kohlekraftwerk (KKW) Elverlingsen, dem Pumpspeicherkraftwerk in Rönkhausen und den Gas- und Dampfturbinenkraftwerken (GuD) in Hagen und Herdecke weggebrochen waren. „Enervie hat das im Vergleich zu den Großen sehr früh erlebt. Wir weichen von unserer Ausstiegsstrategie aus konventioneller Erzeugung nicht mehr ab“, verspricht Höhne weiter einen klaren Kurs.

Endgültiges Aus für Kohlekraftwerk im März 2018

Das KKW in Werdohl-Elverlingsen ist nur noch Auslaufbetrieb. In einem Jahr, genau am 31. März 2018, wird auch der letzte und modernste Block „E4“ stillgelegt. „Von der Technik her hätte er noch 15 Jahre laufen können“, sagt der Ingenieur und frühere RWE-Mann Höhne. Betriebswirtschaftlich mache es für Enervie aber keinen Sinn mehr. Lange hatte das Unternehmen auf ein positives Signal Richtung Kapazitätsmarkt aus der Politik gewartet. Als einer der ersten in der Branche hatte der damalige Vorstand Ivo Grünhagen die Notwendigkeit angemahnt, stieß aber letztlich auf relativ taube Ohren.

Enervie-Geschäftsjahr 2016 in Zahlen

Umsatz: 809 Millionen Euro gegenüber 850 Millionen Euro 2015.

EBT - Ergebnis vor Steuern abzüglich Abschreibungen und Rückstellungen (z.B. für Pensionsrückstellungen): 30,2 Millionen Euro (2015: 3,5 Millionen).

Schuldenstand: aktuell rund 180 Millionen Euro (2015: ca. 280 Millionen Euro).

Zahl der Vollzeitarbeitsplätze: 970 (2015: 1070). Ziel bis Ende 2019: 820.

Das Kraftwerk hätte dann als „Reserve“ für flaue und dunkle Tage herhalten können, also immer dann, wenn zu wenig Strom aus Erneuerbaren Energien ins Netz eingespeist wird. Ein Plan, den heute auch die Großen wie Eon und RWE für notwendig halten, soll die Versorgungssicherheit am Industriestandort Nordrhein-Westfalen nicht in Gefahr geraten.

Gaskraftwerk am Strom

Dass konventionelle Erzeugung sich an manchen Tagen noch lohnt, zeigt das Beispiel GuD-Herdecke. Schon eingemottet, machte Enervie die 420-Megawatt-Turbine in der zweiten Jahreshälfte 2016 wieder flott. Immerhin 1200 Stunden lief das gemeinschaftlich mit Statkraft betriebene GuD. Erwartet hatte Enervie null Stunden. Auch im Januar und Februar dieses Jahres war die Strompreissituation an der Börse so, dass das Kraftwerk 476 Stunden lief und Strom ins Netz einspeiste. Seit März steht es still, könnte aber innerhalb eines halben Tages wieder anlaufen. „Das GuD funktioniert für uns nur, wenn es wirklich eng wird mit der Versorgung auf dem deutschen Strommarkt“, sagt Höhne.

Nahwärmekonzept für Wohnquartier

Das Hauptaugenmerk bei Enervie liegt also definitiv nicht mehr auf Erzeugung. Wenn kleinere Projekte im Bereich Erneuerbare Energien wie jüngst die Inbetriebnahme einer Windkraftanlage an der Versetalsperre angestrebt werden, geht es weniger darum, rund 2000 Haushalte mit Strom versorgen zu können.

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Enervie hat nach wie vor Know-how und will dieses weiter nutzen. Die eigentliche Rendite liege in der Projektentwicklung. Enervie will künftig für ganze Wohnquartiere die Energieversorgung, ein „Nahwärmekonzept“ auf Basis Erneuerbarer und moderner Technik entwickeln. Eine Nische, die zu dem selbst ernannten „Regionalwerk“ passt. Ein Pilotprojekt beginnt gerade für 35 Wohneinheiten in Schalksmühle.

Dividende erst mittelfristig in Sicht

Wachstum sieht das Unternehmen auch im Bereich des „Contractings“ beim Thema Erneuerbare Energien und Effizienz. Sei es ein Blockheizkraftwerk oder modernste LED-Beleuchtung für Firmenhallen – der Versorger will hier Unternehmen das Produkt vermieten und gleichzeitig einen Teil des Effizienzgewinns abschöpfen. Das Geschäft wird für den regionalen Versorger in Zukunft also viel kleinteiliger und weniger Risiko behaftet.

Laut Vorstand lief das Jahr 2016 zwar besser als geplant. Eine Dividende soll es dennoch erst mittelfristig für die überwiegend kommunalen Anteilseigner geben, um bei der Erschließung neuer Geschäftsfelder handlungsfähig zu sein.