Düsseldorf. Der NRW-Ministerpräsident will Flüchtlinge, die keinen Schutzstatus erwarten können, gar nicht mehr ins Land lassen. Das zeigt Wirkung.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat mit einem überraschenden Vorstoß für Asylverfahren außerhalb Europas Skepsis bei seinem grünen Koalitionspartner hervorgerufen.
„Wir sind gerne bereit, über alle Maßnahmen zu diskutieren, die die Situation nachhaltig verbessern. Klar muss aber sein, dass der individuelle Anspruch auf Asyl und rechtssichere Verfahren handlungsleitend bleiben müssen“, erklärte eine Sprecherin von Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) gegenüber unserer Redaktion.
Benjamin Rauer, flüchtlingspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, ging auf Anfrage noch deutlicher auf Distanz: „Die meisten Geflüchteten, die bei uns Schutz suchen, fliehen vor Krieg, Terror und Verfolgung und haben einen Anspruch auf Schutz. Daran ändern auch politische Gedankenspiele nichts, zumal grundlegende Menschenrechte eingehalten werden müssen.“ Dazu gebe auch ein Urteil aus London „wichtige Hinweise“, so Rauer. Zuletzt hatte ein Berufungsgericht umstrittene Pläne der britischen Regierung gekippt, Bootsflüchtlinge direkt mit Flugzeugen nach Ruanda zu bringen, damit sie in Ostafrika ihr Asylverfahren durchlaufen und ohne Schutzanspruch gar nicht erst in Großbritannien sesshaft werden.
Wüst will Anlehnung als EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei
Wüst hatte in der „Süddeutschen Zeitung“ am Dienstag vorgeschlagen, ähnlich wie beim EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei neue Vereinbarungen mit afrikanischen Staaten zu treffen. Flüchtlinge sollten nach dem Aufgreifen in Europa in Partnerländer entlang der Fluchtrouten gebracht werden, „damit dort Verfahren und Schutzgewährung nach rechtsstaatlichen Regeln stattfinden“, wurde Wüst zitiert. „Das heißt, die, die keinen Schutzstatus erwarten können, kommen erst gar nicht in unser Land.“ Die Partnerländer müssten dafür finanziell unterstützt werden. Bundesweit sind rund 300.000 Zuwanderer ausreisepflichtig, die meisten besitzen aber den Duldungsstatus, weil sie aus unterschiedlichen Gründen wie Krankheit oder fehlenden Papieren nicht abgeschoben werden können.
Vorstoß aus NRW: Kanzler Scholz gibt einen „höflichen Rat“
Zustimmung erhielt Wüst von Politikern aus SPD und FDP. Kanzler Olaf Scholz (SPD) gab am Rande einer Afrika-Reise jedoch den „höflichen Rat“, vor solchen Gedankenspielen erst einmal die Interessenlage jener Staaten abzuklären, die auf ihrem Boden für Deutschland die Asylverfahren durchführen sollen.
Am Montag findet der nächste Bund-Länder-Gipfel statt, von dem wegweisende Schritte aus der Flüchtlingskrise erwartet werden. Die Länder hoffen dabei auch auf mehr Geld aus Berlin. Ganz konkret erwarte man „feste Zusagen zu einer dauerhaften finanziellen Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterbringung, Versorgung und Integration“, so das NRW-Flüchtlingsministerium.