Hagen. Einwände gegen das “Day of Song“-Aus mehren sich. Städte wie Hagen, Oberhausen, Iserlohn, Castrop-Rauxel und Duisburg wollen in eigener Regie weitersingen.

Bei Chören, Kommunen und Kirchen sorgt die Absage des Days of Song weiterhin für gewaltige Missklänge. Die Ruhr-Tourismus GmbH (RTG) als Organisator hatte kurz vor Ferienbeginn in einer Rundmail die Projektpartner sang- und klanglos über das Aus für das beliebte Mitsing-Festival informiert. Nun melden sich Akteure zu Wort.

Einsame Entscheidung

Empört ist Regina van Dinther, die Präsidentin des Chorverbandes NRW mit Sitz in Duisburg. Der größte Kulturverband im Land mit seinen rund 3000 Chören hat sich seit 2010 mit erheblichem ehrenamtlichen und finanziellen Engagement für den Day of Song eingesetzt, dafür 2014 zum Beispiel ein Liederbuch entwickelt und 63 000 Exemplare kostenlos zur Verfügung gestellt. Regina van Dinther: „Ich bin als Präsidentin im Vorfeld der Entscheidung gar nicht angesprochen worden, obwohl ich sogar gewähltes Mitglied der Verbandsversammlung des RVR bin.“

Der Chorverband will den finalen Schlussakkord nicht akzeptieren. Regina van Dinther: „Ich bin zuversichtlich, dass wir Wege finden werden, die Interessen der Sängerinnen und Sänger in NRW deutlich zu machen.“

„Für alle Zielgruppen ist der Zeitpunkt denkbar ungünstig"

„Die Zahlen waren trotz der bewusst in Kauf genommenen widrigen Umstände in 2014 immer noch höher als 2010“, sagt Werner Schepp. Der Professor für Chorleitung an der Folkwanghochschule Essen verweist darauf, dass beim ersten Day of Song 2010 rund 25 000 Sänger in 49 Städten aktiv waren. 2012 haben sich dann 50 914 Menschen in 101 Städten und Gemeinden angemeldet. Und 2014 waren es über 32 000 in 62 Kommunen.

Die Ursache für den Rückgang sieht Schepp in der Verlegung des Termins vom Juni auf den September durch die RTG, obwohl die Beteiligten davor ausdrücklich gewarnt hätten. „Für alle Zielgruppen, besonders Schulen und Kindergärten, ist der Zeitpunkt nach den Sommerferien denkbar ungünstig.“

Dortmund konnte aus diesem Grund überhaupt nicht teilnehmen. Werner Schepp plädiert ebenfalls für eine Fortführung. „Das gemeinsame Singen ist zu einem Markenzeichen für das Revier geworden. Würde man diese erfreuliche Entwicklung nun ersticken, so wäre das eine fatale Entscheidung mit verheerender Signalwirkung.“

Fehlende „touristische Strahlkraft“

„Der Day of Song ist eines der wenigen Großprojekte, die aus dem Kulturhauptstadtjahr weitergeführt wurden“, setzt Stefan Glaser , Beauftragter für die Kirchenmusik im Bistum Essen, gegen dieses Argument der RTG. Teilhabe, Integration, Netzwerk, Ehrenamt, und das alles kirchturmübergreifend: Welche Kulturhauptstadt-Aktion sonst habe diese Ziele so nachhaltig erreicht? Sinn sei es nicht, die Übernachtungszahlen in die Höhe zu treiben.

Glaser verweist darauf, dass der Mehrwert des gemeinsamen Singens sich nicht in Spektakeln wie dem Großevent 2010 auf Schalke widerspiegelt, sondern in der Vielzahl von Aktivitäten vor Ort: „Der Day of Song ist ein Projekt für alle Bürger des Ruhrgebiets und deren Lebensqualität.“

Day-Begeisterung im Sauerland

Auch aus dem Sauerland sind zahlreiche Chöre zum Day of Song ins Revier gefahren. Und nicht nur Ruhrgebietsstädte haben sich bei dem Festival in klingende Marktplätze verwandelt. Iserlohn etwa machte im vergangenen Jahr wie weitere 12 Kommunen außerhalb der Metropole Ruhr erstmals mit.

Lüdenscheid ließ sich davon so anstecken, dass die Stadt 2016 unbedingt dabei sein wollte. Kreisjugendchorleiterin Uta Minzberg: „Ich verstehe die Absage nicht. Das ehrenamtliche Engagement wird mit den Füßen getreten. Es ist jammerschade, das jetzt einfach kaputt zu machen.“

„Wir werden in Iserlohn selber etwas auf die Beine stellen, wenn es bei dem Aus für den Day of Song bleibt“, sagt Uta Minzberg. Auch Oberhausen, Castrop-Rauxel und Duisburg haben signalisiert, in eigener Regie weiterzusingen.

Der Hagener Generalmusikdirektor Florian Ludwig fasst die Standpunkte seiner Kollegen zusammen: „Jedenfalls wäre ich jederzeit bereit, den Day of Song mit unserem Orchester und den Chören der Stadt wie bisher zu unterstützen und zu organisieren. Und ich würde mich freuen, wenn die Ruhr-Tourismus sich doch noch umentscheidet und die Identifikation mit der Region als Standortfaktor und den Stolz auf sie als Anziehungspunkt für Touristen erkennt.“