Meschede/Berlin. . Das schnelle Internet weist in Südwestfalen noch zahlreiche weiße Flecken auf. Ein neues Förderprogramm des Bundes soll Abhilfe schaffen. Der Breitbandausbau in Kreisen und Kommunen soll mit 2,7 Milliarden Euro gefördert werden.

  • Firmen verschicken Daten per DVD
  • Viele weißen Flecken in Südwestalen
  • Schnelles Internet für alle 2018

Der Bund fördert den Breitbandausbau in Kreisen und Kommunen in den nächsten Jahren mit 2,7 Milliarden Euro. Das Kabinett in Berlin hat der Richtlinie des Fördersystems gestern zugestimmt. Stefan Glusa, Geschäftsführer der Telekommunikationsgesellschaft (TKG) Südwestfalen, hat mit der WESTFALENPOST über diesen Beschluss und die Versorgung mit schnellem Internet in der Region gesprochen.

Bis 2018 soll jeder Deutsche mit 50 Megabit je Sekunde surfen können. Ist Südwestfalen dabei?

Stefan Glusa: Unser Ziel ist es, genau dafür zu sorgen, dass neben den beiden Landesförderprogrammen, auch Fördermittel des Bundes effizient in Südwestfalen eingesetzt werden können. Antragsteller werden die Kreise und Kommunen selbst sein, daher beraten wir diese im Vorfeld und bei der Antragstellung. Die Mittel werden nach einem komplizierten „Scoring-Modell“ vergeben. Wir haben uns früh in die Kommentierung der neuen Förderrichtlinie eingebracht und versucht, hier die Weichen richtig zu stellen, damit besonders die Gebiete von den Fördergeldern profitieren, die momentan noch am schlechtesten versorgt sind.

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Haben die Kommunen genug ausgearbeitete Projekte in der Schublade, um Geld zu bekommen?

Glusa: Unsere 59 Kommunen sind unterschiedlich weit. Viele haben eigene Förderanträge gestellt, und das soll auch so weitergehen. Für die Städte und Gemeinden im Hochsauerlandkreis und im Märkischen Kreis haben wir auf Kreisebene eine Koordinierung und Abfrage der förderfähigen Gebiete erarbeitet. Die ersten Schritte in diesen interkommunalen Förderprojekten für 70 Gewerbegebiete und 100 Ortschaften sind angelaufen. Da die Fördergelder ausdrücklich nicht nach dem „Windhundverfahren“ vergeben werden sollen, bleibt Zeit, die Dinge sorgfältig vorzubereiten. Immerhin soll mit einer Förderung aus öffentlichen Geldern ja kein „Mitnahmeeffekt“ bei den Anbietern entstehen, d.h. es dürfen keine Gebiete gefördert werden, die in den nächsten drei Jahren sowieso von Anbietern ausgebaut würden.

Wie ist der gegenwärtige Stand der Versorgung mit schnellem Internet in den Kreisen?

Glusa: Sehr unterschiedlich. Der HSK, der 2006 als erster Kreis begonnen hat, sich mit dem Thema zu beschäftigen, liegt als flächengrößter Kreis weit über dem Landesdurchschnitt. Wir haben völlig unterschiedliche topographische und infrastrukturelle Voraussetzungen in Südwestfalen, daher ist es erklärbar, dass der Versorgungsgrad nicht einheitlich sein kann.

Der Hochsauerlandkreis liegt nach Messungen des TÜV Rheinland bei einer Versorgung mit 83,2 Prozent weit vorne. Wie viel sagt dieser Durchschnittswert aus?

Glusa: Durchschnittswerte sind bei der Breitbandversorgung trügerisch, weil durch dichter besiedelte Bereiche mit vielen Anschlüssen schnell ein hohen Wert erreicht wird. In der Fläche sieht das anders aus. Da sind es die letzten fünf bis zehn Prozent der Fläche, die die höchsten Ausbaukosten verursachen. Und gerade diese Bereiche dürfen wir nicht vergessen, auch wenn wir insgesamt weit vorne liegen.

