Düsseldorf. Eigentlich sollte der Krankenhausplan in NRW zum Jahreswechsel vorschreiben, wo noch was operiert werden darf. Nun gibt‘s neue Fristen.

Die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen sollen überraschend mehr Zeit zur Umsetzung der Reformpläne der schwarz-grünen Landesregierung bekommen. Wie NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Donnerstag bestätigte, sollen die Kliniken ihr bisheriges Behandlungsangebot noch mindestens bis 1. April 2025 vorhalten können. In einzelnen Leistungsgruppen soll die Abrechnung von Eingriffen sogar bis zum 1. Januar 2026 möglich bleiben. Eigentlich sollte die Reform zum Jahresbeginn 2025 in Kraft treten.

Man wolle den Krankenhäusern die notwendige Zeit geben, sich auf die Neuordnung von Abteilungen in NRW besser einstellen zu können, hieß es aus Laumanns Umfeld. Es könne im Einzelfall länger dauern, bis Kapazitäten in der einen Klinik ab- und in einer andere aufgebaut seien. Die Krankenhausgesellschaft (KGNW) begrüßte die längeren Übergangsfristen.

„Auch für die Patientinnen und Patienten schafft diese Zeit die Sicherheit, dass sie sich weiterhin auf eine verlässliche und qualitativ hochwertige Behandlung in den Kliniken verlassen können“, erklärte Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW). Die neue Krankenhausplanung bedeute für die NRW-Kliniken „einen echten Paradigmenwechsel, weil damit die Rahmenbedingungen für die Daseinsvorsorge verändert werden“, so Morell weiter.

NRW-Krankenhausplan: Neue Vorgaben für 60 Leistungsgruppen

NRW plant tiefe Einschnitte in der Krankenhausplanung. Das Land hat den rund 330 Häusern im Sommer mitgeteilt, wie es sich die künftige Versorgungsstruktur vorstellt. Dabei geht es in 60 sogenannten Leistungsgruppen mit zum Teil hohem medizinischen Spezialisierungsgrad um neue Vorgaben für Behandlungsqualität, Spezialisierung und Fallzahlen. Nicht jede Klinik darf künftig mehr jede finanziell lukrative Operation anbieten. Welche Leistungen genau erst zum 1. Januar 2026 beschränkt werden, muss nun der Landessausschuss für Krankenhausplanung neu bestimmen. Das Gesundheitsministerium ist offenbar noch in der Erarbeitung eines Vorschlags.

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Laumann verspricht sich von seiner Reform eine höhere Behandlungsqualität für die Patienten und eine Konzentration von Personal und Technik auf weniger Standorte. Bis zum Jahresende werden sogenannte Feststellungsbescheide verschickt, die den Krankenhäusern klare Vorgaben machen, wo künftig etwa keine Hüftprothesen und Kniegelenke eingesetzt oder Krebsoperationen vorgenommen werden dürfen.

Fast alle NRW-Kliniken hatten Nachbesserungen gefordert

Fast alle Kliniken hatten zuletzt in dem Anhörungsverfahren beim Land Nachbesserungen gefordert. Hintergrund: Wenn eine Abteilung mit lukrativen Eingriffen schließen muss, gerät bisweilen die wirtschaftliche Gesamtrechnung eines Hauses aus dem Gleichgewicht. Zudem gibt es die Sorge, dass andernorts gestärkte Fachbereiche nicht schnell genug gerüstet werden können für steigende Patientenzahlen.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). © dpa | Jan Woitas

Die Opposition im Landtag wertete die Fristverlängerung als politische Niederlage Laumanns. „Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hält dem Druck der Krankenhäuser nicht mehr stand und hat offensichtlich eingesehen, dass bei der Krankenhausplanung ein ‚mit dem Kopf durch die Wand‘ nicht funktioniert“, kommentierte SPD-Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat. Noch immer sei unklar, wie das Land die Transformationskosten der Reform bezahlen wolle. Bis zum Jahr 2030 sollen nur 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden, obwohl die Krankenhäuser rund sieben Milliarden Euro an Investitionsmitteln beantragt hätten, so Kapteinat.

Laumann habe „die Komplexität der Umsetzung und die Notwendigkeit einer breiten Abstimmung in den Versorgungsgebieten offenbar unterschätzt“, kritisierte auch Susanne Schneider, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion. Der Gewerkschaft Verdi reicht die Verschiebung nicht aus, wie Landesfachbereichsleiterin Susanne Hille deutlich machte: „Wir stellen ernsthaft in Frage, ob ein zusätzliches Zeitfenster von drei Monaten für NRW ausreicht, um 327 Stellungnahmen aufzuarbeiten, während die Analyse der Bundesauswirkungen noch nicht belastbar vorgenommen werden kann.“

Der Krankenhausplanung in NRW wurde im Konsens mit der Branche und unabhängig von den Reformplänen der Bundesregierung eingeleitet. Diese sieht die Einführung perspektivisch ein neues Vergütungssystem vor, das medizinisch unnötige Operationen aus Umsatzgründen künftig stärker verhindern soll. Mit der Reform erhalten Kliniken Fixbeträge für das reine Vorhalten von Personal und Medizintechnik, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen. Dazu gehören die Behandlungsqualität und die Erfahrung bei bestimmten Operationen.