Düsseldorf. NRW-Innenminister Reul überlegt, wie man künftig verhindern kann, dass auf offener Straße ein “Kalifat“ ausgerufen wird - straffrei.

Nach dem Islamisten-Aufmarsch von Essen hat NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) strengere Polizei-Auflagen für Demonstrationen und eine Nachschärfung des neuen Versammlungsgesetzes ins Gespräch gebracht. „Wenn das Versammlungsrecht auf nordrhein-westfälischen Straßen für Kalifats-Fantastereien missbraucht wird, ist für mich eine Grenze erreicht“, sagte Reul am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags.

„Die Experten in meinem Ministerium sehen gute Anhaltspunkte dafür, dass zusätzliche Auflagen für bestimmte Versammlungen rechtlich durchsetzbar sind“, kündigte der Minister an. Konkret gehe es darum, ob die Polizei Deutsch als Versammlungssprache festlegen könnte. Auch werde geprüft, ob man bestimmte Ausrufe untersagen oder die Größe von Fahnen und Bannern noch weiter beschränken könne.

NRW-Polizei rückte in Essen mit 450 Einsatzkräften aus

Am vergangenen Freitag hatte die Polizei in Essen mit einem Großaufgebot von 450 Kräften einen Marsch von rund 3000 Menschen gewähren lassen, bei dem die Gründung eines islamischen Gottesstaates gefordert wurde und Symbole zu sehen waren, die den Erkennungszeichen der Terrororganisation IS ähnelten.

SPD-Innenexpertin Christina Kampmann bezweifelte, dass man eine Demonstration nach geltendem Recht nicht auflösen konnte, bei der ein Kalifat (islamische Regierungsform) gefordert wurde, Taliban-Fahnen wehten und Frauen und Männer getrennt marschieren mussten. „Wir müssen den Feinden der Freiheit an dieser Stelle entschieden entgegentreten“, forderte Kampmann. Sie kritisierte, dass die Sicherheitsbehörden die Mobilisierung im Vorfeld im Netz offenbar nicht mitbekommen hatten. Kurz vor der Versammlung war bekannt geworden, dass der bekannte islamistische Prediger Ahmad Tamim in Essen auftreten würde.

In Essen stand auf einem Banner: "Das Kalifat ist die Lösung"

Auf gut sichtbaren Bannern stand „Das Kalifat ist die Lösung“. Fahnen in schwarz-weiß waren auf Arabisch mit dem islamischen Glaubensbekenntnis bedruckt. Solche Flaggen werden auch von den Taliban in Afghanistan verwendet. Reul wies jedoch darauf hin, das sich das Glaubensbekenntnis nicht verbieten lasse: „Das ist durchaus vergleichbar mit dem ‚Vater unser‘.“

Nach Artikel 8 des Grundgesetzes ist zunächst einmal jede Versammlung, die sich an Recht und Gesetz hält, geschützt. Die Demonstration muss friedlich und waffenfrei sein und darf keine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten. In Essen sah man keine Handhabe, die Versammlung aufzulösen. Die Einsatzkräfte seien zu dem Schluss gekommen, „dass bei den festgestellten Fahnen und Bannern kein strafrechtlich relevanter Hintergrund erkennbar war“, sagte Reul.

Künftig soll aber offenbar die Einsatztaktik nachgebessert werden. Im Zweifel könne die Devise auch mal lauten: „Schnelle rechtliche Bewertung treffen, konsequent eingreifen“, betonte Reul. Der Minister schloss auch Nachschärfungen des neuen NRW-Versammlungsrechts nicht aus: „Möglich, dass sich aus den neuen Erfahrungen, die wir gemacht haben, noch Anpassungsmöglichkeiten ergeben.“

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