Hamburg. Die Abnehmspritze kann helfen. Ernährungs-Doc Matthias Riedl verrät, für wen sich das moderne Medikament eignet – und für wen nicht.
Abnehmen per Spritze? Ist Abnehmen so einfach? Leider nicht. In seinem neuen Buch „Nie wieder dick nach der Abnehmspritze“ beschäftigt sich Dr. Matthias Riedl mit dem Hype um dieses moderne Medikament. Der Verkaufserfolg sei kein Wunder, sagt er im Podcast „Dr. Matthias Riedl. So geht gesunde Ernährung“.
„Über die Hälfte der Weltbevölkerung ist übergewichtig. Das ist ein Produkt, das über die Hälfte der Weltbevölkerung interessieren könnte.“ Damit sei viel Geld zu verdienen.
Die Abnehmspritze habe im Schnitt eine Wirkung von ungefähr zehn bis 15 Prozent Gewichtsabnahme. „Manche nehmen gar nichts ab, manche nehmen ein bisschen mehr ab, und das Ganze ist relativ teuer. Das hat natürlich auch Fälscher auf den Plan gerufen“, sagt der Ernährungs-Doc.
Abnehmspritze auf Rezept? Was der Ernährungs-Doc dagegen hat
Diese Fälscher würden beispielsweise Insulin hineinmischen, sagt Riedl, „und das Insulin steigert eher das Gewicht.“ Das könne bei empfindlichen Menschen zu einer sehr starken Unterzuckerung führen, mit Schweißausbrüchen, mit Kreislaufzusammenbruch, mit Bewusstlosigkeit. Und wer ein labiles Kreislaufsystem habe, „kann im Rahmen einer solchen schweren Unterzuckerung auch einen Herzinfarkt erleiden oder einen Schlaganfall.“
Ein weiteres Problem: die möglichen Nebenwirkungen. „In Amerika sind Klagen anhängig. Da ist es zu Magenlähmungen gekommen“, sagt der Internist, Diabetologe und Ernährungsmediziner. „Natürlich verlangsamt diese Abnehmspritze, die in Deutschland als Wegovy auf dem Markt ist oder für Diabetiker als Ozempic, das halb so stark dosiert ist, die Magenentleerung.“ Das Medikament melde im Kopf zwei Dinge, „du hast einen vollen Magen, und du hast gegessen. Das ist auch ein Teil des Effektes.“
Dr. Matthias Riedl: Abnehmspritzen sind in Deutschland verschreibungspflichtig
Weil damit aber viel Geld zu verdienen ist, ist inzwischen auch ein neues Produkt mit dem Namen Mounjaro des US-Pharmakonzerns Lilly auf dem Markt. Es sei noch wirksamer, aber auch teurer, sagt Riedl.
Aktuell müssen in Deutschland Abnehmenspritzen vom Arzt verschrieben werden. Die Indikation sei deutliches Übergewicht mit einem BMI von mindestens 35, erklärt der Ernährungs-Doc. Er warnt, die Abnehmspritze sei kein Lifestyle-Medikament, auch wenn Menschen wie Elon Musk und Kim Kardashian sie populär gemacht hätten.
„Es ist zweifellos ein segensreiches Medikament, wenn man das richtig einsetzt, sagt Matthias Riedl. „Wenn ich es zum Beispiel einsetze für Menschen, die eine Magenverkleinerung bekommen sollen, bevor ich für einige Tausend Euro den Magen verkleinere, was nicht wieder rückgängig zu machen ist.“
Wichtig: Man muss vorher seine Ernährungsgewohnheiten verändern
Gut geeignet sei es auch für Menschen, die erfolglos versucht hätten, Gewicht abzunehmen und es nicht geschafft haben, aber auch für Leute mit Diabetes und weiteren übergewichtsbedingten Schäden. Seine Forderung ist aber klar: „Das ist eine Hilfe zum Abnehmen, aber das Abnehmen mache ich mit der Veränderung meiner Ernährungsgewohnheiten.“
Wer die Abnehmspritze nicht mit einer Ernährungsumstellung kombiniere, habe entweder nach dem Absetzen wieder ein hohes Gewicht, „oder aber ich nehme sie lebenslang. Das kann es nicht sein. Wir können nicht die halbe Weltbevölkerung mit Abnehmspritzen versorgen.“ Für ihn steht daher fest: „Das Nonplusultra ist die Ernährungstherapie.“
Abnehmspritze: Erst muss man die Ursachen des Übergewichts beheben
Man dürfe vor allem nicht außer Acht lassen, warum die Menschen übergewichtig seien. Riedl verweist auf die vielen Fertiggerichte. „Wir machen uns gar keine Gedanken mehr über die Ursachen und über die natürliche Behebung. Stattdessen komme jetzt die Forderung, die Abnehmspritze solle von den Kassen bezahlt werden. „Es würde aber die Medikamentenausgaben der Krankenkassen verdoppeln.“
Im Medicum Hamburg, dessen Ärztlicher Direktor Riedl ist, gibt es seinen Angaben zufolge eine „Abnehmspritzen-Ambulanz“. Das Abnehmspritze, aber auch die ärztliche Betreuung müssten aus eigener Tasche bezahlt werden. Sie koste in der Anfangsdosis etwa 170 Euro pro Monat, die maximale Steigerungsdosis liege bei 300 Euro pro Monat. Für Diabetiker übernehme die Kasse die Kosten für das Medikament – anders als für adipöse Menschen.
