Düsseldorf. In der Affäre um Kungel-Vorwürfe beim OVG-Präsidentenamt in NRW werfen private Nachrichten des Justizministeriums neue Fragen auf.

Im Justiz-Krimi um die rechtswidrige Besetzung des Präsidentenamtes beim Oberverwaltungsgericht (OVG) haben hochrangige Beamte das NRW-Justizministeriums offenbar über private Chat- und Mailkanäle zu gerichtsrelevanten Vorgängen kommuniziert.

Wie unsere Redaktion aus Parlamentskreisen erfuhr, haben die Obleute von SPD und FDP, Nadja Lüders und Werner Pfeil, in einem Schreiben vom 10. Oktober den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses im Landtag zur sogenannten „Kungel-Affäre“, Klaus Voussem (CDU), auf Ungereimtheiten in den Akten-Beweisbeschlüssen hingewiesen.

Gerichtsunterlagen aus Urlaub mit „web.de“-Adresse verschickt

Bei Durchsicht der Unterlagen, die das Justizministerium an den Ausschuss liefern musste, sei aufgefallen, dass der für den OVG-Besetzungsvorschlag zuständige Abteilungsleiter und seine Referatsleiterin sich mindestens über einen gerichtlichen Schriftsatz und einen Sprechzettel für den Rechtsausschuss des Landtags über eine ungeschützte private Mailadresse ausgetauscht hätten, schreiben Lüders und Pfeil. Einmal muss die Referatsleiterin in der heiklen Angelegenheit sogar aus dem Frankreich-Urlaub über eine „web.de“-Mailadresse geantwortet haben.

Desweiteren nehme Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) in einer hausinternen Mail Bezug auf Antworten, „die ich in den Chat geschrieben habe“. Unabhängig von der Frage, ob gerichtsverwertbare Vorgänge des Justizministeriums überhaupt über private Kanäle verbreitet werden dürfen, interessiert die Opposition nun vor allem, ob es neben den vorlagepflichtigen Akten für den Untersuchungsausschuss noch inoffizielle Kanäle gab. Herausgekommen war die Privatkommunikation durch Querverweise in den übermittelten offiziellen Regierungsakten.

Richter-Affäre: Untersuchungsausschuss fragt nach privaten Chats

Der Ausschussvorsitzende Voussem möge nun Justizminister Limbach auffordern, sämtliche Kommunikation zum Untersuchungsgegenstand über private Kanäle der Ministerialbeamten offenzulegen. Ein Untersuchungsausschuss hat gerichtsähnliche Befugnisse und kann bis auf einen engen Kernbereich der Exekutive (Arkanbereich) sämtliche Entscheidungsdokumente anfordern.

Unter dubiosen Umständen war das OVG-Präsidentenamt an eine Duz-Bekanntschaft von Limbach vergeben worden, die seit Jahren nicht mehr in der Justiz tätig ist und erst nachträglich ins Bewerbungsverfahren aufgenommen wurde. Ihr Interesse an dem Job hatte sie Limbach unmittelbar nach dessen Amtsantritt im Juli 2022 bei einem privaten Abendessen bekundet.

Zwei Verwaltungsgerichte hatten die Besetzung als rechtswidrig eingestuft und teilweise eine „manipulative Verfahrensgestaltung“ kritisiert. Das Bundesverfassungsgericht Karlsruhe verwies schließlich in einem spektakulären Beschluss den Fall zurück ans OVG und mahnte eine gründlichere Prüfung einer unzulässigen Vorfestlegung auf die Limbach-Favoritin an.