Berlin. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zieht in den Wahlkampf 2025. Wer sind wichtige Politiker der Partei? Was sind die Ziele? Die Infos.
- Das Bündnis Sahra Wagenknecht gibt es seit Januar 2024
- Wer steht eigentlich hinter dem BSW? Wer ist wichtig, was will die Partei?
- Die wichtigsten Infos im Partei-Steckbrief
Das Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit, kurz BSW, ist eine neu gegründete Partei in der deutschen politischen Landschaft. Im Januar 2024 ins Leben gerufen, könnte das BSW laut aktuellen Umfragen bereits bei der bevorstehenden Bundestagswahl 2025 die Fünf-Prozent-Hürde überschreiten. Mit einem Programm, das sowohl soziale Gerechtigkeit als auch eine kritische Haltung zur Migration und zur Waffenhilfe für die Ukraine umfasst, zielt das BSW darauf ab, eine breite Wählerinnen- und Wählerschaft anzusprechen und sich als ernstzunehmende Alternative zu den etablierten Parteien zu positionieren.
Wer sind die aktuellen Vorsitzenden des BSW?
Sahra Wagenknecht ist die zentrale Figur der Partei. Zuvor war sie Mitglied der Partei Die Linke, wo sie sich mit einer wirtschaftlich linken, aber gesellschaftlich eher konservativen Haltung auszeichnete. So verfolgt Wagenknecht nun eine Strategie, die sowohl linke als auch rechte Wählerinnen und Wähler ansprechen soll. Zu ihren „Hauptgegnern“ hat sie die Linken und die Grünen erklärt.
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Die Parteiführung teilt sie sich mit Amira Mohamed Ali, der früheren Fraktionsvorsitzenden der Linken. Ali bringt umfangreiche Erfahrungen aus der Politik und Rechtswissenschaft in das BSW ein. Ihr Engagement zielt darauf ab, die politischen Positionen des BSW zu stärken und eine breitere Wählerschaft anzusprechen, die sich von den Bundestagsparteien nicht mehr vertreten fühlt.
Welche Themen sind dem BSW wichtig?
Das BSW hat sich auf vier zentrale Themen fokussiert, die präsent in ihrem Wahlprogramm platziert sind:
- Wirtschaftliche Vernunft: Förderung eines fairen Wettbewerbs und gerechter Steuersysteme; Stopp der Privatisierung in sozialen Bereichen
- Soziale Gerechtigkeit: Verbesserung von Renten und Löhnen; Bekämpfung sozialer Ungleichheit
- Frieden: Ablehnung militärischer Konflikte; Förderung diplomatischer Lösungen und Abrüstung
- Freiheit: Betonung individueller Freiheit; Stärkung nationaler Souveränität und Begrenzung der EU-Kompetenzen
Wagenknecht betonte auf dem Gründungsparteitag im Januar 2024: „Wir müssen wieder reden über gesellschaftliche Ungleichheit, über die Enteignung der Fleißigen.“
„Wir müssen wieder reden über gesellschaftliche Ungleichheit, über die Enteignung der Fleißigen.“
Ein zentrales Anliegen ist laut Parteiprogramm der Erhalt der industriellen Basis Deutschlands sowie massive Investitionen in Bildung und öffentliche Infrastruktur, um den wirtschaftlichen Abstieg zu verhindern. Im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit setzt sich das BSW für eine „faire Leistungsgesellschaft mit echter Chancengleichheit“ ein, in der der persönliche Wohlstand nicht vom sozialen Status abhängt. Die Partei fordert leistungsgerechte Löhne, sichere Arbeitsplätze und ein zuverlässiges Sozialsystem, das vor einem sozialen Absturz schützt.
Zudem wird eine gerechte Steuerpolitik gefordert, die Geringverdiener entlastet und sicherstellt, dass große Konzerne ihren Anteil zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. In der Außenpolitik plädiert das BSW für eine friedliche Konfliktlösung ohne militärische Mittel und strebt „eine Politik der Entspannung, des Interessenausgleichs und der internationalen Zusammenarbeit“ an. Die Partei möchte die persönliche Freiheit schützen und die vermeintlich verlorene demokratische Willensbildung wiederbeleben.
Welche Unterschiede gibt es zwischen den Positionen des BSW und der Linken?
Ganz inhaltlich entfernt hat sich Wagenknecht von ihrer alten Partei zwar nicht. Ökonomisch und sozialpolitisch sind die Differenzen zwischen Linken und BSW eher gering: Beide Parteien setzen sich für soziale Gerechtigkeit ein und bemängeln die wachsende gesellschaftliche Ungleichheit. Jedoch kritisiert Sahra Wagenknecht die Linke dafür, sich zu sehr an ein „urbanes Milieu“ zu wenden und für die Interessen von „skurrilen Minderheiten“ statt für die „normalen Leute“ zu kämpfen. Unter skurrilen Minderheiten versteht sie sexuelle Orientierung, Hautfarbe und Ethnie, wie sie in ihrem Buch „Die Selbstgerechten“, erschienen 2021, schrieb.
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Gesellschaftspolitisch und kulturell vertritt die Partei eine deutlich konservativere Haltung als die Linke. In Bereichen wie Migration und Klimapolitik steht das BSW den Unionsparteien näher. Das BSW fordert eine Begrenzung der Zuwanderung und ist skeptischer gegenüber erneuerbaren Energien als alleinige Lösung für die Energieversorgung. In der Außenpolitik fordert das BSW ein Ende der Waffenhilfe für die Ukraine und möchte Öl und Gas wieder aus Russland beziehen, während die Linke hier differenziertere Positionen vertritt.
