Berlin. Die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz sagt, wie schädlich Mobilfunkstrahlen sind und warnt vor einer unterschätzten Gefahr.

Inge Paulini hat Gefahren im Blick, die vielen Menschen in Deutschland gar nicht bewusst sind. Als Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz weiß sie nicht nur, wie wir uns effektiv vor UV-Strahlung schützen. Im zweiten Teil des Interviews geht es um die Folgen durch Handystrahlung und welche Gefahr im Alltag wir alle kennen sollten, die jedoch nur wenigen bewusst ist.

Viele sorgen sich um Mobilfunkstrahlung. Telefonieren Sie noch mit dem Handy am Ohr?

Inge Paulini: Für Mobilfunkstrahlung gilt grundsätzlich: Je näher ich das Gerät am Körper trage, desto höher ist die Strahlenbelastung. Und: Je schlechter der Empfang, desto mehr muss das Handy arbeiten, um die Verbindung aufrechtzuerhalten. Auch das steigert die Belastung. Aber es gibt Grenzwerte für die Mobilfunkstationen und auch für die Handys selbst. Erst wenn sich die Ganzkörpertemperatur durch die Strahlung dauerhaft um mehr als ein Grad Celsius erhöht, wird es gesundheitlich riskant. In Deutschland werden die Grenzwerte eingehalten, die weit unter dieser Temperaturerhöhung liegen, wir sind deswegen gut geschützt. Wer trotzdem die Strahlung weiter reduzieren will, sollte per Festnetz telefonieren oder Kopfhörer nutzen.

Lesen Sie hier Teil 1 des Interviews: Strahlenexpertin nennt Faustregel, wie viel Sonnencreme wirklich genug ist

Sollte man sein Handy auf den Nachttisch legen?

Gesundheitliche Bedenken dagegen gibt es aus Strahlenschutz-Sicht nicht. Wir sehen aber, dass sich Menschen Sorgen machen, weil sie glauben, sie seien einer hohen Strahlenbelastung ausgesetzt. Dafür haben wir jetzt ein Angebot: Wir verleihen sogenannte Exposimeter, die man 24 Stunden lang am Körper tragen muss. Unsere Fachleute schauen sich die Messdaten an und schicken dann eine Auswertung.

Liefern E-Autos schädliche Strahlung?

Wir werden noch in diesem Jahr neue Forschungsergebnisse dazu veröffentlichen, wie Insassen von E-Autos elektromagnetischen Feldern ausgesetzt sind. Die Zwischenergebnisse zeigen, dass da keine Gefahr vorliegt. Sie zeigen aber auch, dass es Möglichkeiten gäbe, wie Hersteller die Strahlenbelastung bautechnisch verringern könnten.

Gibt es Strahlungsquellen, die wir alle unterschätzen?

Viele unterschätzen die Wirkung von Radon: Radon ist ein radioaktives Gas, das aus dem Boden freigesetzt wird und sich in Räumen ansammelt. Die Belastung ist in Kellern und Erdgeschossräumen am höchsten und wird in den oberen Stockwerken weniger. Wenn man Radon lange ausgesetzt ist, kann sich Lungenkrebs bilden. Es betrifft Menschen in Büroräumen genauso wie in Privatwohnungen.

Ein Radon-Exposimeter, mit dem man die Belastung der eigenen Wohnung messen kann.
Ein Radon-Exposimeter, mit dem man die Belastung der eigenen Wohnung messen kann. © picture alliance/dpa | Uli Deck

Ist die Gefahr überall in Deutschland gleich?

Es hängt vom Untergrund ab, wie viel Radon freigesetzt wird. Das kann von Ort zu Ort stark schwanken. Wir empfehlen jedem, die Radonkonzentration in den unteren Räumen zu messen, wenn man sich darin lange aufhält. Auch Betriebe sollten ihre Räume auf Radonbelastung überprüfen.

Was kann man dagegen tun?

Es gibt viele Möglichkeiten: Lüften ist eine gute Erstmaßnahme. Auch der Einbau einer technischen Lüftungsanlage kann sinnvoll sein. Außerdem kann man das Gebäude gegen Radon abdichten oder das Radon unter dem Gebäude absaugen. Wer wissen will, wie hoch die Radonbelastung in seinen Räumen ist, kann eine Langzeitmessung machen. Das geht sehr einfach, man kann die Messdosen im Netz bestellen.

Den letzten Teil des Interviews lesen Sie hier: Droht uns nuklearer Ernstfall? „Müssen uns auf Terroranschläge einstellen“

Inge Paulini ist seit 2017 Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz. 1960 in Siebenbürgen in Rumänien geboren, studierte sie Ökotrophologie (Ernährungs- und Haushaltswissenschaft) in Bonn. Seit 2009 war sie als Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen in der wissenschaftlichen Politikberatung tätig. Zuvor leitete sie im Umweltbundesamt unter anderem die Abteilung für Nachhaltigkeitsstrategien und das Fachgebiet für Grundsatzfragen.