Düsseldorf/Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat im Streit um Mauschel-Vorwürfe gegen den grünen NRW-Justizminister Limbach spektakulär geurteilt.
Der monatelange Besetzungsstreit um das Präsidentenamt beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster geht weiter. Das Bundesverfassungsgericht hat am Donnerstag in einem spektakulären Beschluss die umstrittene Auswahlentscheidung von NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) aufgehoben und die Sache an das OVG zurückverwiesen.
„Dieses wird zu klären haben, ob tatsächlich eine unzulässige Vorfestlegung des Ministers gegeben war“, erklärte Karlsruhe. Das OVG habe bislang Einwände eines übergangenen Bundesrichters gegen die Besetzungsentscheidung der schwarz-grünen Landesregierung nicht ausreichend gewürdigt. Damit geht die sogenannte „Mauschel-Affäre“, die parallel in einem Untersuchungsausschuss des Landtags aufgearbeitet wird, in die nächste Runde.
Das OVG hatte am 1. März überraschend klar entschieden hatte, dass eine Bekannte von Limbach neue Präsidentin in Münster werden dürfe. Vorwürfe einer „manipulativen Verfahrensgestaltung“, die zuvor das Verwaltungsgericht Münster festgestellt hatte, hätten sich nicht als belastbar erwiesen. Auch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, das Limbachs Besetzung als rechtswidrig eingestuft hatte, wurde aufgehoben.
Mauschelvorwürfe: NRW-Justizminister führte Bewerbungsgespräche mit Richterkandidaten
Geklagt hatten damals ein Abteilungsleiter des Justizministeriums, der den Präsidentenposten eigentlich bekommen sollte, und eben jener jetzt in Karlsruhe erfolgreiche Bundesrichter, dem die höchste Rechtsprechungskompetenz im Bewerberfeld bescheinigt wird. Höchste Richterstellen der unabhängigen Justiz werden in NRW zwar von der Landesregierung besetzt, allerdings muss dem eine transparente „Bestenauslese“ der Fachabteilung des Justizministeriums vorgeschaltet werden, damit sich die Politik keine „genehme“ Kontrollinstanz schaffen kann.
Allein Limbach persönlich führte jedoch zwischen Juli 2022 und April 2023 neun Bewerbergespräche mit Kandidaten für das OVG-Präsidentenamt. Weitere fünf Gespräche führte im Vorfeld der eigentlich gar nicht zuständige Staatskanzleichef Nathanael Liminski (CDU).
Eine Duz-Bekanntschaft und frühere Richter-Kollegin von Limbach, die ihr Interesse am OVG-Präsidentenamt kurz nach dessen Amtsantritt bei einem privaten Abendessen im Juli 2022 angekündigt hatte und nachträglich ins eigentlich abgeschlossene Bewerbungsverfahren einsteigen konnte, bekam am Ende den Zuschlag.
Die Limbach-Bekannte sprach ihre Bewerbung beim privaten Abendessen an
Unter Juristen sorgte für erhebliche Irritationen, dass nicht einmal eine „Eidesstattliche Versicherung“ des unterlegenen Bundesrichters beim OVG den Verdacht erhärten konnte, die Landesregierung habe sich vorab auf die Limbach-Bekannte festgelegt. In dem dreiseitigen Dokument wurde detailliert geschildert, wie noch vor Eingang von Dienstbeurteilungen der Bundesrichter bedrängt wurde, seine Bewerbung zurückzuziehen.
Unter anderem wurde öffentlich, dass sich der Justiziar der CDU/CSU-Bundestagsgruppe, Ansgar Heveling, in einem sehr frühen Verfahrensstadium bei dem Bundesrichter gemeldet hatte. „Herr Heveling unterrichtete mich, dass man sich in Koalitionskreisen in Düsseldorf wünsche, dass eine Frau OVG-Präsidentin werde. Dies sei vor allen Dingen ein Wunsch der Grünen“, heißt es in der „Eidesstattlichen Versicherung“ wörtlich. Heveling hatte zuvor Staatskanzleichef Liminski „angeboten, mich mit dem Bewerber, der als Bundesrichter tätig ist, über das OVG NRW auszutauschen“.
Das Bundesverfassungsgericht monierte, dass sich die Oberverwaltungsrichter in NRW offenbar gar nicht die Mühe gemacht haben, diese dubiosen Umstände aufzuklären, obwohl sie ein Bundesrichter an Eides statt vorgebracht hat.
Ob Limbach sich die weitere Hängepartie nach dieser Klatsche aus Karlsruhe antun wird oder von sich aus sein Amt zur Verfügung stellen wird, war am Donnerstagmorgen noch nicht abzusehen. Die Opposition im Landtag hält den Sohn der früheren Bundesverfassungsgerichtspräsidentin Jutta Limbach schon länger für nicht mehr tragbar.