Düsseldorf. Vor der nächsten Ministerpräsidenten-Konferenz mit dem Kanzler erhöht NRW-Chef Wüst bei der Migration den Druck. Das hat Gründe.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat sich für Verhandlungen mit der islamistischen Terrorgruppe der Taliban ausgesprochen, um schwerkriminelle Asylbewerber leichter nach Afghanistan abschieben zu können.
Nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Mord an einem Polizisten in Mannheim fragten die Bürger die Politik „Was macht ihr?“, so Wüst am Donnerstag vor der Düsseldorfer Landespressekonferenz. „Deswegen glaube ich, wird die Bundesregierung in den sauren Apfel beißen müssen und Kontakt aufnehmen müssen, um mit den Taliban eine Rückkehr solcher Menschen zu gewährleisten.“
Wüst räumte ein, dass dies „kein schönes Thema“ sei, aber „für den inneren Frieden unserer Gesellschaft“ nun angegangen werden müsse. Seit der erneuten Machtübernahme der Taliban in Kabul vor gut drei Jahren gilt in Deutschland ein Abschiebestopp für Afghanistan. Bislang sollten direkte Kontakte und Geldzahlungen unbedingt vermieden werden.
Die NRW-Grünen widersprachen ihrem Regierungschef postwendend. Abschiebungen seien wegen der aktuellen Bewertung der Menschenrechts- und Sicherheitslage in Afghanistan „rechtsstaatlich nicht zulässig“, sagte Grünen-Landtagsfraktionschefin Verena Schäffer zum Wüst-Vorstoß. Wer mit den Taliban verhandeln wolle, stärke ein brutales islamistisches Terrorregime.
Bislang keine Abschiebegespräche und kein Geld für Kabul
Zuletzt hatte sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) erstmals hinter die Abschiebung von Straftätern nach Syrien und Afghanistan gestellt. Asylbewerber aus beiden Ländern genossen bislang praktisch automatisch einen Schutzstatus, selbst wenn sie keine individuelle Verfolgung nachweisen konnten. Die praktische Umsetzung der neuen Abschiebehärte ist aber weiterhin ungeklärt, zumal Verwaltungsgerichte im Einzelfall prüfen müssten, ob eine Rückführung unter Menschenrechtsgesichtspunkten verantwortbar erscheint.
Insgesamt erhöht Wüst vor der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Kanzler kommende Woche den Druck. Das Treffen sei für Scholz „die letzte Ausfahrt“, Vorschläge für eine wirksame Steuerung und Ordnung beim Thema Migration zu machen. Die aktuellen Zugangszahlen zeigten, dass von Entspannung keine Rede sein könne. Es kämen weiterhin 4000 bis 5000 Flüchtlinge pro Monat nach NRW. Nicht einmal die Hälfte davon seien Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, der Rest seien „Asylanträge aus aller Herren Länder“.
Länder wollen Sachstand zu Asylverfahren in Drittstaaten
„Wenn das so weitergeht, dann wird Integration irgendwann kaum noch eine Rolle spielen, dann geht es nur noch um Versorgung und Unterbringung“, warnte Wüst. Da die Behörden selbst ausreisepflichtige Asylbewerber aus rechtlichen oder praktischen Gründen zumeist nicht abschieben können, fordert Wüst einen Paradigmenwechsel: „Wir müssen irreguläre Migration beenden.“
Der NRW-Regierungschef will Asylverfahren außerhalb der Europäischen Union abwickeln, damit Menschen ohne Asylgrund erst gar nicht nach Deutschland einreisen. Der Bund hat zugesagt, exterritoriale Asylverfahren nach den Standards der Vereinen Nationen zu prüfen. Das Ergebnis müsse nun vorgelegt werden, so Wüst. Für solche Verfahren kämen nicht nur afrikanische Partner in Betracht, sondern „auch Länder auf dem europäischen Kontinent außerhalb der EU“.