Berlin. Der Fall Arian weckt viele Unsicherheiten. Doch wie kann man den eigenen Nachwuchs bestmöglich auf gefährliche Situationen vorbereiten?
Im Leben eines Elternteils gibt es wohl kaum ein Szenario, das schlimmer sein könnte: Das eigene Kind ist plötzlich verschwunden. Allein der Gedanke daran lässt bei vielen das Herz schneller schlagen. Immer wieder hört man in Deutschland von Fällen, in denen Eltern ihre Kinder nicht mehr finden können und sie deshalb als vermisst melden.
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Zuletzt sorgte der Fall des sechsjährigen Arian aus Bremervörde für Schlagzeilen, der am 22. April aus seinem Elternhaus verschwand und bis heute unauffindbar ist. Die Polizei veröffentlichte zudem vor Kurzem das Foto eines 9-jährigen Jungen aus dem nordrhein-westfälischen Rhede, der seit dem 14. Mai vermisst wird.
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Diese Notfallinformationen sollte Ihr Kind kennen
Durchschnittlich 15.800 Kinder werden laut Bundeskriminalamt jährlich in Deutschland als vermisst gemeldet, 97 Prozent davon tauchen innerhalb eines Jahres wieder auf. Dennoch ist es wichtig, dass Eltern frühzeitig präventive Maßnahmen ergreifen, um ihre Kinder für den Notfall zu sensibilisieren und ihnen und sich selbst das richtige Verhalten nahezubringen.
Der erste und wichtigste Schritt ist hier eine offene und ehrliche Kommunikation. Am besten sprechen Sie mit Ihrem Kind regelmäßig und in verständlicher Sprache über Sicherheit und darüber, was zu tun ist, wenn es sich verirrt oder in eine unangenehme Situation gerät. Zu große Angst sollte man seinem Kind dabei aber nicht machen. Einige grundlegende Informationen wie Ihren vollständigen Namen, Ihre Telefonnummer und Adresse sowie die Notrufnummer 110 sollte Ihr Nachwuchs auswendig kennen. Betonen Sie, dass es im Ernstfall ohne Geld und ohne SIM-Karte mit jedem Handy und von jeder Telefonzelle aus die Polizei rufen kann.
In einem Leitfaden für Eltern empfiehlt die Polizei Münster, dem Kind die Bedeutung von Pünktlichkeit und Absprachen zu vermitteln. Da Kinder vor allem durch Nachahmung lernen, sollten Sie getroffene Vereinbarungen auch selbst immer einhalten. Erklären Sie Ihrem Kind, wohin Sie gehen und wann Sie zurückkommen.
Kind vorbereiten: Ihr Kind sollte lernen, auf sein Gespür zu vertrauen
In der Öffentlichkeit sollten Sie nach Möglichkeit immer einen festen Treffpunkt für den Fall vereinbaren, dass Sie sich verlieren. Das kann ein markanter Ort wie der Eingang eines Geschäfts, eine Statue oder eine Informationstafel sein. Zusätzlich können Sie mit Ihrem Kind zum Beispiel dessen Schulweg ablaufen und „Sicherheitsinseln“ wie ein Geschäft oder ein Büro festlegen, wo es im Notfall Hilfe von Erwachsenen bekommen kann. Polizei-Experten zufolge sollten Eltern immer wissen, wo und mit wem Ihr Kind seine Freizeit verbringt und über die Kontaktdaten dieser Personen verfügen.
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Bringen Sie Ihrem Kind bei, niemals mit unbekannten Menschen mitzugehen oder in deren Auto einzusteigen, egal welche Geschichten sie erzählen. Üben Sie anhand von Rollenspielen konkrete Situationen: Wie reagiere ich, wenn mich jemand anspricht, den ich nicht kenne? Warnen Sie nicht unbedingt vor Fremden, sondern eher vor bestimmten Taten, denn Kinder können mit dem Begriff „fremd“ oft nichts anfangen.
Ihr Kind sollte wissen, dass es das Recht hat, „Nein“ zu sagen und dass es auch laut und deutlich nach Hilfe rufen darf, wenn es sich bedroht fühlt. Es muss seinem eigenen Gespür vertrauen und danach handeln dürfen. Dazu gehört auch, einen Zuruf zu ignorieren und einfach weiterzugehen. Wie die Polizei Münster anmerkt, brauchen Kinder hier manchmal die ausdrückliche Erlaubnis der Eltern.
Bauen Sie ein Vertrauensverhältnis auf
Grundsätzlich ist es wichtig, dass Sie ein Vertrauensverhältnis zu Ihrem Kind aufbauen. Es muss wissen, dass es, egal in welcher Situation, immer zu Ihnen kommen kann. Eine stabile und vertrauensvolle Beziehung ist Experten zufolge die beste Voraussetzung dafür, dass Ihr Kind im Notfall ruhig und besonnen reagieren kann.
Bedenken Sie auch, dass Kinder sich nur dann Bezugspersonen anvertrauen können, wenn diese ihnen Geborgenheit und Unterstützung entgegenbringen. Das erreicht man durch Interesse am Leben des Kindes. Regelmäßige Gespräche können dafür der Schlüssel sein. Denken Sie daran, dass ein Kind, das durch zu viele Vorwürfe verängstigt ist, sich wahrscheinlich nicht mehr an Sie wenden wird.
Das sollten Sie als Elternteil im Notfall tun
Wenn Sie Ihr Kind tatsächlich einmal bei der Polizei als vermisst melden müssen, ist es äußerst hilfreich, wenn Sie möglichst aktuelle Fotos von ihm vorlegen können. Dies erleichtert den Einsatzkräften die Suche und Identifizierung. Machen Sie also mindestens einmal im Jahr ein Foto von Ihrem Kind, auf dem dieses gut zu erkennen ist.
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Sollte ihr Kind verschwunden sein, ist es wichtig, die Ruhe zu bewahren und die Polizei zu verständigen. Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass eine Vermisstenanzeige erst nach einer gewissen Zeit erstattet werden kann, können Sie dies theoretisch sofort tun.
Kontaktieren Sie außerdem Personen aus Ihrem Umfeld und aus dem Umfeld Ihres Kindes, um herauszufinden, ob es jemand gesehen hat. Achten Sie darauf, dass sowohl telefonisch als auch zu Hause immer jemand erreichbar ist, falls Ihr Kind anruft oder zurückkommt.