Problematisch: Menschen mit weniger Geld sind häufiger übergewichtig
Von Übergewicht seien Menschen mit weniger Geld häufiger betroffen, weil sie weniger über gesunde Ernährung wüssten, sagt der Ernährungs-Doc. Da seien Politik und die Krankenkasse in der Falle. „Dass diese Präparate kommen, wusste jeder. Das sind wirklich lebensverlängernde Medikamente für jemanden, der wirklich übergewichtig ist, aber es ist nicht zu finanzieren.“
- Ernährungs-Doc: Was Dr. Riedl von Bürgerrats-Empfehlungen für Ernährung hält
- Ernährungs-Doc: Hunger beim Sport? „Manchmal ist es Flüssigkeitsmangel“
- Fasten gesund? Ernährungs-Doc: „Wichtig ist die positive Entscheidung“
Die Anerkennung als Kassenleistung hänge an der Frage, ob die Solidargemeinschaft das leisten könne. Man spare natürlich an den Folgekosten durch das Übergewicht, aber es entstehe auch der Gedanke: „Ich bin übergewichtig. Was soll‘s, ich nehme die Spritze“, warnt der Ernährungs-Doc. Man könne durch Ernährungsveränderung und Bewegung viel verbessern.
Seine Erfahrung sei, dass 80 Prozent derjenigen, die eine Abnehmspritze haben möchten, eine Ernährungstherapie ablehnten. Seine Forderungr: „Wenn sie irgendwann als Kassenleistung kommt, muss eine ernsthafte Ernährungstherapie vorgeschaltet sein.“
Ernährungs-Doc hat folgende Rezept für einen gesunden Salat
Spargelsalat mit Beluga-Linsen
Für 2 Portionen Zubereitung: 30 Min. + 1 Std. Marinieren Nährwert pro Portion: ca. 440 kcal 26 g EW | 18 g F | 38 g KH
Zutaten:
500 g grüner Spargel, Salz, 2 getr. Tomaten (in Öl eingelegt), 1½ EL Aceto balsamico, ½ TL Dijonsenf, 2 EL Olivenöl, 120 g Beluga-Linsen, 6 Kirschtomaten, 2 Radieschen, ¼ Bund Basilikum, 40 g frisch gehobelter Parmesan.
Zubereitung:
1. Den Spargel unten kappen und schälen. Reichlich Wasser in einem großen Topf aufkochen und salzen. Den Spargel darin fünf bis zehn Minuten bissfest garen. Herausnehmen, abtropfen und auf einem Teller abkühlen lassen.
2. Inzwischen für die Vinaigrette getrocknete Tomaten abtropfen lassen und fein würfeln. Essig, Senf und Öl in einer Schale verquirlen. Getrocknete Tomaten unterheben, alles salzen und pfeffern. Über dem Spargel verteilen und diesen circa eine Stunde zimmerwarm marinieren.
3. Die Linsen im Sieb abbrausen und zugedeckt in einem Topf mit 240 ml Wasser aufkochen. Dann in circa 20 Minuten sanft bissfest garen. Bei Bedarf etwas Wasser angießen. Anschließend die Linsen im Sieb abtropfen lassen.
4. Inzwischen die Kirschtomaten halbieren. Die Radieschen dünn hobeln. Die Basilikumblätter abzupfen und nach Belieben hacken.
5. Den Spargel auf Teller verteilen. Tomaten, Radieschen und Linsen darauf anrichten. Alles mit Basilikum und Parmesan bestreuen.