Dresden. In Sachsen ist der SPD-Europaabgeordnete Matthias Ecke angegriffen worden. Der 41-Jährige kam ins Krankenhaus, die Partei ist entsetzt.
Der SPD-Europaabgeordnete Matthias Ecke ist in Dresden auf offener Straße angegriffen worden. Wie seine Partei am Samstag mitteilte, wurde der 41-Jährige schwer verletzt und musste operiert werden. Der Angriff ereignete sich demnach beim Aufhängen von Wahlplakaten. Andere Plakatier-Teams seien eingeschüchtert worden, Plakate wurden zerstört, die Wahlkämpfer beleidigt.
Der Staatsschutz hat Ermittlungen aufgenommen, die Polizei bestätigte den Angriff und dass ein 41-Jähriger in einem Krankenhaus versorgt werden musste. Bei den Angreifern auf den SPD-Europaabgeordneten handelt es sich nach Polizeiangaben um junge Männer zwischen 17 und 20 Jahren. Alle vier seien Zeugenaussagen zufolge dunkel gekleidet gewesen, sagte ein Polizeisprecher am Samstag. Ein Zeuge habe die Angreifer dem rechten Spektrum zugeordnet. Die Ermittlungen würden zeigen, ob das stimme.
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Dieselbe Gruppe soll nur wenige Minuten vorher einen 28-jährigen Wahlhelfer der Grünen angegriffen haben. Die Personenbeschreibungen stimmten überein, hieß es von der Polizei. Der 28-Jährige sei bei dem Angriff verletzt worden. Am Samstagnachmittag gab das sächsische Innenministerium dazu bekannt, die Task Force Gewaltdelikte beim LKA habe die Ermittlungen übernommen.
Nach Angriff auf SPD-Politiker: Bundeskanzler Scholz mit klaren Worten
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat ein geschlossenes Vorgehen gegen Rechts gefordert. Der Angriff auf Ecke sei bedrückend, sagte Scholz am Samstag bei einem Demokratiekongress zur bevorstehenden Europawahl in Berlin. „Die Demokratie wird von so etwas bedroht, und deshalb ist achselzuckendes Hinnehmen niemals eine Option“, sagte Scholz. „Wir müssen gemeinsam dagegen stehen.“
Auch mit Attacken auf grüne Kandidatinnen und Kandidaten sowie Kommunalpolitiker und -politikerinnen dürfte man sich nicht abfinden. Dass so etwas geschehe, habe auch etwas mit Reden, die gehalten würden, und mit Stimmungen, die erzeugt würden, zu tun, sagte Scholz mit Blick etwa auf die rechtspopulistische AfD. Scholz wünschte Ecke beste Genesung - er sprach sich zudem für eine rückhaltlose Aufklärung aus.
SPD-Vorstand: „Mittel von Faschisten“
Hennig Homann und Kathrin Michel, Vorsitzende der SPD Sachsen, erklärten zu dem Angriff gemeinsam: „Der Überfall auf Matthias Ecke ist ein unübersehbares Alarmzeichen an alle Menschen in diesem Land. Unsere demokratischen Werte werden attackiert.“
Die Reihe von Angriffen „durch Schlägertrupps auf Plakatierteams demokratischer Parteien sind ein Angriff auf die Grundfesten unserer Demokratie. Das gewalttätige Vorgehen und die Einschüchterung von Demokratinnen und Demokraten ist das Mittel von Faschisten.“
Der Wahlkampf habe gerade erst begonnen, die SPD Sachsen beobachte und erfahre „schon jetzt ein Ausmaß an Übergriffen, das unter keinen Umständen auch nur ansatzweise akzeptabel ist“.
Partei | Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) |
Gründung | 23. Mai 1863 |
Ideologie | Sozialdemokratie, Sozialstaat, Europäische Integration |
Vorsitzende | Saskia Esken und Lars Klingbeil (Stand: April 2023) |
Fraktionsstärke | 206 Abgeordnete im Bundestag (Stand: April 2023) |
Bekannte Mitglieder | Olaf Scholz, Karl Lauterbach, Frank-Walter Steinmeier |
SPD-Sachsen: AfD-Anhänger „völlig enthemmt“
Weiter sagten die beiden Vorsitzenden: „Die Saat, die AfD und andere Rechtsextreme gesät haben, geht auf.“ Ihre Anhänger seien mittlerweile „völlig enthemmt“ und betrachteten Demokraten beim Ausüben ihrer Grundrechte als „Freiwild“.
