Hagen/Düsseldorf. Die zweite Runde der Tarifverhandlungen beginnt am Montag. Ein Abschlusss liegt aber wohl noch in weiter Ferne.
In den Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen wird es ernst. Die erste Runde ist wie üblich mit dem Vortragen der unterschiedlichen Positionen der Tarifparteien zu Ende gegangen, in der zweiten am Montag Nachmittag in Düsseldorf soll um Inhalte gerungen werden. „Wir erwarten ein verhandlungsfähiges Angebot, das der volkswirtschaftlichen Vernunft entspricht“, sagt Knut Giesler, IG-Metall-Chef in NRW, im Gespräch mit unserer Zeitung.
„Wir werden versuchen, ein Angebot zu machen. Ich bin gespannt, ob wir uns verständigen können“, antwortet Arndt Kirchhoff, Präsident der Metallarbeitgeber in NRW und Unternehmer in Attendorn. Vor der Verhandlungsrunde wollen Kirchhoff und die Metall-NRW-Spitze in Düsseldorf zusammenkommen, um über die Höhe des Angebots zu beraten. Die Gewerkschaft hatte fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt gefordert und damit einen Sturm der Entrüstung im gegnerischen Lager hervorgerufen.
IG Metall erwartet Angebot von Arbeitgeberseite
„Die Fronten sind nicht so weit auseinander, wie viele glauben“, ist der Iserlohner Unternehmer Horst-Werner Maier-Hunke überzeugt, Vorsitzender des Märkischen Arbeitgeberverbandes und noch bis Juni Landesarbeitgeberchef - dann löst ihn Arndt Kirchhoff in diesem Amt ab. Die wirtschaftliche Situation rechtfertige die Fünf-Prozent-Forderung in keiner Weise, schränkt er ein, die Gewerkschaft müsse sehen, wie sie ohne Gesichtsverlust da wieder herauskomme.
„Die IG Metall hat Probleme, die Produktivitätsentwicklung zu erkennen, da ist sie weit von Gut und Böse entfernt“, kritisiert Maier-Hunke. In NRW herrsche Nullwachstum - „wo soll denn da etwas zum Verteilen herkommen?“ Die neue Tarifeinigung muss nach Auffassung des Arbeitgeberchefs daher bei einer Zahl liegen, die „weit unterhalb“ des letzten Tarifabschluss von 3,4 Prozent liegt. Ihm mache die zunehmende Tarifflucht große Sorgen. „In meinem Bezirk halten sich tarifgebundene und nicht tarifgebundene Unternehmen inzwischen fast die Waage“, ergänzt Maier-Hunke.
Davon, dass die Arbeitgeberseite einen Vorschlag macht, geht auch die IG Metall in Südwestfalen aus. Und zeigt sich reserviert. „Ich glaube, dass die Arbeitgeber ein Angebot machen werden, aber ich glaube nicht, dass es verhandlungsfähig ist“, sagt Jens Mütze, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Hagen und steckt schon einmal den Zeitrahmen ab. Am kommenden Mittwoch tage die Tarifkommissionsrunde der Gewerkschaft im Schwerter „Freischütz“ und werde das weitere Vorgehen im Licht des Verlaufs der zweiten Verhandlungsrunde diskutieren. Dann werde sich zeigen, ob die Entwicklung in Richtung Warnstreiks gehe oder nicht. Vor dem Ende der Friedenspflicht am 28.April, von dem an gestreikt werden kann, ist noch eine dritte Verhandlungsrunde geplant. Rückenwind erhofft sich der Gewerkschafter, der nicht den Eindruck macht, er fürchte sich vor Warnstreiks, vom Stahl-Aktionstag am Montag in Duisburg.
Stichwort Pforzheim
Das Argument, die Fünf-Prozent-Forderung überfordere viele kleinere und energieintensive Unternehmen insbesondere aus dem Gießerei- und Schmiedebereich, lässt Mütze nicht gelten: „Schauen Sie doch mal bei den Wirtschaftsforschungsinstituten nach, was die Branche in den vergangenen Jahren an Gewinnen eingefahren hat. Sollten Unternehmen durch den Tarifabschluss in Schieflage kommen, kann man denen helfen.“
Das Stichwort heißt Pforzheim. Nach dem Pforzheimer Modell können für einen bestimmten Betrieb ergänzende tarifvertragliche Regelungen vereinbart werden, durch die befristet von tariflichen Mindeststandards abgewichen werden kann. „Damit können wir reagieren“, sagt Knut Giesler. Die Gewerkschaft könne jetzt nicht auf die Bremse treten: „Ich kenne kein Unternehmen, das durch Abschlüsse in der Vergangenheit in die Pleite getrieben worden wäre.“
Die Tarifpartner in der Metall- und Elektroindustrie hatten sich in der Tarifrunde 2015 auf ein umfangreiches Gesamtpaket zum Entgelt, zur Altersteilzeit (flexibler Übergang in die Rente mit besonderer Berücksichtigung stark Belasteter) und zur Weiterbildung geeinigt. Zum 1.April gab es um 3,4 Prozent höhere Löhne und Gehälter sowie Ausbildungsvergütungen.