Berlin. Jetzt ist es offiziell: Der Verfassungsschutz darf die Jugendorganisation der AfD beobachten. Doch der SPD-Chefin reicht das nicht.
Die Entscheidung des Gerichts ist eindeutig: Die Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative (JA), verstoße mit ihrer Politik gegen die Menschenwürde. „So werden Asylbewerber sowie Migranten pauschal verdächtigt und herabgewürdigt. Einwanderer werden allgemein als Schmarotzer und kriminell bezeichnet oder in anderer Weise verächtlich gemacht“, teilt das Verwaltungsgericht Köln mit. Der Erhalt des deutschen Volkes in seinem ethnischen Bestand und nach Möglichkeit der Ausschluss „ethnisch Fremder“ ist eine zentrale politische Vorstellung der JA.
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Damit ist für die Richter klar: „In der Sache handelt es sich bei der JA um eine gesichert extremistische Bestrebung.“ Das bedeutet auch: Der Verfassungsschutz darf die Junge Alternative beobachten, mit Mitteln des Nachrichtendienstes überwachen, Quellen in die Organisation einschleusen. Die Beobachtung der AfD-Jugendorganisation durch den Geheimdienst stelle keine Maßnahme dar, die gegen den Bestand der AfD gerichtet sei, sondern diene der Aufklärung, ob die Partei oder deren Jugendorganisation verfassungsfeindliche Ziele verfolgten, so das Gericht in Köln.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte 2019 die JA als Verdachtsfall im Bereich des Rechtsextremismus eingestuft. Die Organisation klagte dagegen vergeblich. Im vergangenen April stufte der Nachrichtendienst die JA dann als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ ein. Auch dagegen klagten die AfD und die JA. Wieder bekam nun der Verfassungsschutz Recht. Nun bleibt der Partei noch die Klage vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster.
Die Sicherheitsbehörden zeigten sich über den Beschluss des Kölner Gerichts erleichtert. „Die Bewertungen des Verfassungsschutzes sind nicht willkürlich oder politisch motiviert, sondern auf dem Boden des gültigen Verfassungsschutzgesetzes getroffen“, sagte der Thüringer Verfassungsschutzchef Stephan Kramer.
Esken: In der Jungen Alternative herrschen „rassistische Überlegenheitsphantasien“ vor
Die Vorsitzende der SPD, Saskia Esken, hob gegenüber unserer Redaktion hervor, es bestehe „kein Zweifel“ mehr daran, dass „Rechtsextremismus, rassistische Überlegenheitsphantasien und völkische Gesinnung in der Jungen Alternative vorherrschen“. Zugleich forderte die SPD-Chefin, jetzt entschieden vorzugehen gegen extrem rechte Gruppierungen – und verlangte auch Entscheidungen von der Politik. „Wir müssen jetzt das Demokratiefördergesetz beschließen, um Initiativen der Zivilgesellschaft langfristige Planungssicherheit zu geben.“ Das Gesetz wurde vom Kabinett bereits beschlossen, muss den Bundestag aber noch passieren.
„Die Finanzströme rechtsextremer Netzwerke müssen ausgetrocknet werden, die Unabhängigkeit der Justiz und der Medien muss gegen rechtsextreme Einflussnahme geschützt werden und das Disziplinarrecht muss konsequent angewendet werden, um Rechtsextremisten aus dem öffentlichen Dienst zu verbannen“, sagte Esken weiter. Auch müsse das Waffenrecht verschärft werden, um Reichsbürger zu entwaffnen. Die Reform des Waffenrechts scheitert aktuell am Streit zwischen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP).
Grünen-Chef Omid Nouripour sagte unserer Redaktion: „Jetzt gilt es zu prüfen, welche Schritte unternommen werden können, um gegen diese vorzugehen, und ob die Voraussetzungen für ein Verbot vorliegen.”