Hagen/Arnsberg/Siegen. Bio-Bauern in Südwestfalen sind nachdenklich geworden, ob die Erzeugerpreise den Aufwand lohnen. Supermärkte verkaufen biologisch Angebautes nicht viel teurer als konventionelle Ware. Eine Studie sieht viele Bio-Bauern vor der Rückkehr zur konventionellen Landwirtschaft. Spurensuche in der Region.

Die Nachricht klingt überraschend: Bio-Bauern stellen in zunehmender Zahl wieder auf konventionelle Produktionsweise um. Grund: Zu viele und zu teure Auflagen, die am Markt über den Preis nicht wieder hereingeholt werden können. Quelle ist eine jetzt bekannt gewordene Studie des Instituts für ökologischen Landbau in Braunschweig. Gilt das auch für Südwestfalen? Eine Spurensuche.

Heinz Bernd Schmidt aus Brilon ist nachdenklich geworden. Der Milchviehhalter, der 70 Kühe im Stall stehen hat, wirtschaftet biologisch, will sich aber nicht selbst ausbeuten. „Wir können die Auflagen, die wir haben, mit den Preisen, die wir bekommen, nicht hereinholen“, sagt er. „Daher überlegen wir, ob wir die biologische Schiene weiter fahren oder nicht.“ Mit wir meint er ebenfalls biologisch arbeitende Kollegen in der Umgebung.

Auch interessant

Was macht das Wirtschaften derzeit so schwierig, wo doch viele denken, biologisches Produzieren sei eine Goldgrube? Da gibt es die Auflagen an die Tierhaltung, an die Fläche - die Pachtpreise sind enorm gestiegen -, an die Futterqualität und viele mehr. Abgeholt wird die Milch von Schmidts Hof von der Molkerei Söbbecke im Westmünsterland, die wiederum Verträge mit dem Molkerei-Riesen Campina hat.

Bio nur eine "Nische"

Bio-Höfe sind in der Region dünn gesät - „drei bis vier Prozent der Milchviehbetriebe allenfalls“, schätzt der Bio-Bauer. Der nächste steht in Düdinghausen bei Medebach. Die Entscheidung ist nicht einfach, und sie ist derzeit völlig offen. „Dieses Jahr läuft der Vertrag noch“, sagt Heinz Bernd Schmidt. „Danach sehen wir weiter.“

Ist Schmidt ein Einzelfall, denken viele so? Eine Antwort fällt schwer, da das Sauerland nicht die klassische Region für Bio-Anbau ist. „Das ist nur eine geringe Menge - es gibt keinen Boom von Landwirten, die das machen wollen und auch keinen von Rückkehrern“, sagt Heinz Wilhelm Büscher, Geschäftsführer des landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr. „Bio ist bei uns eine Nische.“ Die Böden seien wegen der Höhenlagen vielfach nicht geeignet, die bei Bio-Anbau sinnvolle Direktvermarktung sei oft schwierig.

Auch interessant

„Dazu kommt, dass der Handel oft Größen verlangt, die wir nicht haben und die Molkereien als Abnehmer für Bio-Milch weit weg sind“, so Büscher - eben Söbbecke in Südlohn und die Upländer Bauernmolkerei in Korbach. Und, nicht zu vergessen, verkaufen die großen Supermarktketten biologisch angebaute Produkte „nicht so viel teurer“, als konventionelle.

Erhöhen der Subventionen sinnvoll?

„Ein Rückzug ist für mich kein Thema“, ist sich Reinhard Droste, Nebenerwerbslandwirt mit 15 Mutterkühen und 300 Legehennen in Arnsberg, sicher. Er hat aber auch noch einen Haupterwerb bei der Awo in Dortmund - erst nach Feierabend bewirtschaftet er seine 17 Hektar und verkauft seine Produkte an Bioläden und Reformhäuser in Arnsberg. Droste hofft, seinen Einsatz über die Preise honoriert zu bekommen und findet eine erhöhte Förderung gerechtfertigt.

Der Westfälische Landwirtschaftsverband in Münster will in der Aussage der Studie auch noch keinen Trend erkennen, weist aber darauf hin, dass es der Markt ist und damit die wirtschaftlichen Realitäten, die viele Bio-Bauern zum Umsteuern zwingen. „Die Produktionskosten bei uns sind nun einmal deutlich höher als etwa in Polen“, sagt Sprecher Hans-Heinrich Berghorn.

Und wenn der Verbraucher mehr als ein Drittel Aufschlag für Bio-Produkte bezahlen solle, dann streike er eben. Dieses Problem kann man seiner Ansicht nach nur auf eine Art und Weise lösen: „Dann muss man eben die Subventionen erhöhen.“ Ob das sinnvoll sei, stehe aber auf einem anderen Blatt.