Berlin. Im Urlaub krank sein, obwohl man sich nach wochenlangem Stress auf Erholung gefreut hat: Dahinter verbirgt sich die „Leisure Sickness“.
Mit dem Urlaub sollte die Erholung beginnen, doch für viele beginnt die Ferienzeit mit dem genauen Gegenteil: Die Nase läuft, der Kopf schmerzt, eine Krankheit macht sich breit. Wer glaubt, es sei reiner Zufall, dass man ausgerechnet in den ersten Urlaubstagen krank wird, der irrt. Hinter diesem Phänomen verbirgt sich die sogenannte „Leisure Sickness“.
Urlaubskrankheit: Jeder Fünfte ist betroffen
Im Urlaub oder am Wochenende krank zu werden, ist keine Seltenheit. Laut einer repräsentativen Online-Umfrage der Internationalen Hochschule Bad Honnef-Bonn (IUBH) sind rund 20 Prozent der Deutschen von der Leisure Sickness (übersetzt: Freizeitkrankheit) betroffen. Die Symptome reichten von grippalen Infekten mit Halsschmerzen und Fieber über Müdigkeit bis hin zu Übelkeit. Sogar Herzinfarkte können auftreten, so die Studie.
Betroffen sind laut der Studie vor allem Menschen, die beruflich sehr ehrgeizig und ständig erreichbar sind, während Menschen mit einem ausgeglichenen Berufs- und Privatleben seltener an der Freizeitkrankheit leiden. Außerdem würden die Betroffenen schlechter schlafen als ihre Kollegen und sie seien eher bereit, unbezahlte Überstunden zu leisten.
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Krank im Urlaub: Ursachen der Leisure Sickness
Für die Leisure Sickness gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Die einfachste ist nach Ansicht mehrerer Experten, dass der Körper während des stressigen Alltags gesundheitliche Warnsignale ignoriert. Sobald Entspannung eintritt, werden diese Signale wahrgenommen. „Viele merken erst in den Erholungsphasen, wie sehr sie sich körperlich und geistig angestrengt haben“, wird auch Stephan Gill, Pressereferent der AOK Hessen, in der Mitteilung zur Studie zitiert.
Eine weitere Erklärung sehen viele Fachleute im Zusammenspiel von Sympathikus und Parasympathikus, zwei Teilen des vegetativen Nervensystems. Der Mensch braucht beide – aber es kann immer nur eines der beiden Systeme aktiviert sein. „Sobald der Organismus mit einem Stressor konfrontiert wird, wird der Sympathikus aktiviert und versetzt den Körper in eine erhöhte Reaktionsbereitschaft“, berichtet die Pharmazeutische Zeitung. Dies führe zu einer kurzfristigen Entzündungsreaktion, die wie ein erster Schutzwall gegen potenzielle Krankheitserreger wirke. Lasse der Stress nach, komme der Parasympathikus ins Spiel, so die Fachzeitschrift. Unter seiner Regie würde der Körper die Produktion von Abwehrzellen herunterfahren, sodass Krankheitserreger leichtes Spiel hätten.
Das zeigt auch eine weitere Studie der Technischen Universität Dortmund unter der Leitung von Carsten Watzl vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung. Bei der Untersuchung der Blutwerte von Studierenden vor, während und nach einer Prüfungsphase stellten Watzl und sein Team fest, dass die Zahl der Monozyten, die für die Abwehr von Krankheitserregern zuständig sind, vor allem nach der Prüfung abnahm.
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So lässt sich Leisure Sickness vermeiden
Funktioniert das Zusammenspiel von Sympathikus und Parasympathikus nicht reibungslos, gelingt die Entspannung nach der Arbeit weniger gut und das Risiko für Leisure Sickness steigt. „Eine dauerhaft hohe Arbeitsbelastung ohne Erholungsphasen kann zu psychosomatischen Erkrankungen führen“, betont auch Stephan Gill. Die Lösung liegt daher auf der Hand: Auch in herausfordernden oder stressigen Zeiten sei ein Wechsel von Anspannung und Entspannung wichtig.
Hier helfe es, so Gill, im Hinblick auf den Urlaub, Übergaben an Kolleginnen und Kollegen von langer Hand vorzubereiten – und nicht alles in letzter Minute zu erledigen. Auch unter der Woche sollten sich Berufstätige Minuten und Stunden der Entspannung schaffen, zum Beispiel durch eine gesunde Pausen- und Esskultur. Regelmäßige Bewegung und Sport gehören laut Mitteilung ebenfalls zu den besten Mitteln gegen Stress.