Berlin. Unglücke in der Luftfahrt wie nun im Iran sind nicht selten. Das hat mit dem Alter der Helikopter zu tun – und mit den US-Sanktionen.
Das Hubschrauber-Unglück macht auf die prekäre Lage der iranischen Luftflotte aufmerksam. Die offiziellen Medien vermieden zunächst den Begriff „Absturz“ und sprachen stattdessen von einer „harten Landung“ oder einem „Zwischenfall“. Diese Sprachregelung erinnert an frühere Luftfahrtunfälle, sowohl bei Regierungsvertretern als auch bei Passagierflügen. Jetzt ist allerdings gewiss: Der iranische Präsident Ebrahim Raisi, der von einer Staudamm-Einweihung zurückfliegen wollte, ist bei dem Aufprall gestorben.
Iran: Hubschrauber-Unglück des Präsidenten nicht erster Luftfahrtunfall
Im Februar 2023 stürzte ein Hubschrauber des iranischen Sport- und Jugendministers in Kerman im Südosten Irans ab. Dieser Hubschrauber gehörte dem iranischen Roten Halbmond. Zwar überlebte der Minister, doch sein Büroleiter kam ums Leben. Offiziell wurde der Unfall als „menschliches Versagen“ deklariert. Interessanterweise hatte der iranische Rote Halbmond aber nur zwei Monate zuvor bekannt gegeben, dass zehn seiner Hubschrauber nicht flugfähig seien. Insgesamt verfügt der Rote Halbmond nur über 24 Hubschrauber, während Experten schätzen, dass Iran aufgrund seiner geografischen Ausdehnung und Vielfalt mindestens 400 zivile Hubschrauber benötigt.
Die Wartung und Modernisierung der iranischen Luftflotte ist seit der Islamischen Revolution 1979 und den darauf folgenden weitreichenden Sanktionen der USA und anderer westlicher Staaten ein erhebliches Problem. Um diese Sanktionen zu umgehen, gründet die iranische Regierung sowie halb-staatliche Organisationen wie der Rote Halbmond sogenannte Tarnunternehmen. Während des kurzen Zeitraums des Atomabkommens zwischen Iran und den westlichen Ländern gab es eine kleine Öffnung zur Modernisierung der Flotte. So konnte der iranische Rote Halbmond 2015 sechs Bell 412 Hubschrauber erwerben, von denen einige auch dem Präsidenten zur Verfügung stehen.
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Auch die mächtigen Revolutionsgarden versuchen, die Sanktionen zu umgehen, indem sie Ersatzteile für Flugzeuge und Hubschrauber über Tarnunternehmen beschaffen. Ein Bericht des BBC Persian aus dem Jahr 2023 deckte auf, dass diese Tarnunternehmen nicht nur den Sanktionen ausweichen, sondern auch Korruption innerhalb der Revolutionsgarden fördern. 2021 wurde der damalige Chef des iranischen Roten Halbmondes wegen eines Vertrags über den Import von Hubschraubern aus Russland der Korruption beschuldigt, seines Amtes enthoben und später vor Gericht gestellt. Sein Nachfolger annullierte den Vertrag.
Iran: Ein Großteil der Flugzeuge und Helikopter hat noch der Schah gekauft
Der Absturz von Raisis Hubschrauber ist nicht der erste Zwischenfall dieser Art. Im Juni 2013 war der damalige Präsident Mahmoud Ahmadinejad in einen ähnlichen Unfall verwickelt, als sein Hubschrauber auf dem Weg zu einer Tunnelbaustelle in den Alborz-Bergen notlanden musste. Es wurde niemand verletzt.
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Luftfahrtunfälle in Iran bleiben häufig im Dunkeln, da die Regierung selten genaue und umfassende Erklärungen liefert. Diese Intransparenz führt zu Spekulationen über mögliche politische Motive hinter den Unfällen. Ein prominentes Beispiel ist der Absturz eines Militärflugzeugs 2005, bei dem Ahmad Kazemi, ein hochrangiger Kommandeur der Revolutionsgarden, ums Leben kam. Die genauen Ursachen wurden nie vollständig geklärt, was Raum für Spekulationen über eine absichtliche Sabotage ließ.
Neben den politischen Unklarheiten ist auch das Alter der iranischen Luftflotte ein wesentlicher Faktor für die hohe Anzahl an Unfällen. Ein Großteil der Flugzeuge und Hubschrauber wurde noch vor 1979 unter dem letzten Schah erworben.
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