Eine wehrhafte Demokratie dürfe so etwas nicht hinnehmen. „Wir lassen uns nicht mundtod machen“, kündigten Michel und Homann an. Es müsse nun auch dem letzten klar sein, „mit was wir es hier mit der AfD zu tun haben“. Jede Verharmlosung verbiete sich. „Diese Leute und ihre Unterstützer:innen tragen Verantwortung dafür, was hier in diesem Land passiert.“
Angriff auf SPD-Politiker: Entsetzen und Wut
Die Attacke auf Ecke hat bei Politikern in Deutschland Entsetzen ausgelöst. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sagte am Samstag bei X: „Ich bin wütend und entsetzt über diese Gewalttat, die auch ein Angriff auf die Demokratie ist.“ Die Grünen-Chefin Ricarda Lang sprach bei X ebenfalls von einem „Angriff auf die Demokratie“. Es gelte bei der Europawahl klarzumachen: „Wir werden nicht weichen.“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte: „Wir erleben eine neue Dimension von antidemokratischer Gewalt.“ Der Rechtsstaat werde mit hartem Vorgehen und weiteren Schutzmaßnahmen für die demokratischen Kräfte in Deutschland reagieren. Die SPD-Politikerin versprach schnelle Beratungen mit den Ländern.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Derya Türk-Nachbaur stellte fest: „Den Worten folgen Taten.“ Menschen, die sich für Demokratie einsetzten, würden „krankenhausreif geprügelt, klagte sie bei X.
„Physische Angriffe gegen Politiker aller Parteien verurteilen wir zutiefst. Wahlkämpfe müssen inhaltlich hart und konstruktiv, aber ohne Gewalt geführt werden“, schrieb der selbst aus Sachsen stammende Bundespartei- und Bundestagsfraktionschef der AfD Tino Chrupalla am Samstag auf der Internet-Plattform X. „Ich wünsche Herrn @MattEcke viel Kraft und rasche Genesung.“
Ministerpräsident Kretschmer: Angriff nicht zu rechtfertigen
Vonseiten der CDU hieß es am Samstagnachmittag, man wünsche Matthias Ecke eine schnelle und vollständige Genesung. „Diesen brutalen Angriff verurteilen wir aufs Schärfste“, sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Carsten Linnemann. „Wir stehen solidarisch an Ihrer Seite.“ Demokraten ließen sich von den „Feinden der Demokratie“ nicht einschüchtern.
Michael Kretschmer, Ministerpräsident von Sachsen, zeigte sich „zutiefst entsetzt“. Der Angriff sei durch nichts zu rechtfertigen. „Angriffe und Einschüchterungen von politischen Mitbewerbern kennen wir aus den dunkelsten Epochen unserer Geschichte.“
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sprach bei X von einem „brutalen Angriff, auf offener Straße“ der ein „Angriff auf die Demokratie“ sei. Demokraten rängen um Positionen, mit Worten, „aber niemals mit Gewalt“, sagte Wüst.
Angriffe auf Politiker nehmen zu
Attacken auf Politikerinnen und Politiker haben in Deutschland in diesem Jahr zugenommen. Neben den beiden Wahlkämpfern in Dresden wurden am Donnerstag der Grüne-Bundestagsabgeordnete Kai Gehring und sein Parteikollege Rolf Fliß in Essen, attackiert. Gehring sagte bei Facebook am Freitagabend: „Gestern Abend entwickelten sich aus einem für uns typischen, zufälligen und zunächst freundlichen Bürgergespräch unvermittelt üble Beleidigungen gegen uns beide und eine spontane körperliche Attacke gegen Rolf Fliß.“
Der Vorfall habe sich auf dem Nachhauseweg nach einer Grünen-Veranstaltung ereignet. Fliß, dritter Bürgermeister der Stadt Essen, gehe es gut. Die Polizei gab an, Fliß sei ins Gesicht geschlagen worden, er habe leichte Verletzungen davongetragen. Die Verdächtigen seien in ein Taxi geflüchtet, der Staatsschutz ermittle.
Zuletzt traf es die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt, die bei einem Wahlkampfauftritt in Brandenburg von einer Gruppe von rund 50 Personen bedrängt und an der Abfahrt gehindert wurde. Dabei sei laut Angaben ihres Büros „in aggressiver Stimmung auf das Fahrzeug“ eingeschlagen worden.
Zuvor war die Grünen-Chefin Lang bei einer Veranstaltung in Biberach, Baden-Württemberg, angriffen worden. Ihr Parteikollege, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, musste Bekanntschaft mit einer Gruppe wütender Menschen machen, die ihn daran gehindert hatten, eine Fähre zu verlassen.
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