Berlin. Der CDU-Kanzlerkandidat greift Olaf Scholz heftig an. „Sie spalten das Land“, wirft er ihm vor. Und macht in Richtung AfD eine klare Ansage.
Scholz klingt nach Abschied, Merz schaltet auf Angriff: 20 Minuten Attacke, 20 Minuten, die auch in einem Bierzelt die Leute von den Sitzen reißen würden. Scholz zieht an diesem Mittag im Bundestag Bilanz, will ein politisches Vermächtnis hinterlassen. Merz dagegen hat von Beginn an Puls und greift Scholz schon im zweiten Satz frontal an: „Sie spalten das Land“, wirft Merz dem Kanzler vor.
Der Auftritt des Kanzlers am Abend des Ampelbruchs sei „unwürdig“ gewesen, seine Bilanzrede an diesem Tag eine „Geisterstunde“. Und weil er gerade so schön in Fahrt ist, kriegt Scholz auch noch die internationale Keule: Der künftige US-Präsident Donald Trump werde Scholz als „Leichtgewicht abtropfen lassen“.
Merz hat Puls – auch deshalb, weil er persönlich empört ist: SPD-Leute hatten ein Video im Netz verbreitet, in dem Merz mit einer falschen Tonspur zu sehen ist. Solche Aktionen, warnt Merz, seien ein übler Vorgeschmack auf den kommenden Wahlkampf.
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Merz reagiert auf die Zwischenrufe der AfD: „Eine Truppe von Rechtsnationalen“
CDU und CSU sind von ihrem Kanzlerkandidaten begeistert, die FDP applaudiert auch an vielen Stellen frenetisch. Doch Merz greift an diesem Mittwoch nicht nur den Kanzler an. Die ersten acht Minuten ist Scholz sein Gegner, danach bekommt die AfD den Zorn des Oppositionsführers mit voller Wucht ab: „Ist das alles, was sie können?“, fährt Merz die Abgeordneten am rechten Rand des Saals an. Merz nennt sie „eine Truppe von Rechtsnationalen“. Richtig laut wird Merz, als er den Rechten sein Credo um die Ohren haut: Egal, wie stark die AfD im nächsten Bundestag werde, eine Zusammenarbeit „wird nicht stattfinden“.
An zwei Stellen sendet Merz versöhnliche Signale: Ausdrücklich bedankt er sich bei den Fraktionsmanagern von SPD und Grünen für die Zusammenarbeit in den vergangenen Tagen. Mit Blick auf das gemeinsame Ziel, das Bundesverfassungsgericht gegen Extremisten besser abzusichern, will Merz den gemeinsamen Gesetzentwurf von SPD, Grünen und FDP unterstützen.
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Klar ist: Der politische Gegner für Friedrich Merz ist Olaf Scholz. Es sind aber noch zwei andere Männer, gegen die Merz an diesem Nachmittag Profil zeigen will: Markus Söder, der ewige Konkurrent in der K-Frage, sitzt schräg hinter dem Rednerpult, Merz im Nacken. Söder spricht wenige Minuten nach Merz. Der CSU-Chef und bayrische Ministerpräsident macht das zum ersten Mal, das Signal soll möglichst große Geschlossenheit zwischen CDU und CSU sein.
Robert Habeck schafft es nicht rechtzeitig in den Bundestag
Der dritte Mann ist unsichtbar an diesem Tag: Robert Habeck schafft es wegen einer Flugzeugpanne nicht rechtzeitig in den Bundestag. Der Grüne aber ist so etwas wie der unbekannte Faktor auf Merz‘ Wahlkampfrechnung. Wird es am Ende ein Triell zwischen Scholz, Merz und Habeck, gibt es also am Ende eine echte demokratische Alternative zum Duell Scholz gegen Merz, dann muss Merz seine Strategie nochmal auf den letzten Metern justieren.
Demonstrativ zelebriert Merz dagegen seinen freundlichen Draht zu FDP-Chef Christian Lindner: Sie scherzen, sie stecken vertraulich die Köpfe zusammen, während Scholz redet. „Ich bin froh, dass ich Verantwortung tragen durfte in einer schwierigen Zeit“, sagt der Kanzler. Merz atmet in jeder Faser, dass er bereit ist, den Job von Scholz zu übernehmen. Am Montag ist Merz 69 Jahre alt geworden. Er wirkt an diesem Mittwoch wie Mitte fünfzig.