Berlin. Nach scheinbar bedeutungslosen Symptomen erhält eine Leserin die Diagnose Alzheimer. Unsere Expertin erklärt, was sie nun tun kann.
Die Diagnose Alzheimer ist wohl kaum vollständig zu verkraften. Besonders zu Beginn der Krankheit, wenn die Symptome noch nicht dauerhaft zum Vorschein kommen, haben die Betroffenen häufig eine Menge Fragen, für deren Beantwortung durch die behandelnden Ärzte nicht immer ausreichend Zeit zur Verfügung steht.
Deshalb hat die Funke Mediengruppe mit der Deutschen Hirnstiftung das Format „Die Hirn-Docs“ ins Leben gerufen. In diesem Rahmen konnten die Leserinnen und Leser ihre Fragen rund um neurologische Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Schlaganfälle sowie chronische Schmerzen einreichen. Die Top-Experten der Hirnstiftung stehen Rede und Antwort und beantworten die eingegangenen Fragen.
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Im aktuellen Fall schildert eine Leserin Ihre Sorgen seit der Diagnose. Alzheimer-Expertin Kathrin Reetz, geschäftsführende Oberärztin für Neurologie an der Uniklinik RWTH Aachen, erklärt, welche Schritte jetzt wichtig sind und wie man so lange wie möglich fit bleiben kann.
Alzheimer-Patientin: „Wie geht es nun weiter?“
„Seit 3 Wochen habe ich die Diagnose Alzheimer im Anfangsstadium. Im Oktober 2023 habe ich mich an meine Hausärztin gewandt, weil ich seltsame Veränderungen an mir wahrnahm. Ich vergaß, wo ich Dinge hingetan habe und diese blieben auch für immer verschwunden. Ich stand in der Wohnung und wusste nicht mehr, was ich gerade machen wollte. Und so manch andere Dinge machten mich stutzig.
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Mein leichtes Zittern in der rechten Hand verstärkte sich. Ich hatte fast täglich leichte Kopfschmerzen. Meine Handschrift veränderte sich. Ich schaltete mich aus Gesprächen raus. Es waren Kleinigkeiten. Jeder sagte, das sei normal im Alter. Ich bin 73 Jahre alt und sehr aktiv. Ich mache Sport, habe viele verschiedene Hobbys, bin so viel wie möglich mit Menschen zusammen, sehr gut im Organisieren, auch im großen Rahmen. Langeweile kenne ich nicht. Ich habe verschiedene Ehrenämter und eine gute soziale Bindung. Doch etwas bremste mich aus.
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Die langen Wartezeiten für MRT und andere Untersuchungen machen einen ziemlich fertig. Ein MRT-Befund ergab dann mehrere „mikroangioparthische Marklagerläsionen bihemisphärisch“. Wenn mein Rheuma-Arzt nicht eine seltsame Bemerkung zu diesem Befund gemacht hätte, hätte ich nicht gegoogelt, was das sein könnte. Es klang für mich nicht gefährlich. Doch das Erste, was da im Internet stand, war: Demenz.
Ich war geschockt und ließ mir einen Termin in einer Neurologischen Praxis geben zur Nervenwasserpunktion. Am Entlassungstag wurde ich im Arztgespräch informiert, dass ich mir keine Sorgen machen müsse. Es sähe ganz und gar nicht nach Demenz aus. Doch drei Wochen später kam der schriftliche Befund: Alzheimer. Seitdem tickt die Uhr anders. Erst konnte ich gar nicht klar denken. Wie geht es nun weiter?“
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Alzheimer-Expertin rät: „Das sind die besten Maßnahmen“
Prof. Dr. Kahtrin Reetz: „Die Diagnose einer Alzheimer-Krankheit ist für die meisten erst einmal ‚ein Schock‘ – so wie Sie es beschreiben. Daher ist es wichtig, dass bei der ärztlichen Befundmitteilung idealerweise zusammen mit dem Lebenspartner oder einem Familienangehörigen eine ausführliche Beratung stattfindet. Eine solche Beratung sollte ausführliche Informationen zu der Alzheimer-Krankheit umfassen, sowohl die medikamentösen Therapien und die nicht-medikamentösen Therapien, als auch psychosoziale Aspekte. Dies soll Ihnen helfen, um den weiteren Weg konkret gemeinsam mit Ihren Ärzten und Angehörigen zu planen.
Ihre Frage wurde nicht beantwortet? Dann haben Sie die Möglichkeit, Ihr Anliegen online bei der Deutschen Hirnstiftung einzureichen. Rufen Sie dazu einfach im Browser die Website https://hirnstiftung.org/beratung/ auf. In der angezeigten Eingabe-Maske können Sie dann Ihren Fall schildern. Die Experten melden sich dann schnellstmöglich zurück.
Zu den medikamentösen Therapien bei der Alzheimer-Krankheit zählen die Acetylcholinesterasehemmer und ein NMDA-Rezeptor-Antagonist. Es gibt drei verschiedene zugelassene Acetylcholinesterasehemmer zur Behandlung der leichten bis mittelschweren Alzheimer-Demenz: Donepezil, Galantamin und Rivastigmin. Für die mittelschwere bis schwere Alzheimer-Demenz ist zudem der NMDA-Rezeptor-Antagonist Memantin zugelassen.
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Bei Vorliegen von psychischen und Verhaltenssymptomen wie zum Beispiel einer Depression sollten auch diese mit in den Behandlungsplan integriert werden. Die nicht-medikamentösen Therapien umfassen Trainings in Einzel- oder Gruppenangeboten. Dazu zählen etwa Ergotherapie, kognitives Training und kognitive Stimulation. Auch die körperliche Aktivierung durch Ausdauer- und Krafttraining gehört dazu.
Zudem sollten Risikofaktoren wie zum Beispiel ein unbehandelter Bluthochdruck oder eine Schwerhörigkeit identifiziert und bestmöglich behandelt werden. Weitere beeinflussbare Risikofaktoren sind eine traumatische Hirnverletzung, übermäßiger Alkoholkonsum, Übergewicht, schlechter und nicht-ausreichender Schlaf, Rauchen, Depressionen, soziale Isolation, körperliche Inaktivität, Diabetes mellitus und Umwelteinflüsse wie Feinstaub.
Darüber hinaus sollte der zukünftige Behandlungsplan gemeinsam besprochen werden. Die Einbindung der betreuenden Personen ist hierbei ein zentraler Bestandteil. Dazu zählen die Fragen, wie genau die weitere Behandlung aussieht (z.B. Verlaufskontrollen, ggf. Teilnahme an klinischen Studien), welche Aktivitätseinschränkungen überprüft werden sollen (Fahreignung) und welche weiteren Maßnahmen (z.B. Vorsorgevollmacht) ergriffen werden sollten. Wenn Ihnen die Krankheitsverarbeitung lange schwerfällt, besteht zudem die Möglichkeit einer psychotherapeutischen Behandlung.
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Schließlich sind noch die verschiedenen Beratungsanlaufstellen, regionale Selbsthilfegruppen und Psychoedukationsprogramme zu nennen, über die informiert werden sollte. Ihre vielfältigen, teils ehrenamtlichen und sozialen Aktivitäten, vielen Hobbys und Sport sind enorm wichtig und es ist zu empfehlen, diese so lange wie möglich beizubehalten. Denn regelmäßige Bewegung und Sport, ausreichend Schlaf sowie geistige Forderung und soziale Einbindung sind die besten Maßnahmen, um den weiteren Erkrankungsverlauf positiv zu beeinflussen.“