Brüssel. Der ungarische Premier ist zu Besuch in Mar-a-Lago. Orbán führt zwar Europas Trump-Fanclub an – doch der hat noch mehr Mitglieder.
Ein Wahlsieg Donald Trumps bei den US-Präsidentschaftswahlen im November gilt für führende Politiker Europas als Albtraum. Trump hat die Europäische Union in seiner ersten Amtszeit als „Feind“ bezeichnet, den Brexit anderen EU-Staaten zur Nachahmung empfohlen – die Nervosität in Brüssel und vielen anderen Hauptstädten ist entsprechend groß. Aber nicht überall.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán führt den gar nicht so kleinen Trump-Fanclub unter europäischen Politikern an und wird dafür mit einer Einladung belohnt: Am Freitag darf Orbán den Ex-Präsidenten der USA zu Hause in seinem Anwesen in Mar-a-Lago besuchen.
Lesen Sie auch: Trumps wirre Auftritte – Experte sieht Anzeichen von Demenz
Trump sei ein „Original“, schwärmte Orbán vor seinem Abflug nach Florida. Mit ihm als US-Präsident gäbe es die „einzige ernsthafte Chance“ auf ein Ende des Ukraine-Krieges und einen starken und schnellen Frieden. „Andernfalls wird der Krieg zwischen der und Russland noch lange dauern“, meint der Ungar. Er sei überzeugt, dass es jetzt gar keinen Krieg in der Ukraine gäbe, wenn Trump vor zwei Jahren im Amt gewesen wäre.
Orbán zu Trump: „Bringen Sie uns Frieden“
Das sieht Trump vermutlich genauso. Er schätzt Orbán schon länger als Gesinnungsfreund, lobt dessen Kurs hin zu einer „illiberalen Demokratie“ mitten in Europa – auch wenn der 77-Jährige mitunter nicht alle Details über den Ungarn im Kopf hat: „Es gibt da einen Mann, Viktor Orbán, habt ihr jemals von ihm gehört?“, fragte er vor Kurzem in einer Wahlkampfrede in New Hampshire.
„Er ist wahrscheinlich einer der stärksten Anführer der Welt. Er ist der Anführer der Türkei.“ Nicht nur das war falsch. Trumps folgender Hinweis, Orbáns Land grenze an Russland, trifft weder für Ungarn noch für die Türkei zu. Ob die Einladung nach Mar-a-Lago eine Wiedergutmachung ist?
- Gut informiert: Aktuelle Nachrichten rund um die US-Wahl 2024 im Newsblog
- Supreme Court: Reaktionen auf Trump-Urteil – „Todesstoß” für US-Demokratie
- Erfolg vor Gericht: Supreme Court gesteht Trump Immunität zu – teilweise
- Nach TV-Schlappe: Joe Biden gibt nicht auf – US-Präsident als „Comeback-Kid“?
- Hintergrund erklärt: Hinter Trumps Nähe zum MMA-Kampfsport steckt ein Kalkül
Die beiden kennen sich schon länger. Orbán war 2016 der erste europäische Regierungschef, der Trump im Präsidentschaftswahlkampf unterstützte. Klar, dass Trump ihn später im Weißen Haus empfing. Orbán drückte dem Ex-Präsidenten vor einem Jahr öffentlich die Daumen, als der im ersten der vier gegen ihn laufenden Strafverfahren angeklagt wurde. Trump solle „weiter kämpfen“.
Später folgte ein Appell: „Kommen Sie zurück, Herr Präsident. Machen Sie Amerika wieder großartig und bringen Sie uns Frieden.“ Die beiden trafen sich auch schon einmal in Trumps Golfclub in Bedminster. Trump versprach Orbán seinerzeit Hilfe für dessen Wiederwahlkampagne vor zwei Jahren.
Orbán führt den Trump-Fanclub an
Damit ist Orbán sicher eine Art Oberhaupt des europäischen Trump-Fanclubs, doch es gibt weitere prominente Mitglieder. In Polen zählt der Chef der rechtsnationalen PiS-Partei, Jarosław Kaczyński, zu den Verehrern, in Frankreich die Rechtsradikalen-Frontfrau Marine Le Pen. Der slowenische Oppositionsführer Janez Jansa war 2020 kurzzeitig weltberühmt geworden, als er – damals noch Premierminister – Trump noch während der Stimmenauszählung per Twitter zu seinem vermeintlichen „Sieg“ gratulierte.
Ihre große Sympathie für Trump hat auch Giorgia Meloni öffentlich gemacht: Bevor sie italienische Regierungschefin wurde, hatte sie voller Bewunderung verkündet, sie wolle Trumps Politik-Ansatz nach Italien importieren – damit „wir unsere Produkte, unsere Unternehmen, unsere Grenzen und unsere Familien verteidigen.“
Die Chefin der Rechtsaußen-Partei Brüder Italiens zeigt sich als Regierungschefin in Rom allerdings sehr geschmeidig, auch mit US-Präsident Joe Biden hat Meloni ein vernünftiges Arbeitsverhältnis begründet. Da kann Orbán nicht mithalten. Die Stimmung zwischen den beiden Staatslenkern in Washington und Budapest wird als eisig beschrieben. Zuletzt hat Biden dem Ungarn die unnötige Verzögerung bei der Ratifizierung der schwedischen Nato-Mitgliedschaft sehr übel genommen. Orbán wird seine US-Reise ohne ein Treffen mit Biden beenden.