Meschede. . Mescheder Studenten haben ungewöhnliche Marketing-Konzepte entwickelt, die im Frühsommer an medizinischen Fakultäten getestet werden.

  • Ungewöhnliche Marketing-Konzepte sollen Medizinstudenten ins Sauerland locken
  • Mescheder Fachhochschul-Studenten haben eine Menge von Ideen entwickelt
  • Start der Aktion im Sommersemester dieses Jahres geplant

Grabstätte auf Weihnachtsmarkt mit trauernden Angehörigen? Speziell nach dem Berliner Anschlag zu makaber. Die Wasserleiche im Fluss, deren Leben leider nicht gerettet werden konnte, wurde als zu hart bewertet. Und auch die Idee mit den Zombies hat man verworfen. Aber spektakulär soll es dennoch werden.

Der Hochsauerlandkreis war der erste Landkreis in NRW, der begonnen hat, mittels eines Medizinstipendiums zukünftige Ärzte in die Region zu locken. Nun intensiviert er die Werbung dafür mit einem innovativen Ansatz: Studenten der FH Südwestfalen haben Konzepte für ein Guerilla-Marketing entwickelt. Einige davon sollen zu Beginn des Sommersemesters den Blick von Studenten an medizinischen Fakultäten in NRW aufs Sauerland richten.

Aufmerksamkeit kostengünstig

„Das ist die Idee von Guerilla-Marketing“, erklärt Marketing-Professorin Anne Jacobi von der FH in Meschede: „mit ungewöhnlichen, überraschenden und kreativen Aktionen Aufmerksamkeit erzeugen“. „Und zwar kostengünstig“, ergänzt Frank Kleine-Nathland. Er spricht für den Verein, der sich ums Medizinstipendium kümmert. Der gehört mit Sauerland Initiativ und der Südwestfalen Agentur zu den Auftraggebern des Ideenwettbewerbs. Es gab schon frühere Kooperationen, etwa eine Untersuchung zur Lebensqualität.

Medizinstipendium startete im Jahr 2012

Das Medizinstipendium fördert seit 2012 fünf Studenten bis zu vier Jahre lang mit jeweils bis zu 500 Euro pro Monat, wenn sie sich verpflichten nach dem Studium eine Zeit lang im Sauerland zu arbeiten. Seit 2016 arbeiten die ersten vier Stipendiaten im Hochsauerlandkreis: drei von ihnen am Klinikum Arnsberg, die vierte absolviert eine Weiterbildung zur Allgemeinmedizinerin in Schmallenberg. Auch für 2017 sind wieder fünf Stipendienplätze geplant. Es gibt bereits eine Reihe von Interessenten. Die Bewerber stammen überwiegend aus Südwestfalen, sind jedoch in medizinischen Fakultäten in ganz Deutschland verortet.

Der Märkische Kreis und der Kreis Siegen-Wittgenstein haben inzwischen ähnliche Programme aufgelegt, im Kreis Olpe hat man sich dagegen entschieden, der Kreis Soest legt sich noch nicht fest.

Anne Jacobi hat in den Studiengängen Wirtschaft und Wirtschaftsingenieurwesen die verschiedenen Formen des Guerilla-Marketings sowie die Problematik der medizinischen Versorgung auf dem Land erklärt und dann zur Gruppenarbeit aufgerufen. Mit Ergebnissen, die den Auftraggeber zufriedenstellen? „Es sind einige sehr witzige Ideen dabei“, sagt Kleine-Nathland. „Ein paar sind etwas extrem. Wir werden wohl eine Kombination aus mehreren Konzepten umsetzen.“ Und zwar? Schweigen. „Wenn die Inhalte der Aktionen vorher verbreitet werden, ist es nicht mehr Guerilla“, erklärt Jacobi. „Dann fehlt der Überrumpelungseffekt.“

Aber ein paar Ideen dürfen wir verraten. Weil sie genau so eher nicht verwirklicht werden. Und weil die Medizinstudenten in Bochum, Essen und Münster das bis April oder Mai vielleicht auch wieder vergessen haben werden. Was also vorstellbar wäre:

Die Mensen erhalten Kaffeebecher, auf denen ein QR-Code zu einem Video führt, das die Unterschiede zwischen Stadt- und Landleben für Ärzte aufzeigt.

Ein krankes Kind wird in einem Unicef-Zelt behandelt, weil es keine regulären Ärzte mehr auf dem Land gibt.

Ein Model, auf dem (Bodypainting!) menschliche Organe und Blutgefäße zu sehen sind, betritt einen Hörsaal, zieht eine Kuh aus Pappmasche hinter sich her und es ertönt das Lied „Sauerland“.

Ein „Superpfleger“ im Superhelden-Outfit schiebt einen alternden Arzt im Rollstuhl in einen Hörsaal.

Flashmob an medizinischer Fakultät: Alle zehn Sekunden fällt ein Teilnehmer um. Eine Megafon-Durchsage informiert über Ärztemangel auf dem Land.

Flyer genügen nicht

Alle diese Aktionen sind der Auftakt zum Verteilen von Informationsmaterial zum Medizinstipendium. Den Teil kennt Frank Kleine-Nathland bereits. Er hat schon mehrere medizinische Fakultäten besucht und Werbung für die Region gemacht. „Aber letztlich gibt man einen Flyer ab und ist damit nur einer von zig Bewerbern um medizinische Fachkräfte“, sagt er. Das soll nun anders werden. Das Sauerland geht voran. Zwangsläufig. Denn im größten Flächenkreis Nordrhein-Westfalens ist der Altersdurchschnitt vieler Fach- und Hausärzte besonders hoch.