Die Linke fordert, dass die Bundesregierung diplomatische Initiativen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs ergreift und einen sofortigen Waffenstillstand sowie Verhandlungen unter dem Dach der Vereinten Nationen anstrebt. Die Partei spricht sich gegen einen sofortigen Stopp der Gas- und Öllieferungen aus Russland aus, da dies wirtschaftliche Schäden für die Bevölkerung verursachen könnte. Stattdessen plädiert die Linke für eine schrittweise Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und setzt sich für den Ausbau erneuerbarer Energien ein, während sie gleichzeitig die Notwendigkeit anerkennt, bestehende Versorgungsstrukturen zu nutzen, solange fossile Energien benötigt werden
Wann und von wem wurde das BSW gegründet?
Das BSW wurde am 8. Januar 2024 gegründet und hat sich aus einem gleichnamigen Verein entwickelt (Vereinsgründung im September 2023). Die Partei ist bereits bei der Europawahl im Juni 2024 angetreten.
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Die Köpfe hinter der Parteigründung sind zum einen Sahra Wagenknecht und Amira Mohamed Ali. Weitere wichtige Personen in der Führung sind Shervin Haghsheno als stellvertretender Vorsitzender, Christian Leye als Generalsekretär, Ralph Suikat als Schatzmeister und Lukas Schön als Geschäftsführer. Die Gründung soll als Reaktion auf die Unzufriedenheit vieler Bürgerinnen und Bürger mit den etablierten politischen Strukturen entstanden sein.
Wie viele Mitglieder hat das BSW?
Laut Angaben des „Spiegel“ hat das BSW im November 2024 rund 1.100 Mitglieder bundesweit verzeichnet. Darüber hinaus warten etwa 25.000 Unterstützende, die sich teilweise seit vielen Monaten um eine Aufnahme in die Partei bemühen, vergeblich auf ihre Mitgliedschaft.
Die langsame Entwicklung der Mitgliederzahlen beim BSW ist auf ein zentralisiertes Auswahlverfahren zurückzuführen, bei dem der Bundesvorstand allein über die Aufnahme neuer Mitglieder entscheidet. Diese Praxis steht in der Kritik, rechtlich umstritten zu sein und gegen das Prinzip der innerparteilichen Demokratie zu verstoßen.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, äußerte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Aktuell entsteht der Eindruck, dass Sahra Wagenknecht eine Art Anführerinnenpartei mit einer auserwählten Gefolgschaft aufbaut. Es scheint ihr um eine widerspruchslosere Führung der Partei zu gehen – weniger Mitglieder lassen sich leichter kontrollieren, Kampfkandidaturen bleiben aus.“
Welche Kritikpunkte gibt es am BSW?
Das BSW stößt auf weitere Kritik. Bezüglich der Finanzierung gibt es Bedenken zur Transparenz und möglichen Umgehung des Parteienfinanzierungsgesetzes. So erklärte Sophie Schönberger, Parteienrechtlerin an der Universität Düsseldorf, gegenüber dem Handelsblatt: „Die Transparenzvorschriften des Parteienfinanzierungsgesetzes werden komplett umgangen.“ Dennis Radtke (CDU) äußert im Deutschlandfunk den Verdacht, Wagenknecht habe über den Verein, der der BSW vor Januar 2024 war, Millionengelder eingesammelt, möglicherweise aus „kremlnahen Quellen“. Das BSW weist alle Vorwürfe zurück und betont, sich „völlig konform mit dem Parteiengesetz“ zu verhalten.
Das BSW-Parteiprogramm weist eine weitgehend populistische Rhetorik auf, wie sie rechte Stimmen häufig gegen Klimapolitik, Gendern und für einen starken Bevölkerungsbezug anführen. Es mache sich ein angeblich „autoritärer Politikstil breit, der den Bürgern vorschreiben will, wie sie zu leben, zu heizen, zu denken und zu sprechen haben“.
Welche Chancen hat das BSW bei den Wahlen 2025?
In den Umfragen zur „Sonntagsfrage“ gaben zwischen vier und 7,5 Prozent der Befragten an, sich vorstellen zu können, für das BSW zu stimmen. Damit zöge das BSW relativ sicher in den Bundestag ein, anders als die Linke, die derzeit zwischen drei und vier Prozent liegt.
Das Internetportal DAWUM, das Ergebnisse aus Wahlumfragen sammelt, zusammenführt und daraus einen Mittelwert berechnet, zeigt, dass das BSW mit 16 Prozent die stärksten Umfragewerte in Sachsen-Anhalt erreicht. In Bundesländern wie Bayern und Nordrhein-Westfalen erzielt sie dagegen nur etwa vier Prozent.
Politikwissenschaftler wie Thorsten Faas sind skeptisch bezüglich der Erfolgsaussichten des BSW. Faas hebt in einem Interview mit dem Deutschlandfunk hervor, dass es fraglich sei, ob das BSW in der Lage sein wird, flächendeckend schlagkräftige Landesverbände aufzubauen, was für den langfristigen Erfolg entscheidend sein könnte.
Wie könnte sich die deutsche Parteienlandschaft verändern?
Die Gründung des BSW könnte das bundesdeutsche Parteiensystem weiter fragmentieren. Politikwissenschaftler Faas warnt davor, dass es künftig schwieriger werden könnte, stabile Mehrheiten für eine Regierungsbildung zu finden. Wagenknecht selbst sieht in ihrer Partei das Potenzial, das politische Spektrum grundlegend zu verändern und strebt Regierungsbeteiligungen an.
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