Welver. . Die Nachfrage nach Waren aus ökologischer Landwirtschaft ist groß – doch Bauern haben wenig davon. Auch bei Bio herrscht Billig-Mentalität.

Die Soester Börde ist für ihren besonders fruchtbaren Boden gerühmt. „Das ist wirklich so“, sagt Biobauer Klaus Balks-Dreckmann aus Welver-Dinker (Kreis Soest) und bewegt sich auf einem 13-Hektar-Feld, auf dem er Möhren anbaut. „Ohne den Einsatz von Chemie.“ An den Stellen, die seine Maschine vor Wochen beim Ausrupfen von Unkraut aus der Erde nicht erreicht hat, wurde arbeitsintensiv per Hand gejätet. „Man muss voll und ganz dahinter stehen“, sagt der Biobauer aus Leidenschaft.

Der 57 Jahre alte Westfale hat vor 25 Jahren seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf Bio umgestellt. „Der Hof musste sich entwickeln“, sagt er, „ich stand vor der Frage, einen großen Schweinestall zu bauen oder etwas anderes zu machen.“ Er machte etwas anderes. Damals etwas ganz anderes: ökologischer Landbau. „Auch weil im Ackerbau immer mehr Chemie zum Einsatz kam. Das wollte ich nicht.“

Raus aus der Nische

25 Jahre sind eine lange Zeit, in der sich viel getan hat. „Der Markt hat sich gewaltig verändert“, findet Klaus Balks-Dreckmann. Damals sei Bio noch eine Nische gewesen, in der die Ware nur über Naturkostläden vermarktet wurde. Heute zählt der Betrieb zur Naturland-Marktgenossenschaft in Lippetal-Lippborg, die Bio-Lebensmittel auch an Supermärkte, Discounter und Biomarkt-Ketten vertreibt.

Aldi, Lidl, Rewe, Edeka & Co. kommen nicht mehr ohne Bio-Waren in ihren Regalen aus. Mehr noch: Bio boomt bei den Handelskonzernen – dank großer Nachfrage bei den Verbrauchern. Da mutet es eigentlich paradox an, wenn die Zahl der Erzeugerbetriebe im Öko-Landbau in Deutschland sinkt (zum Beispiel in NRW im Jahr 2014 um 41 auf 1540) und die Fläche trotz staatlicher Förderung nicht größer wird. „Wir brauchen die Supermärkte, um die produzierten Mengen loszuwerden“, sagt Klaus Balks-Dreckmann. Zudem könne man angesichts einer bei manchen Verbrauchern verbreiteten Schwellenangst vor Bio-Läden breitere Bevölkerungsschichten mit Öko-Produkten erreichen. „Und es ist nie verkehrt, wenn die Menschen angeregt werden, sich Gedanken darüber zu machen, was sie so essen.“ Andererseits: Die Handels-Riesen – das wissen nicht nur Branchenexperten – haben die Marktmacht, die Preise zu diktieren. Und da kommt die urdeutsche Eigenart ins Spiel – eine Hauptsache-billig-Mentalität bei den Kunden. „Es ist schade, wenn das, was etwas mehr Geld kostet, weniger Ansehen genießt als das, was etwas weniger kostet.“

Und doch: Der Biobauer aus Welver-Dinker hat in den 25 Jahren nicht eine Sekunde seinen Schritt zum Öko-Landbau bereut. Vor einigen Jahren ist Sohn Friedrich (26) in den elterlichen Betrieb eingestiegen. Auch ein Überzeugungstäter im positiven Sinne. „Man lebt diese Kultur der Landwirtschaft viel mehr“, sagt er, „auch wenn reichlich Arbeit dahinter steckt.“

Der junge Öko-Landwirt, ausgebildeter Gemüsebauer, spricht von einer Bewusstseins-Veränderung, die die Bio-Branche bei den Verbrauchern ausgelöst habe. „Die Menschen wollen gesunde Lebensmittel, die nicht aus einer Massenproduktion stammen. Sie sind für Qualität und Regionalität sensibilisiert.“ Und für die Schonung der Umwelt.

Kein Berührungsängste

Das war auch der Hintergrund, warum Friedrich Balks-Dreckmann einen solarbetriebenen Jäte- und Ernteflieger entwickelte – und damit den Wettbewerb „Energie-Genie“ des Landwirtschaftlichen Wochenblattes Westfalen-Lippe gewann. Der Einsatz der selbstfahrenden und geräuschfreien Arbeitsmaschine spart jährlich 2700 Liter Diesel und 450 Traktorstunden. Die Maschine hilft dabei, das Unkraut ohne Einsatz der chemischen Keule in den Griff zu bekommen. „Das A und O im ökologischen Landbau.“

Vater und Sohn Balks-Dreckmann bauen auf 120 Hektar Fläche Möhren, Wurzelpetersilie, Kartoffeln, Kleegras und Getreide an. Pro Kilo Möhren bekommen sie derzeit 10 bis 15 Cent mehr als ein Betrieb der konventionellen Landwirtschaft. Und doch: Die „normalen“ und die Biobauern haben keine Berührungsängste. Sieht man sich als Konkurrenz? „Ach was“, sagt Klaus Balks-Dreckmann. „Wir sind keine Gegner.“