Berlin. Die Hürden für das Verbot einer Partei sind hoch. Doch es gibt weitere Möglichkeiten, die AfD ins Mark zu treffen – etwa beim Geld.
Die AfD träumt von der Machtübernahme – nicht nur in ostdeutschen Kommunen und Parlamenten, sondern auch im Bund. Welche Folgen Rechtsextreme in der Regierung für Menschen mit Migrationsgeschichte oder Andersdenkende hätten, zeigen die Correctiv-Recherchen zu den Deportationsplänen der Verschwörer von Potsdam.
Nachdem am Wochenende fast eine Millionen Menschen dagegen auf die Straße gegangen waren, legte AfD-Chefin Alice Weidel am Montag mit der Idee eines „Dexits“ nach. Weidel sagte in einem Interview mit der „Financial Times“, eine von ihrer Partei geführte Regierung würde versuchen, die Europäische Union zu reformieren. Falls dies nicht gelinge, sollte es ein Referendum über den Verbleib in der EU geben, so wie 2016 in Großbritannien.
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Und 2029, sagt Weidel im selben Gespräch, könnte die AfD ihrer Meinung nach regieren. Die Folgen wären immens. Doch wie lässt sich eine Machtübernahme der AfD auf Dauer verhindern? Weil die Hürden für ein komplettes Verbot der Partei hoch sind, werden nun andere Wege diskutiert. Welche Hindernisse es gibt – und was Erfolg verspricht.
Möglichkeit eins: Der AfD staatliche Gelder streichen
Die AfD erhält, wie andere Parteien auch, Geld über die staatliche Parteienfinanzierung. 2022 waren es 10,5 Millionen Euro. Dieser Geldfluss rückt jetzt in den Fokus der Gegner der Partei. Denn die Möglichkeit, Parteien die staatliche Finanzierung zu entziehen, ist im Grundgesetz ausdrücklich vorgesehen für Parteien, die auf die Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hinarbeiten. Die entsprechende Klausel schuf die Große Koalition per Zwei-Drittel-Mehrheit 2017, nachdem das zweite Verbotsverfahren gegen die NPD gescheitert war.
In diesem Verfahren hatte es das Bundesverfassungsgericht zwar abgelehnt, die NPD (heute: Die Heimat) zu verbieten, weil die Partei zu irrelevant war, um ein Verbot zu rechtfertigen. Gleichzeitig aber stellte das Gericht fest, dass sie durchaus verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Auf dieser Basis soll der immer noch existierenden Partei der Geldhahn zugedreht werden. An diesem Dienstag verkünden die Richter ihre Entscheidung dazu. CSU-Chef Markus Söder hatte am Wochenende mit Blick auf das Verfahren gegen die NPD von einer „Blaupause für die AfD“ gesprochen. Vertreter der Ampel-Regierung wollen den Ausgang des Verfahrens aufmerksam beobachten.
Doch auch der Ausschluss von der Parteienfinanzierung setzt voraus, dass die Verfassungsfeindlichkeit einer Partei zuvor vom Bundesverfassungsgericht festgestellt wurde. Die Voraussetzungen dafür sind „nicht weniger anspruchsvoll als die Voraussetzungen für ein Verbot“, sagt Gertrude Lübbe-Wolff, ehemalige Richterin des Bundesverfassungsgerichts, dieser Redaktion. Dieser Weg wäre also weder schnell noch einfach.
Möglichkeit zwei: Die AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ verbieten
Grünen-Chef Omid Nouripour will die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) verbieten: Solche Vorfeldorganisationen der AfD spielten eine entscheidende Rolle bei der Vernetzung und dem Erstarken von Hass und Hetze. „Vereine wie die Junge Alternative arbeiten offen gegen unsere Demokratie und müssen verboten werden“, sagte er. „Das wäre ein wirksamer Schlag des Rechtsstaats gegen extremistische Strukturen.“ Auch die Linke hatte bereits für ein Verbot der JA plädiert.
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Offiziell ist die Junge Alternative als Verein organisiert, was ein Verbot vereinfachen könnte, sagt Christoph Gusy, Verfassungsrechtler von der Universität Bielefeld. „Ein Vereinsverbot könnte die Bundesinnenministerin aussprechen oder in den Ländern die Landesinnenminister“, sagt er. Die Voraussetzung dafür sei, dass der Verein sich gegen die Strafgesetze oder die Völkerverständigung richtet. Die Frage, ob Partei-Jugendorganisationen trotz Vereinsform nicht doch unter das Parteienrecht fallen, sei aber offen, sagt Gusy. „Man kann nicht einfach die Hürden des Parteienverbots umgehen, indem man eine Nebenorganisation nach der anderen verbietet.“
Möglichkeit drei: Einzelne AfD-Landesverbände verbieten
Es ist schwierig, einer Partei als Ganzes eine verfassungsfeindliche Gesinnung und den aktiven, kämpferischen Einsatz dafür nachzuweisen. Einfacher könnte es sein, sich zunächst auf einzelne Landesverbände zu beschränken, etwa die AfD Thüringen, die geprägt ist durch den Landesvorsitzenden Björn Höcke.
Lübbe-Wolff geht davon aus, dass ein Antrag auf ein Teilverbot möglich wäre und auch etwas bessere Aussichten auf Erfolg hätte als ein Verfahren gegen die gesamte Partei. „Hier sind die Indizien schon deutlicher“, sagt die Juristin im Hinblick auf die AfD-Landesverbände in Sachsen und Thüringen. Das spiegele sich auch in deren Einstufung als gesichert rechtsextrem durch den Verfassungsschutz. „Aber die Frage, ob die Verbotsvoraussetzungen erfüllt sind, kann man nur aufgrund einer umfassenderen Materialsammlung beurteilen.“ Entscheiden müsste auch über einen Verbotsantrag für Teile der Partei das Verfassungsgericht.
Juristisch sei das Verbot einzelner Parteigliederungen möglich, sagt auch Volker Boehme-Neßler, Verfassungsjurist von der Universität Oldenburg. Die hohe Zustimmung, die die AfD inzwischen bekommt, könne aber ein Problem werden: „Eine Partei mit 30, 35 Prozent in manchen Ländern ist politisch zu groß, um sie zu verbieten“, sagt er. „Man kann nicht einfach einem Drittel der Wählerinnen und Wähler sagen, dass die Partei, die sie wählen wollen, jetzt verboten ist.“
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