Düsseldorf. Rund 86.000 Cannabis-Delikte hat die NRW-Justiz neu beurteilt. Doch die Arbeit geht weiter: Beschwerden und komplexe Fälle stehen noch an.
Vor rund einem halben Jahr ist das Gesetz zur Cannabis-Legalisierung in Kraft getreten. Im Zuge dessen gibt es eine Amnestie für Menschen, die zuvor wegen Cannabis-Besitzes in kleineren Mengen strafrechtlich verfolgt wurden. Dafür musste die NRW-Justiz mehr als 86.000 Altfälle sichten und neu bewerten.
Nach Angaben des Landesjustizministeriums wurden in NRW bis Ende April mehr als 9.000 Cannabis-Delikte identifiziert, die nach dem neuen Gesetz nicht mehr strafbar sind. Diese Haft- oder Geldstrafen wurden nun ganz oder teilweise aufgehoben.
Cannabis-Delikte: Weitere Fälle müssen neu aufgerollt werden
Doch auch nach der händischen Prüfung zehntausender Verfahren dürfte das Cannabisgesetz die NRW-Justiz noch über einen längeren Zeitraum erheblich belasten. „Die Amnestie-Regelung wird auch über den zum 1. April 2024 eingetretenen Straferlass hinaus Folgeaufwand verursachen“, teilte das Justizministerium auf Anfrage mit.
Mehr über Cannabis
- Seit Anfang Juli: Nur 43 Cannabis-Clubs in NRW beantragt
- Ehemaliger Dealer: „Mein Kopf war so kaputt von diesem Gras“
- Wie Cannabis gegen chronische Schmerzen hilft – und mehr
In Fällen, in denen neben dem jetzt sanktionsfreien Umgang mit Cannabis auch andere Delikte bestraft und verurteilt wurden, müssten die Gerichte nun die Strafen neu festsetzen. „Im Hinblick darauf haben die Staatsanwaltschaften die Urteile akribisch auszuwerten und die Akten den Gerichten vorzulegen“, erläuterte das Ministerium. „Zudem dürften mit deren Entscheidungen vielfach die Beschwerdegerichte befasst werden.“
Gesetz zur Cannabis-Legalisierung
Seit dem 1. April dieses Jahres dürfen Erwachsene über 18 Jahren unter anderem bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis mit sich zu führen. Erlaubt ist seitdem auch der Anbau von bis zu drei Pflanzen gleichzeitig in Privatwohnungen, aufbewahren darf man bis zu 50 Gramm Cannabis.
Seit 1. Juli können zudem nicht-kommerzielle Anbauvereinigungen mit bis zu 500 Mitgliedern an den Start gehen. Allein in NRW waren schon in den ersten Wochen nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes Dutzende Strafgefangene vorzeitig aus der Haft entlassen worden.
Darüber hinaus hätten Verurteilte ab 2025 die Möglichkeit, bei den Vollstreckungsbehörden zu beantragen, Einträge aus dem Führungszeugnis löschen zu lassen. Auch das werde auf dem Tisch der Staatsanwaltschaften und Gerichte, zusätzlich zu ihren weiteren Aufgaben, landen. (dpa)