Berlin. Seit Montag können Cannabis-Clubs an den Start gehen. Was jetzt gilt und warum selbst Betreiber nur bedingt an den Erfolg glauben.
Zum offiziellen Beginn stehen viele der Clubs längst in den Startlöchern: Seit diesem Montag können sich in Deutschland Vereine um die Erlaubnis bewerben, im großen Stil Cannabis anzubauen – ganz legal.
Es ist ein Tag, auf den viele Menschen gewartet haben. Schon seit April dieses Jahres sind der Konsum der Droge und der private Anbau in der eigenen Wohnung mit bis zu drei Pflanzen legal. Die Clubs, auch Anbauvereinigungen genannt, sollen jetzt einen legalen Weg zu Marihuana und Haschisch bieten für alle, die nicht zu Hause gärtnern wollen. Erklärtes Ziel der Bundesregierung: Mit den nicht-kommerziellen Vereinen soll der Schwarzmarkt zurückgedrängt werden.
Das Interesse zum Start ist groß. Burkhard Blienert (SPD), Bundesdrogenbeauftragter, geht auf der Grundlage der Rückmeldungen an sein Büro davon aus, dass mindestens eine hohe dreistellige Zahl an Vereinen entstehen könnte.
Cannabis-Club aus Leipzig hofft auf erste Ernte Ende Dezember
Marten Knopke ist Vorsitzender von einer dieser Vereinigungen, dem Cannabis Social Club Leipzig. Den Montag hat er vor allem mit Organisation und Gesprächen mit Behörden verbracht, erzählt er. Denn den Antrag wollen sie so schnell wie möglich abgeben.
„Wenn wir die Lizenz pünktlich innerhalb von drei Monaten bekommen und auch sonst alles klappt, können wir je nach Sorte Ende Dezember, Mitte Januar das erste Mal ernten“, sagt er. Die Abgabe des Ertrags an die Mitglieder – schon jetzt etwa 360 Menschen – wäre dann vier bis sechs Wochen später möglich. Der Verein hofft, Cannabis für 8 bis 10 Euro pro Gramm abgeben zu können, zusätzlich zum Mitgliedsbeitrag von 240 Euro im Jahr.
So oder ähnlich wollen das auch andere Projekte in Deutschland angehen. Der Anbau in den Vereinen unterliegt einer langen Liste von Regulierungen: kein Konsum des Produkts auf dem Gelände des Vereins, mindestens 200 Meter Abstand zu Schulen und Kindergärten. Die Mitglieder müssen volljährig sein und seit mindestens sechs Monaten in Deutschland wohnen, die Mindestdauer einer Mitgliedschaft liegt bei drei Monaten. Auf diese Weise soll Drogentourismus verhindert werden. Maximal 500 Mitglieder darf ein Club haben, Mehrfachmitgliedschaften sind ausgeschlossen.
Aus der gemeinsamen Ernte können die Vereine Cannabis an ihre Mitglieder abgeben, in Form von Marihuana, also getrockneten Blüten und blütennahen Blättern, oder Haschisch. Für 18- bis 21-Jährige ist die Abgabe beschränkt auf 30 Gramm im Monat, der THC-Gehalt auf 10 Prozent. Für Mitglieder über 21 liegt die maximale Abgabemenge bei 25 Gramm am Tag, 50 Gramm insgesamt im Monat. Abgeholt werden müssen Marihuana oder Haschisch persönlich vor Ort.
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Cannabis-Vereine: Für Gelegenheitskiffer lohnt es sich kaum
Und: Wer im Verein ist, muss auch wirklich anbauen, nur in der Kartei stehen und einmal im Monat Cannabis abholen, geht nicht. Mitglieder hätten „aktiv mitzuwirken“, heißt es dazu im Gesetz. Nur was das genau bedeutet, sei noch ziemlich schwammig, sagt Marten Knopke. „Aus Qualitätsgesichtspunkten macht es keinen Sinn, dass 500 Leute in der Halle mit den Pflanzen unterwegs sind, da wird das Produkt schnell kontaminiert“, sagt er. Das wolle niemand. „Aber es ist festgelegt, dass die Mitglieder ‚anbaunahe‘ Tätigkeiten durchführen müssen.“ Auch andere Clubs berichten von Verunsicherung, was genau diese Vorschrift für den funktionierenden Anbau bedeuten wird.
Es war nicht die einzige offene Frage zum Start. Der Deutsche Städtetag etwa kritisiert, dass es wenige Tage vor Beginn noch nicht überall abschließend klar war, wer für Genehmigungen und Kontrollen zuständig sei. Festlegen sollen das die Länder, und so gibt es nun verschiedene Stellen für Anträge. In Berlin gibt es noch keine Verordnung.
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Dass die Clubs genug sein werden, um ein ausdrückliches Ziel der Reform zu erreichen und illegalen Handel zu beenden, daran glaubt Knopke aber nicht. „Den Schwarzmarkt werden wir als Clubs alleine nicht verdrängen können, dafür gibt es einfach zu viele Konsumenten.“ Clubs wie seiner seien interessant für Leute, die 25 Gramm oder mehr im Monat rauchen, die meisten seien aber eher Gelegenheitskiffer, die eher 2 bis 3 Gramm konsumieren. „Für die gibt es kaum einen Grund, Grundbeiträge für die Mitgliedschaft im Verein zu zahlen, das lohnt sich für die nicht.“ Um den Schwarzmarkt und die Organisierte Kriminalität dahinter zurückzudrängen, brauche es deshalb „unbedingt“ auch den kommerziellen Verkauf in lizenzierten Shops.
Ähnlich sieht das Janis Schneider von der Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin. „50 Gramm ist eine erhebliche Menge“, sagt Janis Schneider von der Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin. Das bedeute in der Regel täglichen und intensiven Gebrauch. Bei denen, die nur gelegentlich konsumieren, stelle sich die Frage, wie hoch der Anreiz ist, wirklich Mitglied in einem Anbauverein zu werden.
Drogen: Suchtprävention braucht mehr Ressourcen, sagt ein Experte
Trotzdem könne die Legalisierung ein „Türöffner“ sein, glaubt er. Schon die Tatsache, dass Cannabis jetzt legal ist, mache Gespräche über die Risiken des Konsums einfacher. Eine Verantwortung sieht er auch bei den Clubs selbst – die müssten ihre gesetzliche Verpflichtung zur Suchtprävention und -beratung ernst nehmen. „Das wird dann erfolgreich, wenn das nicht alleinige Aufgabe des benannten Präventionsbeauftragten im Verein ist, sondern vom ganzen Verein getragen wird.“
Für sinnvolle Vorbeugung von Sucht, sagt er, brauche es aber vor allem: Ressourcen und Geld. „Und da blicken wir bis heute ziemlich ins Leere“, sagt Schneider.