"Wetterjäger Südwestfalen" - Leidenschaft für extremes Wetter
•
Lesezeit: 4 Minuten
Winterberg. Fünf Freunde aus dem Sauerland teilen die Leidenschaft für extremes Wetter. Wenn es so richtig ungemütlich wird, sind sie in ihrem Element.
Fünf Freunde aus dem Sauerland sind fasziniert von Blitz und Donner.
In ihrer Freizeit jagen sie Wetterphänomenen hinterher.
Der Deutsche Wetterdienst schätzt die Arbeit der Wetterjäger.
Wenn es so richtig ungemütlich wird, sind fünf Freunde aus dem Sauerland nicht mehr zu halten: Dann heißt es, Kamera und Laptop einpacken und raus, dem Unwetter entgegen. Robin Feldmann (24) und Stefanie Niggemann aus Meschede, Benedikt Selter (30) und Kevin Schulze (21) aus Finnentrop sowie Stefan Falkenstein (27) aus Medebach sind die „Wetterjäger Südwestfalen“. Sie sind fasziniert von Blitz und Donner. Die Ergebnisse ihrer Ausflüge teilen sie mit Hilfe einer App und Facebook mit anderen.
Aussichtsturm Kahler Asten
Wann immer in Südwestfalen ein schweres Gewitter droht, treffen sich die Sauerländer auf ihrem „Aussichtsturm“, dem Kahlen Asten, von wo aus sie Wetterphänomenen per GPS hinterherjagen.
„Da kommen schon mal 300 Kilometer zusammen“, berichtet Benedikt Selter. Nasswerden nehme man ebenso in Kauf, wie mit Sturmfrisuren heimzukehren. Es sei ein zeitintensives und kostspieliges Hobby, führt der älteste im Bunde fort, der in einer Stahlhärterei arbeitet. „Andere gehen nach der Arbeit in die Disco, wir sind beim Hagelsturm zu Besuch.“ Für Weicheier sei das Hobby nichts.
Seit Jahren beschäftigen sich die fünf mit Computermodellen, bizarren Wolkenformationen, mit Cumuluswolken, die sich in Windeseile in neun Kilometer hohe Gewittertürme verwandeln können. Ihre Erfolgsformel lautet: strikte Arbeitsteilung.
Stefan Falkenstein ist der Frühmelder. Bevor er seiner Tätigkeit als Gärtner nachgeht, checkt er die Vorhersagen verschiedener Dienste. Robin Feldmann, der als Altenpfleger ausgebildet wird, ist der Administrator, derjenige, der die Internetseite pflegt. Der Jüngste, Kevin Schulze (Auszubildender), wird von allen „das Radar“ genannt. Er hat alles im Blick. Und Stefanie Niggemann? „Die hält alles zusammen, hat sich auf Werbung spezialisiert. Sie hatte die Idee für unser Logo, den mit Schirm ausgestatteten Bären“, erzählt Benedikt Selter, der Fotograf im Team.
Beruf und Hobby unter einen Hut zu bekommen, sagen sie alle unisono, sei nicht einfach. Aber die Sturm-Bilder entschädigten sie. Auch wenn sie so manches Mal vergeblich in den Himmel blickten und sich eine hellgraue Wolkenwand einfach auflöse, seien sie nicht traurig: „Dann haben wir fünf miteinander Spaß gehabt“, erklärt Robin Feldmann.
Selters aufregendstes Wettererlebnis war kein heftiger Sturm, sondern ein Sonnenaufgang bei Inversionswetterlage auf dem Kahlen Asten. „Wenn über dir die Sonne thront und unter dir der Nebel sich langsam auflöst, da überkommt dich ein Gefühl von Freiheit“, sagt er. Deshalb würden sie sich Wetter- und nicht Sturmjäger nennen.
Andreas Friedrich, der Tornadobeauftragte beim Deutschen Wetterdienst, schätzt die Zahl der Sturmjäger auf mehrere Hundert. „300 bis 400 sind zertifizierte Spotter, die uns ihre Daten über Skywarn zur Verfügung stellen. Im Gegenzug dürfen sie unsere Radarbilder benutzen.“
Die Arbeit der Sturmjäger bezeichnet Friedrich als „sehr wichtig“. Die Wetterdienste profitierten von den Augenzeugen vor Ort, die Details mitteilten. „Etwa die Größe von Hagelkörnern oder ob sich ein Tornado aufbaut. Dann können wir die Bevölkerung noch schneller warnen.“
Dem Tornadoexperten zufolge sind Fälle bekannt, bei denen Sturmjäger dafür sorgten, dass ein als harmlos klassifiziertes Gewitter noch rechtzeitig zu einer „violetten Unwetterwarnung“ wurde. An manchen Tagen erreichten bis zu 100 Sturmjäger-Meldungen den Deutschen Wetterdienst.
Der Bann der Blitze
Die „Wetterjäger Südwestfalen“, die (noch) keine Skywarn-Mitglieder sind, haben alle den US-Film „Twister“ gesehen. Mehrere Male. „Da könnte ich schon mitspielen“, sagt Selter, der weiß, dass 40 bis 80 Tornados im Jahr durch Deutschland fegen. In den USA sind es mehr als 1000. Dort werden die besten Stormchaser von Behörden so gut bezahlt, dass sie davon Leben können.
Davon können die Sauerländer nur träumen. Wie elektrisiert berichten sie über den Bann, den Blitze auf sie ausüben, von sich aufbauenden Windhosen. Fünf Freunde, die sich gefunden, die bei anderen Sturmjägern gelernt haben und seit einem Jahr gemeinsam der Leidenschaft für extremes Wetter frönen.
All das habe auch etwas mit Abenteuer zu tun, berichtet Selter. Sicherheit gehe aber immer vor: „Wenn Blitze zu nah herankommen, bleiben wir im Auto.“
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.