Essen. Mit der neuen Grundsteuer werden Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern in NRW stärker belastet. Konkrete Modellrechungen zeigen das Ausmaß.

Das Bundesfinanzministerium schreibt auf seiner Homepage: „Zum 1. Januar 2025 wird die neue Grundsteuer als unbürokratische, faire und verfassungsfeste Regelung in Kraft treten.“ Dass viele Immobilieneigentümer in NRW insbesondere am Aspekt der Fairness Zweifel hegen, wurde jüngst wieder bei einer Expertenanhörung im Düsseldorfer Landtag deutlich.

Viele Stadtkämmerer stellen sich auf unverhältnismäßige Mehrbelastungen für Eigentümer von Wohngrundstücken ein. Einige unter ihnen haben deswegen Modellrechnungen angestellt. Aus ihnen geht hervor, wer von der Gesetzesreform profitiert und wer künftig draufzahlen muss.

Grundsteuer-Reform: Darum steigen in NRW die Hebesätze

Die Grundsteuer B für bebaute oder bebaubare Grundstücke berechnet sich anhand dreier Werte: dem neuen Grundsteuerwert (vormals: Einheitswert), der fixen Steuermesszahl und dem von jeder Kommune individuell festgelegten Hebesatz. In der Stadt Oberhausen zum Beispiel wurde der von bislang 670 Prozent auf 870 Prozent ab dem Jahr 2025 angehoben.

Den Kommunen solle durch die Gesetzesreform keine Mindereinnahmen entstehen, hieß es seinerzeit aus dem Bundesfinanzministerium. Die Hebesätze sind deswegen die Stellschraube, anhand derer die Städte die Einnahmen aus der Grundsteuer konstant halten.

Grundsteuer-Reform: Was Hausbesitzer in Oberhausen erwartet

In Oberhausen waren das zuletzt 46,5 Millionen Euro. Und auf genau diesen Betrag wolle man auch künftig kommen, erklärte der Kämmerer Apostolos Tsalastras (SPD) dieser Redaktion gegenüber. Nach seinen Zahlen müssen sich Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern deswegen auf ein durchschnittliches Plus von 40 Prozent einstellen.

Eigentümer von Mehrfamilienhäusern müssten ebenfalls draufzahlen, allerdings nur rund fünf Prozent. Wer Geschäfts- und Gewerbeimmobilien besitzt, könne dagegen künftig mit einer Steuerentlastung von 43 Prozent rechnen.

So viel zahlen Hausbesitzer in Herne künftig drauf

In Stück weiter östlich im Ruhrgebiet, in Herne, zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Hier steigt der Hebesatz von 830 auf 933 Prozent. Kämmerer Werner Klee zufolge musste für ein Einfamilienhaus in Herne bislang durchschnittlich 483 Euro an Grundsteuern pro Jahr gezahlt werden; künftig seien es 634 Euro. Das ergibt ein Plus von rund 31 Prozent.

Die Grundsteuer für Zweifamilienhäuser dürfte Klee zufolge um rund 22 Prozent steigen, für Eigentumswohnungen um 11 und in Mietwohnungen in Häusern ab drei Wohnungen um sieben Prozent. Eigentümer von reinen Geschäfts- und Gewerbeimmobilien kämen dafür künftig mit rund 47 Prozent weniger weg, bei gemischter Grundstücksnutzung ergäbe sich ein Minus von sechs Prozent.

Hausbesitzer in Dortmund werden stärker belastet

Der Hebesatz B ist in Dortmund 2025 genauso hoch wie 2024. Und das, obwohl die dortige Stadtverwaltung in einer Beschlussvorlage vom Februar dieses Jahres davon ausging, dass der Hebesatz für die Grundsteuer B von bisher 610 Prozent auf 760 bis 780 steigen müsse, um das bisherige Steueraufkommen konstant zu halten.

Die neue Materna-Hauptzentrale in Dortmund: Mit der neuen Grundsteuer werden Eigentümer von Geschäftsgrundstücken künftig entlastet; die Steuerlast für Haus- und Wohnungseigentümer steigt dagegen.
Die neue Materna-Hauptzentrale in Dortmund: Mit der neuen Grundsteuer werden Eigentümer von Geschäftsgrundstücken künftig entlastet; die Steuerlast für Haus- und Wohnungseigentümer steigt dagegen. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Aus Berechnungen ergäbe sich der Beschlussvorlage zufolge bei einer Anpassung des Hebesatzes auf 760 Prozent bei Einfamilienhäusern eine Mehrbelastung von 51,6 Prozen, bei Geschäftsgrundstücken würde sich die Grundsteuerbelastung dagegen um 21,3 Prozent verringern. Jedoch auch bei einem gleichbleibenden Hebesatz von 610 Prozent müssen Einfamilienhausbesitzer künftig immer noch 21,7 Prozent mehr zahlen, Eigentümer von Geschäftsgrundstücken dagegen 36,8 Prozent weniger.

Bei Wohngrundstücken steigt auch abseits des Ruhrgebiets die Belastung

Die Stichproben im Ruhrgebiet zeigen deutlich: Wollen die Kommunen nach der vollzogenen Grundsteuer-Reform nicht auf Steuereinnahmen verzichten, müssen vor allem Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern künftig tiefer in die Tasche greifen.

Ein weiteres Beispiel, diesmal in Ostwestfalen, zeigt: Auch in kleineren Gemeinden müssen private Hauseigentümer künftig wohl einen größeren Teil der Steuerlast tragen. In Hiddenhausen bei Herford ergeben sich laut einer Stellungnahme des dortigen Amts für Finanzen folgende Änderungen: Eigentümer von Einfamilienhäusern würden um 20,87 Prozent, Besitzer von Zweifamilienhäusern um 13,08 und Besitzer von Wohnungen um 14,26 Prozent stärker belastet.

Wer Geschäfts- und Gewerbeimmobilien oder gemischt genutzte Grundstücke besitzt, würde dagegen voraussichtlich um 54,87 beziehungsweise 22,04 Prozent entlastet. Der Hebesatz betrug in Hiddenhausen zuletzt 501 Prozent und steigt 2025 nur moderat auf 578 Prozent.

Auch interessant

Hebesätze aufteilen oder Steuermesszahl anpassen – die Lösungsansätze

Die mit der Grundsteuer-Reform unzufriedenen Kommunen sehen jetzt die Landesregierung in der Verantwortung. Die hatte sich 2021 unter Führung des damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) für die Übernahme des vom Bund konzipierten Steuermodells entschieden.

Während einige Kommunen und Gemeinden, darunter auch Hiddenhausen, von der Landesregierung nun eine Herabsetzung der Steuermesszahl fordern, sieht der Bund der Steuerzahler (BdSt) eine mögliche Lösung in aufgeteilten Hebesätzen: „Der Gesetzgeber sollte den Städten und Gemeinden in NRW schnell ermöglichen, gesplittete Hebesätze für privat und gewerblich genutzte Grundstücke einzuführen“, sagte der BdSt-Landeschef Rik Steinheuer bei der Expertenanhörung im Düsseldorfer Parlament.

Auch interessant