Berlin. Das Vertrauen in Regierung und Politik ist dramatisch gering. CSU-Chef Markus Söder sollte daher auf populistischen Unsinn verzichten.
Das Licht der Ampelkoalition ist erloschen. Zumindest in den Augen der Bevölkerung. Nur drei Prozent der Befragten sagen in einer aktuellen Umfrage, dass das Bündnis aus SPD, Grünen und FDP unter der Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz gut für Deutschland sei. Drei Prozent. Der Wert ist nach drei Jahren Regierungszeit ein Fiasko für die beteiligten Parteien. Bei der Landtagswahl in Brandenburg droht den Ampel-Partnern die nächste Katastrophe.
Die SPD mit dem im Land beliebten Ministerpräsidenten Dietmar Woidke kämpft zwar nicht aussichtslos darum, erneut stärkste Kraft zu werden. Ein denkbares Szenario ist allerdings, dass die Sozialdemokraten zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung die Spitzenposition zwischen Havel und Oder an die AfD verlieren, die Grünen aus dem Landtag fliegen und die FDP wie schon zuvor in Sachsen und Thüringen in den Bereich abrutscht, der am Wahlabend nicht einmal mehr mit einem eigenen Balken in den Diagrammen gewürdigt wird.
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Vorgezogene Neuwahlen: Die Hälfte der Bevölkerung ist dafür
Dieses Ergebnis wäre wie schon zuvor in Sachsen und Thüringen in erster Linie eine Folge der großen Unzufriedenheit mit der Ampel im Bund. Die Spitzen der Koalition müssen dann die Frage beantworten, warum sie ihr brüchiges Bündnis noch ein Jahr bis zum regulären Termin der Bundestagswahl am 28. September durchschleppen wollen. Nach der Klärung der Kanzlerkandidatur in der Union liegen die Karten auf dem Tisch.
Die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger wünscht sich der bereits genannten Umfrage des Allensbach-Instituts zufolge vorgezogene Neuwahlen. Große Hoffnungen in der Bevölkerung ruhen demnach auf der Union: Mehr als die Hälfte der Befragten möchte, dass CDU und CSU in einer künftigen Regierung vertreten sind. Eine Regierung unter einem CDU-Kanzler Friedrich Merz ist aktuell die wahrscheinlichste Option.
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Söder: Koalition mit den Grünen ist „absolutes No-Go“
Allerdings wird Merz Partner brauchen. Sein gefährlichster Freund, der CSU-Vorsitzende Markus Söder, prescht vor und erklärt ein Bündnis mit den Grünen als „absolutes No-Go“, das seine Partei verhindern werde. Was steckt dahinter? Ist dies entgegen aller Versprechen, die der von seinen Kanzlerkandidatur-Ambitionen zurückgetretene Söder mit treuherzigem Augenaufschlag und Kreidestaub im Bart gegeben hat, diesen Wahlkampf nicht zu sabotieren, nun doch sein erstes Störmanöver?
Taktisch klüger und für Merz bequemer wäre es schließlich, sich möglichst viele Optionen offenzuhalten. Denn blickt man auf die Parteienlandschaft, hat der Kanzlerkandidat nicht viele davon: Die AfD und die BSW-Partei von Sahra Wagenknecht scheiden für eine Union, die Deutschlands Verantwortung in Europa und die transatlantische Partnerschaft als Grundpfeiler ihres Handelns sehen, als Koalitionspartner aus. Bleiben SPD, Grüne sowie die FDP, falls die Liberalen bis zur Wahl gegenüber den Umfragen deutlich zugewinnen sollten.
Söders rote Linien sind populistischer Unsinn
Eine Partei aus der demokratischen Mitte so kategorisch als Partner auszuschließen, wie es Söder nun mit den Grünen tut, ist angesichts der Stärke von AfD und BSW populistischer Unsinn. Der bayerische Ministerpräsident sollte sich vor Augen führen, was zu der großen Unbeliebtheit der Ampelkoalition geführt hat: das ständige Gestichel, der nie endende Streit, die nervigen Querschüsse, die von konkreter Politik ablenken. Der große Frust im Land mit der Politik ist zu einer Gefahr für unsere Demokratie geworden. Drei Prozent verbliebener Zuspruch. Das muss auch CDU und CSU eine Warnung sein.