Wien.. Herbert Kickl ist mit der rechtsextremen FPÖ bei den Nationalratswahlen am Sonntag stärkste Kraft geworden. Wer ist dieser Mann?
- Die rechtspopulistische FPÖ in Österreich hat bei den Nationalratswahlen einen Sieg hingelegt
- An der Spitze der Partei steht Herbert Kickl, der sie geprägt hat wie lange keiner mehr
- Gleichzeitig sagen die Konservativen von der ÖVP: Koalition mit der FPÖ nur, wenn Kickl keine Rolle spielt
- Kickl fiel in der Vergangenheit mit abstrusen Sprüchen, schrägen Corona-Ratschlägen und Antisemitismus auf
- Wie tickt der Mann?
Es war der befürchtete Erfolg: Die rechtsextreme FPÖ erreichte am Sonntag bei den Nationalratswahlen 29,2 Prozent der Stimmen, 12,6 Prozentpunkte mehr als bei der letzten Wahl. Dahinter kommt die konservative ÖVP, die mit 26,3 Prozent einen Verlust von 11,2 Prozentpunkten zu verkraften hat. Nach dem vorläufigen Endergebnis liegen die Sozialdemokraten mit 21,1 Prozent erstmals nur auf Platz drei. Das Wahlergebnis ist für Österreich gleich in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur. Noch nie waren die ÖVP und die SPÖ zeitgleich so schwach.
Nun beginnt ein schwieriges Koalitions-Geschachere, und im Zentrum steht der umstrittene FPÖ-Chef Herbert Kickl. Schon im Wahlkampf hatte er sich als „Volkskanzler“ gesehen. Wer ist dieser Mann?
Ein Trümmerfeld war die FPÖ, als Herbert Kickl (55) im Juni 2021 den Vorsitz übernahm. Die Partei hatte noch immer mit den Folgen des Ibiza-Skandal-Videos von 2019 zu kämpfen. Zwei angetrunkene Politiker waren da zu sehen, wie sie einer vermeintlich russischen Oligarchen-Nichte halb Österreich verkauften. Das war das Ende der Koalition von ÖVP und FPÖ. Und es war das Ende ihres damaligen Langzeit-Chefs Heinz Christian Strache.
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Kickl war in der Öffentlichkeit als eher Charisma-befreiter Asket bekannt – als Wüterich, Triathlet, Skandal-Innenminister. Ein Mann, der früher eigentlich lieber im Hintergrund die Strippen zog und den es seit geraumer Zeit ganz nach vorne zieht.
Österreich: FPÖ als Stimme Russlands
Eine Pandemie und ein russischer Überfall auf die Ukraine liegen zwischen der Ibiza-Affäre von 2019 und heute. Ab 2020 hat sich die FPÖ zur Stimme der Leugner gemacht. Kickl kam zu zweifelhafter Berühmtheit, als er das Pferde-Entwurmungsmittel Ivermectin zur Behandlung von Covid-Patienten empfahl – sein „Plan B“ für die Pandemie. Im Krieg gegen die Ukraine wurde die FPÖ zur Stimme Russlands in Österreich.
Das Spiel mit Tabubrüchen, das rhetorische Eiertanzen, die Empörung, der Opfermythos sind Kickls politische Klaviatur – eine, die er virtuos bespielt. Kickl war es, der die Reden von Jörg Haider (FPÖ-Chef von 1986 bis 2000) schrieb. Und Haider war es, der die FPÖ mit eben diesen Reden von einer schrulligen Kellerpartei zu einem extrem rechten Schlachtschiff machte. Dass Haider den damaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac einen „Westentaschen-Napolen“ nannte, war Kickls Idee. Kickl dichtete auch Slogans wie diese: „Wiener Blut – zu viel Fremdes tut niemandem gut.“
Und heute? Politisch ist Kickl radikal und hat seine Partei noch weiter nach rechts gerückt. Unter seiner Parteiführung gibt es keine Abgrenzung zu den Identitären. Die seien nichts anderes als eine „NGO (Nicht-Regierungsorganisation, Anm. d. Red.) von rechts“. Von ihr borgt er sich denn auch Begriffe wie „Remigration“ oder das Märchen vom „Bevölkerungsaustausch“.
Kickl will „Ketten brechen“, wettert gegen „Volksverräter“, die auf eine „Fahndungsliste“ zu setzen seien, oder gegen einen „Bevölkerungsaustausch“, der von „Globalisten“ betrieben werde. Die Stoßrichtung: „Die da oben“, die „Systempolitiker“, von denen er sich bewusst abgrenzen will. Dabei ist er selbst einer. Kickl hat auch nie außerhalb des Politikbetriebs gearbeitet.
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Aber Kickl ist ein Skandalteflon, nichts bleibt an ihm hängen. Es gibt keine Skandalbilder, keine Gerüchte über Affären oder Exzesse. Sein Privatleben ist außen vor. Was man weiß: Kickl ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt in einer Kleinstadt westlich von Wien. Nur diese eine Jugendposse ist bekannt: Als Jugendlicher hatte er einmal mit der späteren Grünen-Chefin Eva Glawischnig angebandelt.
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