Südwestfalen. . Demografischer Wandel, schlechte Prognose, keine Zukunft? Von wegen - Südwestfalen ist eine lebenswerte Region. Das wissen Sauer- und Siegerländer.

  • Die Marke Südwestfalen ist in der Republik noch nicht bei allen bekannt
  • Freudenberger Botschafter besuchen Neubürger
  • Hochschulen als Magneten für Jobsucher

Nicht aber die Facharbeiter in der Republik, die auf Arbeitssuche sind. Um möglichst viele von ihnen in die Region zu locken, hat die Südwestfalen Agentur gemeinsam mit Unternehmern, Universität Siegen und Kommunen 2012 das Projekt „Perspektive Südwestfalen“ ins Leben gerufen. EU- und Landesmittel in Höhe von 485 310 Euro stehen zur Verfügung, um Neubürgern die Region schmackhaft zu machen und Studierende zu überzeugen, nicht in die Metropolen zu ziehen. Mit dem Geld sollen konkrete Willkommensangebote erarbeitet werden, die junge Familien mehr als nur einen Jutesack mit Info-Broschüren bieten.

Die Lage

Der Bevölkerungsschwund trifft vor allem den ländlichen Raum. Die Kommunen in Südwestfalen verlieren laut Statistik bis 2030 im Durchschnitt zehn bis 20 Prozent ihrer Einwohner. Dörfer und kleinere Städte dünnen aus. Allein die 18 000 Seelen zählende Stadt Freudenberg wird in 14 Jahren insgesamt 1400 Einwohner verlieren.

Das Projekt

Wie heißt man heutzutage Neubürger in einer Stadt willkommen? Diese Frage hat sich die Südwestfalen Agentur gestellt. Die 59 südwestfälischen Kommunen, Arbeitgeber und Einzelhandel wurden 2012 aufgefordert, sich an einem runden Tisch zu versammeln, um entsprechende Angebote zu erarbeiten. „Ziel ist es, gemeinsam zu handeln“, berichtet Marie Ting, Regionalmarketing-Managerin der Südwestfalen Agentur. Der Kreis Siegen-Wittgenstein dient als Modellkreis. „Kommunen und Unternehmen sollen für das Thema Willkommenskultur sensibilisiert werden“, erklärt Marie Ting.

Am Ende stünden attraktive Modellbausteine, die allen Kommunen angeboten werden sollen. Zurzeit werden Hilfestellungen für Städte und Gemeinden entwickelt, beispielsweise Check-Listen und Vorlagen. Die Südwestfalen Agentur versteht sich als Netzwerker. „30 Kommunen haben erneut am sechsten runden Tisch vergangenen Dienstag teilgenommen“, erzählt Marie Ting. In Zeiten knapper Haushalte mache es einfach keinen Sinn, dass 59 Kommunen und jeder Arbeitgeber alleine und losgelöst denkt. „Das ist unwirtschaftlich.“

Die Beispiele

Ein besonderes Angebot für Neubürger bietet Freudenberg. Dort warten ehrenamtliche Dorfbotschafter in 17 Ortsteilen auf zugezogene Mitbürger und unterstützen sie in allen Belangen. Rund 700 bis 800 Neubürger werden jedes Jahr erwartet. Auf Wunsch besuchen die Dorfbotschafter sie zu Hause und heißen sie willkommen. Sie helfen ihnen auch, sich in das Dorf- und Vereinsleben zu integrieren. Einen persönlich geführten Stadtrundgang, der keinen Cent kostet, bietet die Wirtschaftsförderung in Siegen an.

Während Bewerber ein Vorstellungsgespräch führen, wird den mitgereisten Familienmitgliedern Lust auf Siegen gemacht. In Arnsberg erhalten Neubürger ein Begrüßungspaket mit Gutscheinen im Wert von über 80 Euro. Und die Stadt Olpe lockt mit einer Kreuzfahrt auf dem Biggesee. Andere Kommunen laden zu Grillfesten ein. In Schmallenberg findet zweimal jährlich ein Neubürgertreffen statt. Bürgermeister Bernhard Halbe: „Bei uns gibt es genügend Arbeits- und Kindergartenplätze. Wir sind offen für Neues, um Neubürger zu gewinnen.“

Der Wissenschaftler

Für Ewald Mittelstädt, Wirtschaftsprofessor an der Fachhochschule Südwestfalen in Meschede, hat man sich bisher zu viel damit ­beschäftigt, wie man Menschen in der Region hält und zu wenig ­damit, wie man Zuwanderer ­anlockt. Mit ihrem Projekt der Willkommenskultur für Neubürger sei die Südwestfalen Agentur auf dem ­richtigen Weg. „Aber das kann nur ein Baustein von vielen sein.“ Wichtiger sei es, die Vernetzung von Unternehmern, Kommunen und Hochschulen allgemein weiter voran zu treiben.

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Trotz der Ballung von Weltmarktführern werde ­Südwestfalen in der Republik immer noch nicht als Marke wahrgenommen. Mittelstädt setzt vor allem auf die Hochschulen als Magneten: „Sie sind der Schlüsselfaktor. Die Erstsemester sollten gleich zu Beginn die Möglichkeit erhalten, die Region kennenzulernen.“ Den Freistaat Bayern, der systematisch die Attraktivität kleinerer Ortschaften im ländlichen Raum durch Ausgliederung von Hochschul-Fachbereichen erschließt, nennt Mittelstädt ein Vorbild.