Düsseldorf. Nach Nachbarschaftsbeschwerden über eine zentrale Unterkunft in Mülheim äußert sich das Land. War die Standortwahl falsch?

Nach dem Ärger um eine große Flüchtlingseinrichtung in Mülheim will die schwarz-grüne Landesregierung auf Kritiker weiter zugehen. „Es ist unsere Aufgabe als Politik, zu jedem Zeitpunkt für Akzeptanz zu werben, Lösungen zu finden und das Gespräch zu suchen“, sagte ein Sprecher von Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) unserer Redaktion. Der Landesregierung sei bewusst, „dass die derzeitige Situation insbesondere für Kommunen sehr herausfordernd ist“.

Allein im ersten Halbjahr 2023 mussten NRW-weit neben rund 220.000 Geflüchteten aus der Ukraine auch noch rund 25.000 Asylbewerber aus aller Welt untergebracht und integriert werden. Der Migrationsdruck wird nach Expertenschätzung absehbar hoch bleiben. In Mülheim hatten zuletzt Anwohner einer neuen Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) mit über 600 Plätzen eine Belästigung durch Lärm und Müll beklagt. Das Leben im Stadtteil Raadt habe sich binnen vier Wochen „drastisch verändert“, hieß es in einem Beschwerdebrief einzelner Nachbarn, der auch Ministerin Paul und Innenminister Herbert Reul (CDU) erreichte.

Warum NRW auf große Flüchtlingsheime setzt

Die Landesregierung wies Vorwürfe zurück, in Mülheim-Raadt sei es zu einer fehlerhaften Standortentscheidung gekommen. Die Einrichtung war nach einer Absprache zwischen der Bezirksregierung Düsseldorf mit der Stadt Mülheim im Juni in Betrieb genommen worden und soll für zwei Jahre genutzt werden. NRW betreibt aktuell landesweit 28 Zentrale Unterbringungseinrichtungen, davon drei im Ballungsraum Ruhrgebiet (Mülheim, Dorsten, Marl). Die dort untergebrachten Flüchtlinge werden auf die sonstige Aufnahmeverpflichtung der jeweiligen Standortkommunen angerechnet.

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„Das Land achtet darauf, bei der Unterbringung von Geflüchteten gewisse Standards einzuhalten, die auch zur Akzeptanzsteigerung beitragen“, sagte Pauls Sprecher. Dazu zählten ein Personalschlüssel für die Betreuung- und Sicherheitsdienstleistungen sowie Bildungs- und Betreuungsangebote. Aus logistischen Gründen sollen deshalb in Zentralen Unterbringungseinrichtungen mehrere Hundert Menschen leben. Da viele Asylbewerber zudem keine dauerhafte Bleibeperspektive haben, soll die Verteilung auf die Städte nicht sofort erfolgen. In Mülheim-Raadt sind die Hauptherkunftsländer der Bewohner Syrien, Türkei und Afghanistan.

Bewohner der Unterkunft bei einem Spaziergang im Stadtviertel.
Bewohner der Unterkunft bei einem Spaziergang im Stadtviertel. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Wie der Bund Sprach- und Integrationskurse fördern soll

NRW fordert von der Bundesregierung mehr Mittel für Sprach- und Betreuungsangebote, damit Flüchtlinge sinnvoll beschäftigt werden können. „Die Landesregierung setzt sich für die Erweiterung und Verbesserung des Gesamtsprachfördersystems des Bundes ein“, erklärte das Integrationsministerium. Auch das Bundesprogramm „Integrationskurs mit Kind“ müsse finanziell abgesichert werden. Man wolle damit lange Wartezeiten reduzieren, so dass schnell ein Integrationskursplatz mit Kinderbetreuung angeboten werden kann. „Der Bund ist hier ganz klar in der Pflicht“, findet das NRW-Integrationsministerium.

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