Berlin. Unsere Vorfahren aßen viel Fleisch. Doch unser Heißhunger auf Kohlenhydrate ist laut Forschern ebenso alt. Was das fürs Abnehmen bedeutet.
Eine gesunde Lebensweise liegt immer mehr im Trend. Und das mit allem, was dazugehört: von regelmäßigem Sport bis hin zu einer Low-Carb-Diät, eine bewusst kohlenhydratarme Ernährung. Gerade Letztere fällt vielen allerdings auf Dauer ziemlich schwer. Aber woran liegt es, dass die meisten Menschen kohlenhydrathaltige Lebensmittel eigentlich so lieben? Der Antwort sind Forscherinnen und Forscher nun nähergekommen.
Ernährung: Forscher entzaubern Mythos vom fleischbesessenen Vorfahren
Früher, so heißt es, habe sich der Mensch vor allem von Fleisch ernährt und somit proteinreich. Doch das stellt jetzt eine aktuelle Studie aus den USA infrage, die in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht worden ist. Die Wissenschaftler haben aufgrund von Bakterien, die in Zähnen nachgewiesen wurden, herausfinden können, dass der Mensch schon zu Zeiten des Jägers und Sammlers auf eine stärke- und somit kohlenhydratreiche Ernährung setzte.
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Das Gen AMY1 produziert das Enzym Amylase, welches der Mensch benötigt, um Stärke in Einfachzucker aufzuspalten. Es handelt sich um einen Prozess, der für die Energiegewinnung nötig ist. Dieses Gen konnte nun nicht nur im frühen Homo sapiens, sondern auch in anderen Homini wie dem Neandertaler oder dem Denisova-Menschen festgestellt werden.
Kohlenhydrate: Anteil im Ernährungsstil nahm in letzten 4000 Jahren zu
Dass dieses Gen bei gleich drei menschlichen Spezies nachgewiesen werden konnte, deutet laut der Studie einerseits auf einen gemeinsamen Vorfahren und andererseits auf ähnliche kohlenhydratreiche Essgewohnheiten hin, wie der Mensch sie noch heute verfolgt.
Seit dieser Zeit haben sich die Kopien des Gens AMY1 im menschlichen Körper weiter vervielfacht. Diese genetische Eigenschaft hat sich demnach evolutionär als nützlich erwiesen und konnte der natürlichen Selektion standhalten. Die Zunahme der Genkopien in den vergangenen 4000 Jahren deutet auf einen immer stärker vertretenen Kohlenhydrat-Anteil im Ernährungsstil hin .
Weiterhin stütze die Studie die Theorie, dass sich das menschliche Gehirn mithilfe der Kohlenhydrate zu seiner jetzigen Größe entwickeln konnte – und nicht, wie lange geglaubt, aufgrund der Proteine –, erklärte Taylor Hermes, Assistenzprofessor in der Abteilung für Anthropologie an der University of Arkansas.
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Low-Carb-Ernährung birgt Risiken
Bei den verschiedenen Low-Carb-Diäten steht im Vordergrund, Körpergewicht zu verlieren, vor allem in Form von Körperfett. Weniger Kohlenhydrate bedeuten eine geringere Energiezufuhr, sodass der Körper die Fettreserven angreift und man schlussendlich abnimmt. Doch eine Low-Carb-Ernährung führt nicht unbedingt zu einem gesunden Lebensstil, erklärt etwa die Barmer-Krankenkasse. Wer bewusst auf Nudeln, Reis und Brot verzichtet, um sich von Kohlenhydraten fernzuhalten, steigt eher auf eine eher fett- und proteinreiche Ernährung um.
Eine zu fettreiche Ernährung, vor allem bei vorwiegend gesättigten Fettsäuren aus Butter, Wurst und Fleisch, kann Herzkrankheiten begünstigen. Und wenn Ballaststoffe im Essen fehlen, führt das möglicherweise zu Verdauungsproblemen und das Sättigungsgefühl hält weniger lang an. Erhöht sich der Verzehr von rotem Fleisch, steigt das Risiko für Darmkrebs. Durch eine generell einseitige Ernährung nimmt das Risiko für einen Mangel an Nährstoffen zu.
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Kohlenhydrate im Essen: Auswirkung auf Gehirn und Laune
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät daher im Allgemeinen von Low-Carb-Diäten ab und empfiehlt stattdessen eine Ernährung mit über 50 Prozent Anteil an Kohlenhydraten. Im Durchschnitt liegen die Low-Carb-Diäten gerade einmal bei halb so viel Kohlenhydraten (26 Prozent).
Sowohl der Körper braucht diese Energielieferanten jedoch für die Energiezufuhr als auch das Gehirn. Unser Denkorgan benötigt bei einem Erwachsenen zwischen 120 und 140 Gramm Glukose, um optimal arbeiten zu können – hergestellt über Kohlenhydrate durch Amylase. Ein Mangel an Kohlenhydraten geht also mit einer körperlichen und geistigen Leistungsminderung einher.
Außerdem kann Low-Carb-Ernährung die Stimmung negativ beeinflussen. Denn das Glückshormon Serotonin wird unter anderem mithilfe von Kohlenhydraten hergestellt. Stehen diese nicht zur Verfügung, kann Serotonin teilweise nur unzureichend gebildet werden.
Fazit: Kohlenhydrate sind für die normale Funktionstüchtigkeit und Gesundheit eines Menschen wichtig und sollten daher nicht allzu sehr aus dem Ernährungsplan ausgeschlossen werden. Denn ohne „Carbs“ kann nicht nur die Leistung abnehmen, sondern auch die ganze Entwicklung des Homo sapiens hätte anders aussehen können. Der moderne Mensch wäre also nicht der Mensch, den wir heute kennen, ohne seine geliebten Kohlenhydrate.
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