Hagen. . Ausgerechnet vor der Olympia-Saison drohte Skirennfahrer Andreas Sander eine Schulter-Operation. Wie sein Physio Steffen Barth diese verhindert.
- Dem Skirennfahrer aus Ennepetal drohte eine Schulter-Operation
- Sander gewährt Einblicke in Behandlung bei Physiomed in Hagen
- Cheftrainer Berthold lobt: „Ich halte große Stücke auf Andreas“
Dieser Anruf war eine Art Notruf. Steffen Barth erhielt ihn kurz nach der Weltmeisterschaft der alpinen Skirennfahrer. Besonders zwei Worte ließen dem Physiotherapeuten erst den Schreck in die Glieder fahren und ihn dann handeln, und zwar unverzüglich: Schulter war das eine Wort, Operation das andere. „Wir sind zu dritt zum Olympiastützpunkt nach Sonthofen gefahren und haben ihn einen Tag lang fast rund um die Uhr behandelt“, verrät Barth.
Ihn – damit meint Barth den aus Ennepetal stammenden Skiprofi Andreas Sander, der in diesem Winter seine bislang beste Saison im Weltcup absolvierte und zur Nummer 1 im deutschen Speedteam aufstieg.
Ziel: Medaille bei Olympia
„Andreas ist zielstrebig, zielorientiert und ein hart arbeitender Rennfahrer. Ich halte große Stücke auf ihn“, sagte deshalb Mathias Berthold, Cheftrainer des Deutschen Skiverbandes, im Gespräch mit dieser Zeitung über den 27-jährigen Sander. Und: „Andreas hat in der letzten Saison – wie auch in den vergangenen Jahren – eine sehr positive Entwicklung gezeigt.“
Sollte diese vor dem so wichtigen Sommertraining für die nächste Saison mit dem Höhepunkt Olympische Winterspiele 2018 in Pyeongchang durch eine Operation an der Schulter gefährdet werden? „Ich habe ihm abgeraten. Wir haben sieben Gelenke in der Schulter“, sagt Barth. „Bei nur einem klitzekleinen Fehler könnte Andi 2018 abhaken.“
Nichts liegt Sander, dem Ski-Exoten aus Westfalen, ferner. Im Gegenteil: Der Ennepetaler identifiziert sich mit dem von seinem Cheftrainer unlängst ausgegebenen, durchaus ambitionierten Ziel, bei Olympia 2018 um Speed-Medaillen fahren zu wollen.
Auch unmittelbar nach der Rückkehr vom Weltcup-Finale in Aspen/USA, das Sander in der Abfahrt mit einem sechsten Platz beendete, führt in sein Weg deshalb in Steffen Barths Reha-Zentrum Physiomed in Hagen. Dort gewährt er dieser Zeitung einen seltenen, intimen Blick auf seine Schulterbehandlung. „85 Prozent der Operationen an Wirbelsäule oder Schulter können wir verhindern, indem wir Muskeldysbalancen beheben“, erzählt Steffen Barth.
Das ist auch das Ziel bei Andreas Sander, der nur mit einer Unterhose bekleidet auf der Therapieliege entspannt; während Barth sowohl durch Handtechniken, mit seinem speziellen Sanotape und kleinen Lasergeräten den muskulären und absolut austrainierten Körper des Athleten behandelt. Im Hintergrund dudelt leise Musik.
Seit seinem Titelgewinn bei der Junioren-Weltmeisterschaft 2008 im Super G vertraut Sander auf Barths Expertise. Besonders intensiv war die Zusammenarbeit, nachdem er sich bei einem Sturz in der WM-Abfahrt 2011 in Garmisch-Partenkirchen einen Innenbandriss im rechten Knie zugezogen hatte und nach einem Kreuzbandriss zwei Jahre später.
Am Start fehlte Sander die Power
„Andi wird in den zwei Tagen, die er in Hagen ist, mit 40 bis 50 verschiedenen Techniken behandelt“, erklärt der Physiotherapeut. Das seit einem Trainingssturz malade Handgelenk, die Überbeine an den Füßen auf Grund der zwar passgenau angefertigten, aber stets ein oder zwei Nummern zu klein getragenen Skischuhe, werden ebenso intensiv gepflegt wie die Schulter.
„Ich hatte im vergangenen Herbst ziemliche Einschränkungen beim Athletiktraining“, sagt Andreas Sander über seine Schulterprobleme. „Das darf dieses Mal nicht wieder passieren.“
Stichwort: Olympia!
Während der Rennen hätten ihn die Schulterschmerzen natürlich nicht behindert, berichtet Sander, „aber ich hatte beim Start weniger Power“. Er besitzt demnach Steigerungspotenzial. „Aktuell ist sein Leistungsvermögen größer, als es die Ergebnisse zeigen“, erklärte auch Mathias Berthold.
Materialtests in Schweden nach DM
Nach den bevorstehenden Deutschen Meisterschaften fahren Sander und Co. für zwei Wochen zu Materialtests nach Schweden, bevor Ende April eine dreiwöchige Pause eingeplant ist. Dann startet die Vorbereitung auf die Olympiasaison. Ohne vorherige Operation – und am liebsten komplett ohne Schulterschmerzen.