An Rhein und Ruhr. Um Lücken im Haushalt zu stopfen, plant die Bundesregierung eine Anhebung der Ticketsteuer für Flüge. Airports an Rhein und Ruhr üben Kritik.
Flugreisen könnten im kommenden Jahr zum Teil deutlich teurer werden. Da die Bundesregierung dringend Löcher im Haushalt für das kommende Jahr stopfen muss, eine Folge des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts im November, soll nun die Luftverkehrsabgabe (umgangssprachlich „Ticketsteuer“ genannt) angehoben werden. Flughäfen in Grenznähe zu den Niederlanden, etwa Weeze, befürchten massive Standortnachteile.
Die Ticketsteuer wurde ursprünglich 2011 eingeführt und bringt bisher Einnahmen von rund einer Milliarde Euro im Jahr ein. Sie betrifft sämtliche Passagiere, die von deutschen Flughäfen abheben. Je nach dem Endziel der Reise werden zwischen 12,73 Euro und 58,06 Euro pro Ticket fällig. Nicht nur soll die Abgabe nun erhöht werden, auch ein Absenkungsmechanismus steht vor dem Aus, der greift, wenn die Einnahmen aus dem Emissionshandel für den Luftverkehr steigen. Das zusammen soll im nächsten Jahr bis zu 650 Millionen Euro bringen.
„Weiterer Wettbewerbsnachteil für deutsche Flughäfen“
Diese Aussichten sorgen in Weeze für Kopfschütteln. „Die geplanten Erhöhungen der Luftverkehrssteuer wird letztlich zu einem weiteren Wettbewerbsnachteil der deutschen Verkehrsflughäfen führen, sind die Steuern und Abgaben doch bereits heute überdurchschnittlich hoch“, erklärt Tom Kurzweg, Sprecher des Flughafen Weeze. So sei spürbar, „dass sich der deutsche Flugverkehr im europäischen Vergleich, nach den pandemiebedingten Einbußen, deutlich langsamer erholt“.
Als grenznaher Flughafen profitiere Weeze von Reisenden aus den benachbarten Niederlanden. Das könne schon bald nicht mehr der Fall sein. „Noch ist nicht definiert, in welcher Höhe die Luftverkehrssteuer wachsen wird – sie könnte jedoch zu gebremstem Wachstum führen, denn letztlich werden die erhöhten Gebühren für die Airlines auf die Ticketpreise umgelegt werden.“
Flughafen Dortmund: Standortkosten bereits heute sehr hoch
Nachteile für den gesamten deutschen Luftverkehr sieht auch der Dortmunder Flughafen. „Die Erhöhung ist besonders bedenklich, da die Standortkosten in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Standorten bereits sehr hoch sind“, erläutert Pressesprecherin Carolin Rathmann.
„Durch die zusätzliche finanzielle Belastung besteht die Möglichkeit, dass sich Fluggesellschaften vom deutschen Markt zurückziehen“, sieht sie die reale Gefahr der Abwanderung von Unternehmen. „Abhängig von der Preissensibilität und Anbindung der Passagiere besteht zudem das Risiko, dass sich der Flugverkehr auf nahegelegene Flughäfen in Nachbarländern verlagern könnte.“ Als Konsequenz leide nicht nur die Anbindung Deutschlands. Auch der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Luftverkehrs „und der deutschen Wirtschaft würde erheblich geschadet werden“.
Ryanair: Deutsches Luftverkehrssystem ist kaputt
Eddie Wilson, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Fluggesellschaft Ryanair, kritisierte erst vor wenigen Tagen, dass die deutsche Regierung „überhöhte Luftverkehrssteuern und Sicherheitsgebühren erhebt“. Diese hätten zu weniger Wettbewerb und höheren Flugpreisen für die deutschen Verbraucher geführt. „Das deutsche Luftverkehrssystem ist kaputt und muss dringend repariert werden.“
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Der deutschen Wirtschaft drohe ein Schaden von 8,5 Milliarden Euro für das Bruttoinlandsprodukt, sollte die ohnehin schon überhöhte Luftsicherheitsgebühr in Deutschland weiter erhöht werden. „Wir fordern die deutsche Regierung erneut auf, ihre Pläne zur Erhöhung der Sicherheitsgebühren ab 2025 aufzugeben und sie stattdessen mit sofortiger Wirkung zu senken. Dies würde die Zugangskosten in Deutschland senken, die Konnektivität und Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und die Flugpreise für deutsche Verbraucher senken, um das Wirtschaftswachstum zu fördern.“
Sommerurlaub wird für Millionen Reisende teurer
Der Deutsche Reiseverband (DRV) hält mit seiner Kritik an den Plänen der Ampel ebenfalls nicht hinterm Berg. „Die von der Bundesregierung geplante Erhöhung der Luftverkehrsteuer halten wir für falsch und lehnen sie ab. Sie würde den Sommerurlaub für viele Millionen Deutsche deutlich verteuern“, erklärt DRV-Präsident Norbert Fiebig.
„Schon heute reisen fast 20 Prozent weniger Menschen als noch Vor-Corona, weil die Preise für das Reisen durch Inflation und höhere Energiekosten erkennbar gestiegen sind.“ Durch politische Entscheidungen solle der Urlaub nun erneut verteuert werden. „Das ist eine soziale Frage mit Sprengkraft – insbesondere für Durchschnittsverdiener mit Familie und Kindern. Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung ihre Haushaltsprobleme auf dem Rücken von Urlaubern austrägt.“
Reiseversanstalter könnten auf Millionenkosten sitzen bleiben
Alexander Klay, Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, sieht zusätzliche Lasten für die Reisewirtschaft, die von der Politik kreiert werden. „Sollte die Luftverkehrsteuer für bereits bestehende Buchungen eingeführt werden, resultieren daraus für die Reiseveranstalter hohe Kosten, die sie nicht beeinflussen und auch nicht weitergeben können.“ Gerade in diesem Jahr würden die Deutschen ihren Sommerurlaub besonders früh buchen. „Da eine nachträgliche Preiserhöhung für bereits gebuchte Urlaubsreisen de facto nicht möglich ist, würden die Veranstalter auf zusätzlichen Kosten in Millionenhöhe sitzenbleiben.“
Der Verbandssprecher befürchtet enorme Auswirkungen durch die geplante Anhebung der Abgabe. „Erneute Erhöhungen werden Produktion in Deutschland kosten, Ertragssteuern und Wertschöpfung schmälern, Verlagerungen zu anderen Drehkreuzen bewirken und die Luftverkehrsanbindung wichtiger Wirtschaftsregionen in Deutschland erheblich verschlechtern.“
Verkehrsminister Wissing verteidigt die Pläne
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte im Interview mit dem „Handelsblatt“ die Pläne der Regierung jüngst noch verteidigt. „Wir müssen alles vermeiden, was unsere Luftverkehrswirtschaft einseitig trifft und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit einschränkt. Mit der Luftverkehrssteuer erfassen wir die Flüge aller Luftverkehrsunternehmen, die ab Deutschland fliegen.“ Diese Lösung sei für den inländischen Markt wettbewerbsneutral. „Die Kerosinbesteuerung hätte demgegenüber ‚Tanktourismus‘ begünstigt und hätte es uns außerdem erschwert, den Luftverkehr zu dekarbonisieren, weil sie leicht umgangen werden kann.“ mit dpa