Berlin. Volker Wissing tritt aus der FDP aus und will Verkehrsminister bleiben. Seine drei Staatssekretäre wollen diesen Weg nicht mitgehen.
Die Ampel-Koalition ist Geschichte: Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Mittwochabend Finanzminister Christian Lindner entlassen und damit den endgültigen Bruch des Bündnisses aus SPD, FDP und Grünen besiegelt. Die Reaktionen folgten prompt: FDP-Fraktionschef Christian Dürr kündigte den geschlossenen Rückzug aller FDP-Minister an. Doch ein prominenter Liberaler machte sich zunächst auffällig rar: Verkehrsminister Volker Wissing.
Weder trat er am Mittwochabend mit den anderen FDP-Ministern vor die Kameras, noch äußerte er sich öffentlich. Auch an der FDP-Fraktionssitzung soll er nicht teilgenommen haben. Am Donnerstagvormittag dann der Paukenschlag: Wissing tritt aus seiner Partei aus und will bis zur geplanten Neuwahl im März Verkehrsminister bleiben – trotz Ampel-Crash. Einer anderen Partei aber wolle er nicht beitreten, erklärte er bei einer Pressekonferenz in Berlin.
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Wissings Staatssekretäre verweigern spektakuläres Manöver
Scholz habe ihn gefragt, ob er bereit sei, das Amt unter den neuen Bedingungen fortzuführen, sagte Wissing. Er habe darüber nachgedacht und dies Scholz gegenüber bejaht. Wissing will der Regierung künftig als Parteiloser angehören, wie er weiter mitteilte. „Ich möchte keine Belastung für meine Partei sein.“ Daher habe er Parteichef Christian Lindner seinen Austritt aus der FDP mitgeteilt. „Ich distanziere mich damit nicht von den Grundwerten meiner Partei und möchte nicht in eine andere Partei eintreten.“ Dies sei eine persönliche Entscheidung, die seiner Vorstellung von Verantwortung gerecht werde. „Ich möchte mir selbst treu bleiben.“
Erklärung von Bundesverkehrsminister Volker Wissing im Wortlaut
„Ich habe vergangene Woche meine Position zur Verantwortung in einer Regierungskoalition in einem Beitrag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ öffentlich gemacht, damit alle meine Position in dieser wichtigen Frage kennen. Parteiintern war meine Haltung allen seit langem bekannt. Nach dem gestrigen Koalitionsausschuss hat Herr Bundeskanzler mich in einem persönlichen Gespräch gefragt, ob ich bereit sei, das Amt des Bundesministers für Digitales und Verkehr unter den neuen Bedingungen fortzuführen. Ich habe darüber nachgedacht und dies gegenüber Herrn Bundeskanzler Scholz bejaht.
Ich möchte mit dieser Entscheidung keine Belastung für meine Partei sein und habe deshalb heute Herrn Christian Lindner meinen Austritt aus der FDP mitgeteilt. Ich distanziere mich damit nicht von den Grundwerten meiner Partei und möchte auch nicht in eine andere Partei eintreten. Die Entscheidung ist eine persönliche Entscheidung von mir, die meiner Vorstellung von Übernahme von Verantwortung entspricht. Ich möchte mir selbst treu bleiben.“
Staatssekretäre schmeißen hin – „Kein Vertrauen mehr in Volker Wissing“
Wissings Manöver stößt im Verkehrsministerium indes auf heftigen Widerstand: Die drei parlamentarischen FDP-Staatssekretäre Daniela Kluckert, Oliver Luksic und Gero Hocker haben ihre Entlassung beim Bundespräsidenten beantragt, berichtet die „Bild“-Zeitung. „Unser Land braucht schnell einen Neuanfang und geordnete politische Verhältnisse. Wir haben nach seiner einsamen Entscheidung kein Vertrauen mehr in Volker Wissing“, zitiert die Zeitung eine gemeinsame Erklärung.
Weiter heißt es: „Wir haben den Minister sofort darum gebeten, unverzüglich unsere Entlassung beim Bundespräsidenten zu veranlassen. Deutschland braucht eine echte Wirtschaftswende, die Unternehmen entlastet, Bürokratie abbaut und Steuern reduziert.“ Hätten Wissings Staatssekretäre mitgezogen, wäre das spektakuläre Manöver perfekt gewesen.
Volker Wissing tritt aus FDP aus – SPD-General hatte Spekulationen befeuert
Zuvor hatte es Gerüchte gegeben über ein mögliches Überlaufen Wissings zur SPD. Befeuert wurde diese Spekulation durch Aussagen von SPD-Generalsekretär Matthias Miersch. Er hatte Wissings Verbleib in der Regierung ins Gespräch gebracht. „Aus meiner Sicht kann er das“, sagte Miersch in einem Podcast des Nachrichtenmagazins „Politico“ auf eine entsprechende Frage.
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Erst Anfang November hatte sich der Verkehrsminister in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ für einen Verbleib der Liberalen in der Koalition ausgesprochen. Bei X schrieb er zu dem Beitrag: „Koalitionen sind nicht einfach. Regieren ist nicht einfach. Demokratie ist nicht einfach. Wir tragen die Verantwortung dafür, dass es gemeinsam gelingt.“
Scholz hatte angekündigt, dass der Bundestag am 15. Januar über eine Vertrauensfrage abstimmen solle. Erwartet wird, dass er diese verliert. In diesem Fall kann der Kanzler den Bundespräsidenten bitten, den Bundestag aufzulösen. Scholz sagte, der Bundestag könne den Weg für eine vorgezogene Neuwahl spätestens Ende März freimachen.
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