Gibt es wirklich noch Unternehmen, die Ihre Daten per DVD an die Kunden schicken?

Glusa: Doch, das kommt vor. Manchmal kann es ja sogar auch sinnvoll sein, mehrere Gigabyte lieber auf einem physischen Datenträger zu verschicken. Aber die Produktivität des Unternehmens darf durch langsames Internet nicht leiden. Hierzu beraten wir die Unternehmen, welche Alternativen es gibt. Es ist schon vorgekommen, dass der DSL Anschluss zwar langsam ist, aber sogar ein Glasfaserkabel eines regionalen Anbieters direkt am Grundstück im Gewerbegebiet vorbeiführt, an das sich die Firma anschließen kann. Dann ist ein schnellerer Anschluss eher eine Frage der Zahlungsbereitschaft.

Der Kreistag des Märkischen Kreises beschließt heute ein 11,2-Millionen-Euro-Programm für den Ausbau der Breitbandversorgung in Gewerbegebieten. Richtig?

Glusa: Absolut, denn um Fördergelder für Gewerbegebiete zu bekommen, muss immer ein Eigenanteil aufgebracht werden, bei einem kreisweiten Antrag sind das 20 Prozent. Die müssen im Haushalt berücksichtigt werden. Ob die gesamten 11,2 Millionen tatsächlich benötigt werden, hängt von den Angeboten der Anbieter im Förderverfahren ab.

Der Kreis Siegen-Wittgenstein hat die Erstellung eines Ausbaukonzeptes mit einem so genannten Deckungslückenmodell beschlossen. Ihre Bewertung?

Glusa: Auch das kann sinnvoll sein. Ein Vorbild dafür ist z.B. der Landkreis Marburg-Biedenkopf. Es gibt keine Einheitslösung beim Breitbandausbau, dafür sind die lokalen Gegebenheiten zu unterschiedlich. Deswegen haben wir den Kreisen in unserer Breitband-Agenda für Südwestfalen 2014 – 2020 bewusst eine Art Baukasten mit verschiedenen Maßnahmen vorgestellt, die zum Erfolg führen können.

Der Bund fördert, das Land fördert, die EU fördert. Kürzel wie GAK, RWP und GRW stehen für die Verbesserung der digitalen Infrastruktur. Behalten Sie den Überblick?

Glusa: Es ist unser Job, die richtigen Förderprogramme zu kennen. Dafür haben wir ein kleines Expertenteam und Breitbandkoordinatoren etabliert. Wir sind vom Breitbandbüro des Bundes zertifiziert und geben dieses Wissen an die Kreise und Kommunen weiter.

Wie groß ist die Bereitschaft der Unternehmen in einen leistungsfähigen Internet-Anschluss zu investieren? Mehr als 19.95 Euro pro Monat?

Glusa: Die Zahlungsbereitschaft ist sehr unterschiedlich und hängt sicherlich von der Art und Größe des Unternehmens ab. Klar ist, dass z.B. ein kleines Handwerksunternehmen nicht mehrere hundert Euro im Monat für einen Anschluss ausgeben kann. Wir stellen aber immer wieder fest, dass selbst in Unternehmen für die der Internetschluss eigentlich ein echter Produktionsfaktor ist, noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten ist. Ein Breitbandanschluss für Geschäftskunden hat eine völlig andere Qualität und Ausfallsicherheit, als ein DSL-Anschluss für Privatkunden, und damit natürlich auch einen höheren Preis. Jede Firma, die schon einmal längere Zeit eine Störung oder einen Totalausfall des Internet-Anschlusses erleben musste, kennt den wirklichen Wert einer guten Anbindung. Viele sind danach sogar bereit, in eine redundante Anbindung, also einen zweiten Anschluss über einen anderen Anbieter und eine andere Technologie zu investieren.